Lob, Kritik und Einblicke

Wen Österreich gewählt hat und wie der ESC ankam - alle Infos nach dem großen Finale

Der ESC 2015 in Wien ist Geschichte. Während die Schweden jubeln und die Österreicher ihre null Punkte mit Humor nehmen, werden laufend spannende Fakten und Details rund um den Song Contest bekannt. Wir haben das Wichtigste für Sie zusammengefasst!

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Fakten - Lob, Kritik und Einblicke

Erstes Gastgeberland ohne Punkte

Österreich ist Rekordhalter beim Eurovision Song Contest - in der 0-Punkte-Bilanz: Mit der punktelosen Niederlage der Makemakes zieht Österreich an der Konkurrenz vorbei und kann mit bis dato vier Mal 0 Punkten in der 60-jährigen Geschichte des Wettbewerbs Platz 1 der Nullnummern für sich verbuchen. Auch hat noch nie ein Gastgeberland keinen einzigen Punkt im Bewerb erhalten.

Überhaupt scheint Österreich eine intensive Beziehung zur so gefürchteten Nullerwertung zu haben, gehörte doch bereits Eleonore Schwarz 1962 mit "Nur in der Wiener Luft" zum Kreis jener vier Länder, die erstmals 0 Punkte kassierten. 1988 folgte Wilfried mit "Mona Lisa" und 1991 Thomas Forstner mit "Venedig im Regen". In gewissem Sinne stehen die Makemakes mit dem Song "I Am Yours" also in österreichischer Tradition.

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Österreicher wollten Italien 12 Punkte geben

Wäre es nach dem österreichischen Publikum gegangen, hätte das italienische Trio Il Volo das Rennen machen müssen. Das geht aus den auf der offiziellen Eurovision-Homepage veröffentlichten Detailergebnissen des Votings hervor. Demnach landete hierzulande bei den Menschen vor den Bildschirmen Italien vor Bojana Stamenov aus Serbien und Australiens Guy Sebastian.

Die Expertenjury, bestehend aus dem dreifachen ESC-Sänger Gary Lux, seinem einfach angetretenen Kollegen Manuel Ortega, Musiker Christian Deix, seiner Kollegin Vanessa Leggenstein und der Journalistin Franziska Trost, hatte dagegen Australiens Sebastian auf den ersten Platz gereiht, gefolgt vom nunmehrigen ESC-Sieger Mans Zelmerlöw aus Schweden und der Russin Polina Gagarina. In der Kombination ergab dies schließlich 12 Punkte für Australien, 10 Punkte für Italien und 8 Punkte für Russland aus Österreich.

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Sechs Millionen Tweets während des Finales

Das Finale des Eurovision Song Contests hat auch in den sozialen Medien für ziemliches Echo gesorgt: Sechs Millionen Tweets wurden während des Events abgesetzt, wie per offiziellem Eurovision-Twitteraccount bekannt gegeben wurde. Das sei um eine Million mehr Nachrichten als noch das Finale 2014 geschafft hatte. Am häufigsten erwähnt: Schweden, Spanien und Russland.

"We have thrashed our record this year", freuten sich die Verantwortlichen. Auch wenn Schweden am häufigsten per Hashtag erwähnt wurde, Auftritte anderer Nationen regten scheinbar noch mehr zum Kommentieren und Diskutieren an. Während des Auftritts von Georgien, dem Song der Spanierin Edurne und dem australischen "Tonight Again" gab es die meisten Tweets pro Minute.

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Tex Rubinowitz zeichnet zwei neue "Nul-Pointers"

Tex Rubinowitz ist bereits eifrig am Zeichnen. Nachdem der gestrige 60. Eurovision Song Contest zwei neue Teilnehmer ohne einen einzigen Wertungspunkt gebracht hat, wird er seine im Wiener Leopold Museum laufende Schau "The Nul-Pointers" mit Porträts der deutschen Teilnehmerin Ann Sophie und der österreichischen Makemakes ergänzen. Die neuen Sujets sollen am Dienstag aufgehängt werden, hieß es aus dem Museum.

In der bis 8. Juni laufenden Ausstellung hatte der Zeichner, Cartoonist und Bachmann-Preisträger Tex Rubinowitz jene zuvor 34 Unglücklichen porträtiert, die beim Song Contest nicht einen einzigen Punkt ergatterten. Ab Dienstag sind nun 36 Bilder zu sehen. "Das ist keine Verarschung, das ist eine Hommage. Es ist nicht deren Schuld - da spielen viele Komponenten herein. Das ist Schicksal, das kann man göttlich nennen", hatte Rubinowitz vor der Eröffnung im APA-Gespräch sinniert. Niederlagen solle man nicht persönlich nehmen: "Das Scheitern ist in unserem Leben immanent."

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Aufregung um Räumung des Euro Village

Die nur kurz nach Ende der Finalübertragung am Rathausplatz durchgeführte Räumung des Eurovision Village begründete der Veranstalter mit "logistischer Notwendigkeit". Dass nur wenig Zeit zum Feiern blieb, sei "in keiner Weise als unfreundlicher Akt" gedacht gewesen, erklärte Martin Brezovich von der Agentur eventplan. Stattdessen habe man einen "unvermeidbaren Kompromiss" eingehen müssen, denn mit den Abbauarbeiten musste noch in dieser Nacht, konkret ab 2.00 Uhr früh, begonnen werden.

