Shitstorm um koscheres Fleisch

Darf man Halal-Fleisch verkaufen? Spar nimmt Produkt nach Kritik aus dem Sortiment

Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) zeigt sich schockiert, dass die Supermarktkette Spar nach Protesten den Verkauf von Halal-Fleisch eingestellt hat. Die "Hasskampagne" in sozialen Medien gegen die nach islamischen Vorschriften erzeugten Produkte "erinnert an die traditionelle antisemitische Argumentation gegen Koscher-Fleisch", hieß es in einer Aussendung.

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Fakten - Shitstorm um koscheres Fleisch

Seit November hatte Spar Halal-zertifiziertes Fleisch in seinem Sortiment. Ein Umstand, der zu umfangreichen Beschwerden geführt hat. Die Handelskette bietet das Fleisch nun nicht mehr an - und erntet dafür noch mehr Kritik.

"Das antisemitische Schächtverbot, das von den Nationalsozialisten wiederbelebt wurde, ist nach wie vor in einigen Ländern Europas aufrecht", so die IKG, die den Namen des Unternehmens selbst nicht nannte. "Soll es also soweit kommen, dass man auch in Österreich (wieder) religiöse Bräuche nicht achtet und diese mit fadenscheinigen Argumenten zu verbannen sucht?"

Lob gab es von Oskar Deutsch, Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, für "jene Supermarktketten, die sich der Hetze nicht beugen". Diese verdienten dafür Anerkennung und sollten als Vorbild in der Gesellschaft dienen. Der REWE-Konzern hatte am Donnerstag erklärt, an Halal-Produkten in ihren Merkur-Supermärkten festzuhalten.

Was "Halal" bedeutet

"Halal" ist Arabisch und bedeutet "erlaubt". Das Wort wird für Gegenstände und Handlungen verwendet, die nach islamischem Recht zulässig sind. In Bezug auf Fleisch bedeutet dies, dass nur Tiere gegessen werden dürfen, die regelgerecht geschlachtet worden sind. Eine Halal-Schlachtung läuft anders ab, als es nach mitteleuropäischen Standards üblich ist, da der Verzehr von Blut im Islam nicht erlaubt ist. In den Schlachthöfen wird deshalb ohne Betäubung und mit einem speziellen Messer ein einziger, großer Schnitt durch die Halsunterseite durchgeführt. Dabei werden die großen Blutgefäße, Luft- und Speiseröhre durchtrennt. Das Tier stirbt und soll durch die sogenannte "Schächtung" möglichst rückstandslos ausbluten.

Angebot für besondere Ernährungsbedürfnisse

Spar startete im November einen Verkaufstest für Halal-Fleisch. Dieses wurde speziell verpackt und gekennzeichnet in 20 Wiener Filialen angeboten, vor allem in Gegenden mit viel muslimischer Kundschaft. Man versuche mit seinem Sortiment Menschen mit besonderen Ernährungsbedürfnissen zu erreichen, erklärte das Unternehmen. Für Veganer oder Allergiker gibt es ein spezielles Angebot, warum also nicht für Muslime?

Kritik von mehreren Seiten

Der Versuch führte zu einer Beschwerdeflut von mehreren Seiten. Einerseits gab es umfangreiche fremdenfeindliche Vorwürfe, andererseits schalteten sich auch Tierschützer ein. Eine Sprecherin von Spar erklärte daraufhin, dass niemals Fleisch aus Schächtungen bei Spar verkauft wurde. "Die verwendete Halal-Zertifizierung hat immer die Betäubung der Tiere vor der Schlachtung beinhaltet. Einziger Unterschied zu allen anderen Schlachtungen nach österreichischen Richtlinien war ein Gebet, das während der Schlachtung gesprochen wurde." Ein Aspekt, der wiederum zu Ärger bei mancher muslimischer Kundschaft sorgte, weil das Fleisch dadurch nicht genug "halal" gewesen wäre.

Spar zeigt sich schockiert

Die vehemente Kritik führte nun dazu, dass Spar das Halal-Fleisch wieder aus dem Sortiment nahm. "Wir haben den Umsatz gegen den Imageschaden abgewogen und gesagt, dass wir es lassen", stellte die Sprecherin fest. "Wir sind nicht erfreut. Aber scheinbar ist die Zeit noch nicht reif für so etwas in Österreich." Der Konzern zeigte sich außerdem schockiert über den Tonfall der Diskussion, die auch stark in den sozialen Netzwerken ausgetragen wurde. Ganz neu ist die öffentliche Reaktion für Spar aber eigentlich nicht. Schon vor einigen Jahren hatte es einen Halal-Versuch gegeben, der aus den gleichen Beweggründen abgebrochen worden war.

Massive Kritik an Spar nach Produkt-Rückzug

Mit dem Ende des Verkaufstests ist das Thema für Spar aber noch nicht durch. Denn nun prasselt auf das Unternehmen eine neue Kritikwelle herein. Gegner des Rückzugs melden sich jetzt ebenfalls in sozialen Medien zu Wort. So etwa der Autor David Schalko, der auf Facebook mitteilte, dass er ab sofort Spar boykottieren werde.

http://mobil.derstandard.at/2000026874618/Nach-Hasskampagne-Spar-stellt-Verkauf-von-Halal-Fleisch-einJetzt wirds...

Posted by David Schalko on Donnerstag, 3. Dezember 2015

Merkur hält an Halal-Produkten fest

In ausgewählten Merkur-Märkten gibt es übrigens weiterhin Fleischprodukte, die den islamischen Ernährungsregeln entsprechen. REWE hat diese bereits seit 2013 im Sortiment. Seit damals erntet das Unternehmen immer wieder Kritik für das Halal-Fleisch. Auf rassistische Kommentare will man allerdings nicht mit einem Rückzug reagieren.