Schottland: "Nein" zu Abspaltung
lässt Europa aufatmen

Mehrheit gegen Unabhängigkeit - Mehr Autonomierechte versprochen

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Referendum - Schottland: "Nein" zu Abspaltung
lässt Europa aufatmen

Dem am Freitagvormittag veröffentlichten Endergebnis zufolge kam das Nein-Lager in Schottland auf 55,3 Prozent und konnte mehr als zwei Millionen Stimmen auf sich vereinen. Die Befürworter der Unabhängigkeit erzielten laut dem Endergebnis 44,7 Prozent. Die Stimmbeteiligung erreichte einen Rekordwert von 84,6 Prozent.

Salmond tritt zurück

Die Unabhängigkeitsbefürworter gestanden ihre Niederlage ein. Der schottische Regierungschef Alex Salmond sagte vor Anhängern in Edinburgh, eine Mehrheit habe entschieden, dass Schottland "zu diesem Zeitpunkt kein unabhängiges Land" werden solle und kündigte seinen Rücktritt an. Zugleich rief er zur Akzeptanz des Ergebnisses auf. Das Referendum sei "ein ausgeglichener und einmütiger Prozess" gewesen.

Salmonds Stellvertreterin Nicola Sturgeon sagte der britischen Rundfunkanstalt BBC, bei den Befürwortern einer Abspaltung herrsche "echte Enttäuschung darüber, dass wir knapp unterlegen sind". Zum Referendum aufgerufen waren alle Schotten ab 16 Jahren. "Soll Schottland ein unabhängiger Staat werden?", lautete die zur Abstimmung stehende Frage.

Cameron kündigt mehr Mitsprache an

Cameron kündigte als Reaktion auf das Referendum, das Großbritannien an den Rande des Zerfalls gebracht hatte, mehr Autonomie für alle Landesteile an. "So wie die Schotten mehr Macht über ihre Angelegenheiten haben werden, so müssen auch die Menschen in England, Wales und Nordirland mehr Mitsprache haben", sagte er bei einem Auftritt vor seinem Dienstsitz in der Londoner Downing Street. Zugleich betonte er, dass der Streit über die Abspaltung Schottlands nun "für eine Generation" beigelegt sei.

Cameron wartete bereits mit einem Zeitplan auf, seine Autonomieversprechen umzusetzen. Nach Regierungsangaben soll bis November ein Eckpunktepapier mit Vorschlägen für die betroffenen Bereiche wie möglicherweise die Finanzpolitik vorliegen. Erste Entwürfe für Gesetze, die neben Schottland auch England, Wales und Nordirland mehr Selbstbestimmung bringen sollen, könnten demnach im Jänner vorliegen.

In Edinburgh und Glasgow harrten tausende Menschen die ganze Nacht lang in Pubs und auf den Straßen aus. Vor vielen Wahlbüros in ganz Schottland brachen die Gegner der Abspaltung bei der Verkündung des Ergebnisses am Freitag in der Früh in Jubel aus. Bei den Befürwortern der Unabhängigkeit flossen vielerorts Tränen. Ein Palastsprecher sagte, Königin Elizabeth II. verfolge die Ereignisse von ihrem Schloss Balmoral in Schottland aus.

Aufatmen in Europa

Der Ausgang des Referendums war nicht nur in Großbritannien, sondern in ganz Europa mit Spannung erwartet worden. Die Erleichterung über das Ergebnis war in der Früh an steigenden Börsenindizes abzulesen. Eine Abspaltung Schottlands hätte wahrscheinlich weitreichende Folgen für die Europäische Union gehabt und Unabhängigkeitsbefürworter in anderen Regionen wie Katalonien, Flandern oder Südtirol weiter beflügelt.

Die EU begrüßte die schottische Entscheidung. Parlamentspräsident Martin Schulz sagte im Deutschlandfunk, für andere Abspaltungsbestrebungen könne Schottland "unter dem Dach des Vereinigten Königreichs" zu einem "Modell werden, das auch zur Befriedung in anderen Regionen beitragen kann". Kommissionschef Jose Manuel Barroso und Ratspräsident Herman Van Rompuy sprachen von einem guten Ergebnis für das vereinte Europa.

Große Erleichterung in Spanien

Besonders erleichtert reagierte der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy, der gegen ein Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien kämpft. Die Schotten hätten mit ihrem "Nein" zu einer Abspaltung ernste wirtschaftliche, soziale und politische Folgen verhindert, sagte er. Der tschechische Premier Bohuslav Sobotka wertete das Votum als "klaren Beweis dafür, dass die Welt noch nicht ganz verrückt ist". Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel nahm das Ergebnis eigenen Worten zufolge "mit einem Lächeln" zur Kenntnis.

In den österreichischen Reaktionen wurden vor allem die europapolitischen Auswirkungen betont. ÖVP-Europaabgeordneter Othmar Karas und die Grüne Ulrike Lunacek sagten, dass die Chancen auf einen Verbleib Großbritanniens in der EU gewachsen seien. FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache lobte den "unaufgeregten" Umgang Londons mit der Abstimmung.

Dagegen sagte der Südtiroler Landeshauptmann Arno Kompatscher, er hätte sich ein "Ja gewünscht". Allerdings wies er Forderungen der oppositionellen "Süd-Tiroler Freiheit" nach einem ähnlichen Referendum in Südtirol zurück. Die norditalienische Regionalpartei "Lega Nord" beklagte, dass die Ja-Mehrheit durch "riesigen Druck" von wirtschaftlichen und politischen Lobbys zustande gekommen sei. Der katalonische Regierungschef Artur Mas betonte, dass die nordspanische Region an ihrem Plan für ein Unabhängigkeitsreferendum am 9. November festhalte.

Kommentare

christian95 melden

Ganz Europa atmet auf; wer wird wohl dabei der Blöde sein wenn sich die Bonzen in Brüssel darüber freuen?

strizzi49 melden

Ihnen ist offensichtlich egal, was für einen Blödsinn Sie verzapfen! Hauptsache, Sie verzapfen!

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