Aus Sicherheitsgründen musste der Platz dafür geräumt werden. "Da das Bühnenmaterial rasch wieder gebraucht wurde, war es eine logistische Herausforderung mit straffem Zeitplan", so Brezovich, dessen Agentur gemeinsam mit zwei anderen das Eurovision Village verantwortete. Sicher nicht der "Idealzustand" für die Fans, gab er zu - allerdings habe es keine andere Möglichkeit gegeben. Zudem habe man auch auf Anrainer Rücksicht nehmen wollen.

Das Village selbst wertete der Eventplaner als "Erfolg", sowohl in Sachen Stimmung als auch aus kaufmännischen Gesichtspunkten. Zwar habe er noch keine genauen Zahlen der Gastronomen, die vor Ort Stände betrieben haben, zumindest die VIP-Bereiche seien aber ausverkauft gewesen. "Wir haben sicher nicht draufgezahlt", erklärte Brezovich. Auch wenn das Wetter nicht immer optimal für eine Open-Air-Veranstaltung gewesen und vor allem der Freitag ohne Public Viewing schwach ausgefallen sei: "Mit dem Finalabend hat das Village ein sehr versöhnliches Ende genommen." Brezovich schätzte, dass sich rund 25.000 bis 30.000 Menschen auf dem Rathausplatz eingefunden hatten.

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In Schweden ist der Name Programm

Musikfans in Schweden feiern Mans Zelmerlöw für seinen Sieg mit dem Titel "Heroes" beim Eurovision Song Contest tatsächlich wie einen Helden. In Stockholm strömten in der Nacht zum Sonntag hunderte Fans auf die Straße, tanzen und sangen den Siegersong. Andere fuhren in Autokorsos durch die Stadt und schwenkten die schwedische Flagge.

Die EU-Kommissarin für Handel, Schwedens Ex-Europaministerin Cecilia Malmström postete: "Herzlichen Glückwunsch, Mans! Was für ein Held." Ex-Außenminister Carl Bildt meinte: "Nun müssen wir anerkennen, dass Schweden eine Supermacht in Sachen Musik ist." Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven versprach dem 28-jährigen Grand-Prix-Gewinner auf Facebook, er werde ihn am Montag anrufen und gratulieren. Dann wird für Zelmerlöw in seiner Heimatstadt Lund der rote Teppich ausgerollt. Um 18 Uhr will die Stadt dem Musiker einen großen Empfang auf dem Marktplatz bereiten.

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Schwulenfeindlicher Sager des Gewinners - und eine Entschuldigung

Mans Zelmerlöw war als einer der Favoriten in den Wettbewerb gestartet. Wegen einer Bemerkung über Homosexuelle war der Schwede kurzzeitig in die Kritik geraten. In einer TV-Kochshow, in der Zelmerlöw zu Gast war, hatte er zu viel Alkohol getrunken und gesagt, Homosexualität sei eine Abweichung. Später hatte sich der Musiker für seine Bemerkung entschuldigt.

Zelmerlöw zeigte sich überwältigt von der Menge an Glückwünschen. "Ich habe bis zu 500 SMS bekommen", sagte er nach vier Stunden Schlaf am Sonntagmorgen dem schwedischen Sender TV4. "Ich bin unglaublich stolz auf unsere ganze Gang hier." Der Schwede, der am 13. Juni seinen 29. Geburtstag feiern wird, flog um 13.50 Uhr mit FlyNiki von Wien-Schwechat nach Schweden ab.

"Es ist unglaublich. Mein Leben lang habe ich vom ESC geträumt", hatte der überglückliche Schwede nach seinem Sieg Samstagnacht gesagt. Zweimal hatte er zuvor an Vorentscheiden zum ESC teilgenommen, beim dritten Anlauf durfte er sein Land beim Song Contest vertreten. Sein Song "Heroes" beschreibt seine eigene Kindheit: Demnach wurde er zum gemobbten Außenseiter und mit Hilfe eines neuen Jungen in der Klasse wieder in die Gemeinschaft aufgenommen.

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ESC-Rekord für ORF

Das Finale des 60. Eurovision Song Contests hat dem ORF eine neue Rekordquote eingebracht: Bis zu 1,9 Mio. Zuschauer verfolgten in Österreich das Spektakel. Das sind die besten ESC-Werte für den Sender überhaupt. Insgesamt erreichte man in der vergangenen Woche 5,869 Mio. Menschen (weitester Seherkreis).

In Summe erreichte der Song-Contest-Höhepunkt im ORF - inklusive der Vorberichterstattung - 3,129 Millionen Zuschauer (weitester Seherkreis), was 43 Prozent der heimischen TV-Bevölkerung ab 12 Jahren entspricht. Was die TVthek-Nutzung anbelangt, liegen vorerst nur die Zahlen für die beiden Halbfinale vor: Diese wurden bis inklusive 22. Mai 487.000 Mal abgerufen. Und die erstmals verfügbare Übersetzung des Bewerbs in die internationale Gebärdensprache (als "Eurovision Sign" bezeichnet) erreichte via ORF 2 Europe im Schnitt 57.000 Österreicher.

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