Alexander Choroschilow:
Wer ist nur dieser Russe?

Statt Hirscher gehörten dem neuen WM-Mitfavoriten die Schlagzeilen in Schladming

Wochenlang sprach im Slalom alles nur vom Duell Marcel Hirscher gegen Felix Neureuther. Bei der Ski-WM in Beaver Creek möchte Alexander Choroschilow allerdings ein erhebliches Wörtchen mitreden. Der 30-jährige Russe zeigte in seinem 122. Weltcuprennen eine brillante Vorstellung, nach dem Sieg im Nachtslalom von Schladming ließ er sich nicht von den Gefühlen überwältigen, wurde aber mit Lob überschüttet.

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Ski Alpin - Alexander Choroschilow:
Wer ist nur dieser Russe?

Jeden der acht Saison-Slaloms hat Alexander Choroschilow (Khoroshilov in englischer Schreibweise) in den Top-Ten beendet, in der Disziplinwertung liegt er zwei Rennen vor Schluss an fünfter Stelle, für die WM hat er sich in die Mitfavoritenrolle gehievt. "Ich habe gewonnen und nun mehr Erwartungen. Aber gewöhnlich ist es so, je mehr Erwartungen du hast, desto nervöser bist du", erzählte der frühere Allrounder, der vor vier Jahren von seinem Trainer Jan Hladnik zum Slalomspezialisten umfunktioniert worden war.

Mehr Kondition und mehr Konstanz

Wenn er sage, er sei glücklich, dann sei es weit mehr als das, aber er könne sich auf Englisch nicht so gut ausdrücken. Seine Emotionen seien alle in ihm. An sich selbst hat er immer geglaubt. "Ich hatte gute Läufe im Training, aber oft nicht im Rennen. Wir haben daran gearbeitet, wie man ohne Fehler Ski fährt. Nun habe ich eine konstantere Position und bessere Balance. Und ich habe einen sehr guten Kondi-Coach. Früher habe ich hier die letzten 15 Tore nicht mehr fahren können, weil meine Beine müde waren."

Zum Alpinskifahrer ist Choroschilow geworden, weil seine Familie - Vater und Großvater waren Leichtathleten - in die Berge von Kamtschatka gezogen war, in die Nähe des alpinen Leistungszentrums von Russland. Ein Kind sei er gewesen, als Swetlana Gladischewa Super-G-Zweite bei Olympia (Lillehammer 1994) wurde und Warwara Zelenskaja vier Weltcup-Rennen gewann. "Das zu sehen gab mir Energie, machte mich süchtig nach Skifahren", erzählte der Teilnehmer an drei Olympischen Spielen (Toprang: 14. im Sotschi-Slalom 2014) und fünf Weltmeisterschaften (10. Val d'Isere 2009).

Vor der WM Kraft bei der Familie tanken

Gleich am Mittwoch reiste Choroschilow nach Hause zu seiner Frau und der acht Monate alten Tochter, die in der Nähe von Moskau leben. Er sieht sie nicht oft, denn sein Winterquartier liegt in Ramsau am Dachstein und seine Trainingspiste ist die Reiteralm, wo er manchmal auch Hirscher begegnet. "Zeit mit der Familie verbringen, den Kopf freikriegen und Konditionstraining machen", lautet das Programm des begeisterten Schachspielers vor der Abreise zur WM nach Beaver Creek. Dort will er es besser machen als bei Heim-Olympia in Sotschi, als er mit den Gedanken viel bei der schwangeren Frau war.

Hirscher, vor 42.500 Zuschauern im Nightrace nur 14. und zwei Saisonrennen vor Schluss im Disziplinweltcup mit 66 Punkten Rückstand auf Neureuther, kämpfte gegen einen grippalen Infekt und haderte mit seiner Performance. Er müsse jetzt erst wieder ins Fahren kommen, ehe er sich darüber Gedanken machen werde, ob er bei der WM auch in der Super-Kombination antritt.

Marcel Hirscher bleibt der große Favorit

Neureuther wunderte Hirschers Erkrankung nicht, er verwies auf den dichten Terminplan. "Wir kommen alle am Zahnfleisch daher", meinte der Schladming-Dritte hinter dem Italiener Stefano Gross. WM-Topfavorit bleibt für ihn Hirscher. "Es gibt einige Favoriten, aber Marcel ist für mich derjenige, den es zu schlagen gilt. Wenn man an einem Tag schneller gefahren ist als Marcel, weiß man, dass man an dem Tag sehr viel richtig gemacht hat. Er ist definitiv der ganz große Favorit", sagte der Deutsche. Er selbst zähle zu den Glücklichen, die ein Wörtchen mitreden wollen.

Für den Premierensieger hatte er anerkennende Worte über: "Er hat hier einen runtergesetzt. Es war beeindruckend zu sehen, mit welchem Selbstverständnis er in den zweiten Durchgang gegangen ist. Er hat das erste Mal nach dem ersten Durchgang geführt, ist mit so einer Coolness runtergefahren und hat so gnadenlos runterdrückt. Ganz großen Respekt."

Hans Pum freut sich für Russen

Auch ÖSV-Sportdirektor Hans Pum, dem das rot-weiß-rote Ergebnis alles andere als glücklich gemacht hatte, freute sich mit dem Russen mit: "Das freut mich irrsinnig für ihn, weil er in letzter Zeit sehr gut gefahren ist. So beständig, so sicher und ganz locker. Nebenbei ist es auch touristisch gesehen für Österreich gut, eine Bombenwerbung."

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