Shimon Peres gestorben

Trauer um Israels Ex-Präsidenten und Vater des israelischen Atomprogramms

Zwei Wochen lang hat das israelische Volk um seinen früheren Präsidenten Shimon Peres gebangt. Nun ist der 93-jährige Friedensnobelpreisträger im Krankenhaus an den Folgen eines schweren Schlaganfalls gestorben, sein Tod ist ein harter Schlag für Israel. Dabei hatte der im Ausland schon seit Jahrzehnten hoch geachtete Peres erst in der jüngeren Vergangenheit die Herzen seiner Landsleute erobert.

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Israel - Shimon Peres gestorben

Sein Geburtsdatum ist - wie seine Lebensbilanz - nicht ganz eindeutig. Zwischen dem 2. und dem 16. August 1923 wurde Szymon Perski im ostpolnischen Wischnewa geboren, das heute zu Weißrussland gehört. Als Elfjähriger kam er ins damalige britische Mandatsgebiet Palästina. Er nannte sich fortan Shimon Peres und glich seinen Geburtstag dem jüdischen Kalender und dem Datum seiner Alija, der Rückkehr ins Gelobte Land, an.

Komplizierter als die Konfusion um Peres' Geburtsdatum ist die Frage, warum der Friedensnobelpreisträger des Jahres 1994 international schon lange geschätzt wurde, bevor er in Israel nach seiner Wahl zum Staatsoberhaupt im Jahr 2007 die Zuneigung erfuhr, die dem Berufspolitiker jahrzehntelang versagt wurde.

Mit 29 Jahren wurde Peres von seinem politischen Ziehvater, Staatsgründer David Ben Gurion, zum Generaldirektor im Verteidigungsministerium ernannt. Mit französischer Unterstützung fädelte er das bis heute geheime Atomprogramm ein. 1959 wurde er erstmals ins Parlament gewählt und galt jahrelang als Vertreter einer harten Linie gegenüber den Palästinensern.

Zweimal war der Sohn eines Holzhändlers Regierungschef, je dreimal Verteidigungs- und Außenminister. Peres saß 48 Jahre lang für drei verschiedene Parteien in der Knesset und gehörte 16 Regierungen an. So prägte er entscheidend Israels Geschicke mit.

Dabei galt Peres, obwohl er 19 Jahre lang die israelische Arbeitspartei führte, als "ewiger Zweiter", der keine Wahlen gewinnen konnte und zumeist im Schatten charismatischerer Politiker agierte. Regierungschef wurde Peres nie als Wahlsieger, sondern einmal mit Übergangsmandat nach der Ermordung von Jizchak Rabin und einmal im Rahmen einer Rotationsabsprache.

Zu Österreich hatte Peres eine besondere Beziehung. Das zeigte sich unter anderem daran, dass er 2014 einen seiner letzten Staatsbesuche kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt in Österreich absolvierte. In einem Interview mit der "Krone" erklärte der damals bereits 91-jährige Peres damals diese Entscheidung damit, dass er "gute Freunde in Österreich" habe. Dazu zählte er den damaligen Bundespräsidenten Heinz Fischer aber auch den ehemaligen SPÖ-Bundeskanzler Bruno Kreisky.

In seiner jahrzehntelangen politischen Tätigkeit als Minister, Regierungschef und Präsident hat Peres alle Höhen und Tiefen der komplizierten Beziehungen zwischen Österreich und Israel hautnah miterlebt und auch maßgeblich beeinflusst.

So war Peres als damaliger Außenminister an der Normalisierung der Beziehungen zwischen Österreich und Israel nach der jahrelangen Eiszeit wegen der Wahl Kurt Waldheims zum Bundespräsidenten beteiligt. Im November 1992 besuchte Peres als erster israelischer Außenminister seit 19 Jahren Österreich. Ein Jahr später legte Bundeskanzler Franz Vranitzky bei einem Israel-Besuch ein historisches Bekenntnis zur österreichischen Mitverantwortung für die Opfer des Nationalsozialismus ab.

