Menschen würden offensichtlich dazu neigen, Äußerungen, Ausdrucksweisen, Verhaltensreaktionen oder Handlungen von Mitmenschen persönlich zu nehmen und fälschlicher Weise persönlich zu nehmen: "Wenn z.B. der Chef grantig schaut, fragt man sich, was stimmt mit mir nicht?", so Kriechbaum. Vor allem Menschen mit wenig Selbstbewusstsein würden das Ganze dann für sich negativ bewerten.
Niemand ist vor Falschurteilen gefeiht
Grundsätzlich würden aber alle Menschen gewisse Situationen falsch beurteilen: "100 Prozent Objektivität ist nicht möglich, weil wir alle im Laufe des Lebens verschiedene Erfahrungen gemacht haben", meint der Psychologe. Dadurch seien individuelle "Beurteilungsprogramme" entstanden, nach denen Menschen beurteilen und so unterschiedliche Bewertungen ein- und derselben Situation entstehen. "Wenn man fünf Leute zu einer Situation befragt, bekommt man fünf verschiedene Antworten."
Auch bei der Selbsteinschätzung gab es Bewertungsfehler: Die eigenen Eigenschaften, Möglichkeiten und Wirkungen auf Mitmenschen wurden entweder zu positiv oder zu negativ eingeschätzt - wobei auch hier die negativen Beurteilungen deutlich ausgeprägter seien als die zu positiven.
Missverständnisse in der Partnerschaft
In der Partnerschaft können falsche Bewertungen z.B. zu Konflikten und Trennungen führen, in der Politik könne man ständig sehen, wie Fehlbewertungen - "auch in Zusammenhang mit Emotionen" - zu Problemen führen können, so Kriechbaum. Zu den Auswirkungen von Falsch-Bewertungen und Folgereaktionen würden neben Fehlern, Problemen und Konflikten, Stress und Misserfolg auch Produktivitätsverluste für den Einzelnen, Gruppen und sogar das ganze Land zählen.
Produktivitätsverluste können sich laut Kriechbaum auch auf die Wirtschaft auswirken. Die Folgen von Fehlbeurteilungen würden zu Management- und Führungsfehlern sowie zu einem Absinken des Engagements der Mitarbeiter führen. Die damit in Verbindung stehenden Produktivitätseinbußen würden laut Schätzungen deutlich über zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) liegen, was für Österreich rund 25 Milliarden Euro bedeuten würde. (apa/red)