Nur sieben Jahre später folgte der nächsten Tiefpunkt im Verhältnis zwischen Israel und Österreich. Peres - damals Minister für regionale Kooperation - sagte wenige Tage nach dem Wahlerfolg der FPÖ bei der Nationalratswahl 1999 einen geplanten Besuch kurzfristig ab. Er warnte, dass eine österreichische Regierung, an der "Jörg Haider und andere Rassisten" beteiligt wären, mit einem "Bann" seitens der zivilisierten Völker der Welt rechnen müsse. Das österreichische Volk sollte es sich zweimal überlegen, ob es fünfzig Jahre nach dem Holocaust eine Koalition mit Leuten wolle, die "für Fremdenhass und Rassismus sind", bemerkte der Friedensnobelpreisträger.

Zu seiner Biografie gehört auch, dass er lange als Falke im linken Lager und ewiger Rivale des Reformers Rabin auftrat: So hatte Peres 1975 als Verteidigungsminister im Widerspruch zur Haltung seiner Arbeitspartei ultranationalistischen Siedlern Rückendeckung gegeben, welche die ersten drei jüdischen Siedlungen im Herzen des Westjordanlands errichteten.

Der Publizist David Landau, der mit Peres zwei Biografien verfasste, ist sich sicher, dass die internationale Gemeinschaft vor allem "seine Bußfertigkeit" feierte. Zu Peres 90. Geburtstag schrieb er: "Als die Verkörperung der Hauptströmung der israelischen Politik personifiziert er den schmerzlichen und widerwilligen Bruch mit der Idee von Groß-Israel." Peres habe sich der Zweistaatenlösung verschrieben, "verspätet, aber rückhaltlos".

Seit Peres 2007 erstmals eine Wahl gewann und sieben Jahre lang das repräsentative Präsidentenamt übernahm, engagierte sich der dreifache Vater, der seine Frau Sonja 2011 nach 66 Ehejahren verlor, für den Zusammenhalt der politisch, ethnisch und religiös zerrissenen israelischen Gesellschaft. Und die dankte es ihm - endlich: Drei von vier befragten Israelis befanden zum Ende seiner Amtszeit, Peres sei ein gutes Staatsoberhaupt gewesen.

Das Vermächtnis seiner Jahre als Friedensnobelpreisträger blieb bisher allerdings unerfüllt. Immer wieder hatte Peres optimistisch seinen Traum beschrieben: "Einen jüdischen Staat mit dem Namen Israel an der Seite eines arabischen Staats namens Palästina, die sich nicht bekämpfen, sondern Seite an Seite in Freundschaft und Zusammenarbeit leben."

Fischer betroffen

Der frühere Bundespräsident Heinz Fischer hat sich "zutiefst betroffen und traurig" vom Tod des ehemaligen israelischen Präsidenten gezeigt. Peres sei "ein großer Staatsmann und für mich jahrzehntelang ein wirklich guter und treuer Freund gewesen", schrieb Fischer am Mittwoch in einer Aussendung. "Seine Verdienste für den Aufbau Israels sind ganz enorm."

Fischer drückte der Familie Peres' und der israelischen Bevölkerung seine "aufrichtige Anteilnahme" aus. Peres habe gewusst, "dass Israelis und Palästinenser gemeinsam den Weg zum Frieden finden müssen. Und dass dies bei guten Willen auf beiden Seiten auch möglich ist", so der Alt-Bundespräsident.

Fischer zitierte auch aus einem Brief, den ihm Peres anlässlich des Endes seiner Amtszeit im Juli schrieb. "Lieber Heinz, (...) Unsere Freundschaft ist von großer Bedeutung für mich – wir teilen die selben Grundwerte und die gleiche Einstellung zum Leben und ich kann nur hoffen, dass unsere Freundschaft andauert und neue Horizonte erreichen wird."

Kommentare

annas

ja er war einer der wenigen interessanten, inteligenten staatsmänner auf dieser welt. gott habe ihn selig.

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