Die Zahl 24

Fakten und Mythos

von Peter Sichrovsky © Bild: News/Ricardo Herrgott

Zahlen sind nicht nur Nummern, sind nicht nur eine Summe bei der Aufzählung von Dingen, Einheiten oder Ereignissen. Zahlen haben in verschiedenen Gesellschaften und Religionen oft mystische Bedeutungen. Doch der Ursprung aller Zahlenmystik ist immer die Mathematik. Das beginnende Jahr 2024 erinnert an die Bedeutung der Zahl 24.

Am bekanntesten ist die Zahl 24 in Verbindung mit der Zeit. Mit der Einteilung des Tages und der Nacht in jeweils zwölf Stunden bedeutet 24 die Vollständigkeit, den Abschluss einer Einheit und Beginn einer neuen. Um 3000 v. Chr. entwickelten die Sumerer in Mesopotamien den ersten Kalender im sogenannten sexagesimalen System: Ein Tag hat 24 Stunden, eine Stunde 60 Minuten und eine Minute 60 Sekunden. Die Anzahl der Tage, Wochen und Monate ergeben ein Jahr mit 365 Tagen, dividiert durch 24 ergibt es 15, das sind die 15 Grad, die sich die Erde in einer Stunde dreht.

Zahlentheorie

In der Geometrie gilt der Kubus oder Würfel als absolute Symmetrie und wird in vielen Religionen als Symbol einer göttlichen Harmonie verehrt. Für Muslime ist der Würfel in der Heiligen Moschee in Mekka die „Kaaba“, das Haus Gottes. Im Judentum hatte der kubische Raum eine ähnliche Bedeutung als das Allerheiligste im Salomonischen Tempel in Jerusalem. Im Neuen Testament, in der Offenbarung von Lukas, entspricht im Haus Gottes die Höhe sowohl der Länge als auch der Breite: ein perfekter Würfel. Die geometrisch ideale Ordnung eines Würfels wird übernommen als Symmetrie einer himmlischen Struktur.

Der Kubus ist der einzige Platonische Körper – nach Platon benannt mit einer optimalen Symmetrie – der mit sich selbst im Raum lückenlos kompatibel ist und dessen innere Raumwinkel eine Kugel ergeben. Der Kubus hat 6 x 4 Eckflächen: Ergibt 24. Auf jede der 8 Ecken treffen 3 Kanten bzw. 3 Flächen – ergibt 24.

In der Zahlentheorie hat die 24 in Zusammenhang mit den Primzahlen eine besondere Bedeutung. Primzahlen treten in Zwillingsform auf mit 2 als Abstand. 1–3, 5–7, 11–13, 17–19, 21–23. Bis zur Zahl 24 (mit der Ausnahme von 1 und 3) treten sie im Sechsertakt auf. Von dem Paar 5–7 zu 11–13 ist der Abstand 6, von 11–13 zu 17–19 ist der Abstand 6, von 17–19 zu 23 ist der Abstand 6. Mit 23 endet dieses einzigartige, mathematische System. 17 + 6 ergibt zwar 23, 23 + 2 jedoch 25, und 25 ist keine Primzahl. 24 als zahlentheoretische Grenze der Harmonie wurde als Symbol einer heiligen Ordnung von vielen Religionen übernommen.

Ein weiteres Phänomen der Zahl 24 ist die Teilbarkeit der Quadrate der Primzahlen. 5 x 5 ist 25, –1 ergibt 24. 7 x 7 ist 49, –1 ergibt 48, das ist 2 x 24. 11 x 11 ist 121, –1 ergibt 120, also 5 x 24. 13 x 13 ist 169, –1 ist 168, ergibt 7 x 24. Das Quadrat der Primzahl 97 ergibt 9408. Geteilt durch 24 ergibt es 392.

Christentum

Übertragen auf das Christentums entspricht die Welt bis zur Zahl 24 einer heiligen Ordnung, vergleichbar mit dem Paradies. Mit 25 beginnt der Sündenfall, der Fall in die Materie. Fünf ist damit die Zahl des Menschen. Jesus wurde am 24. 12. geboren, die Bevölkerung feiert es am 25. 12. Advent wird an vier Advent-Sonntagen gefeiert. Von eins bis vier ergibt es wieder vier Mal einen Sechser-Takt, macht 24. Danach beginnt mit 25 die Zahlenunordnung und das Chaos der Welt des Menschen.

Die Zahl 24 wiederholt sich in der Bibel in der Übersetzung von Luther, Johannes Kapitel vier, über den Thron Gottes: „Um den Thron waren 24 Throne, und auf den Thronen saßen 24 Älteste mit weißen Kleidern angetan und hatten auf ihren Häuptern goldene Kronen.“ Das Evangelium nach Lukas wird in 24 Kapitel eingeteilt. 24 Priester, die Nachkommen von Aaron, übernahmen laut erstem Buch der Chronik die Kontrolle Gottes auf Erden.

Griechen

Die Symbole der Freimaurer beeinflussten die Steinmetz-Bruderschaften des Mittelalters, die Erbauer der Schlösser und Kathedralen. Ihr wichtigstes Symbol ist der 24-zöllige Maßstab, der sowohl an die Einteilung des Tages in 24 Stunden erinnert als auch aufgrund der christlichen Tradition der Gründungsväter an die 24 Ältesten. Neben dem Maßstab hat der Spitzhammer eine wichtige Bedeutung. Dieser dient dazu, die Ecken der Unvollkommenheit vom rauen Stein, dem vollkommenen Würfel, abzuschlagen. Die 24 Stunden sollten in sechs Stunden Arbeit, sechs Stunden, um Gott zu dienen, sechs Stunden, um einem Bruder oder Freund zu dienen, und sechs Stunden Schlaf eingeteilt werden. Es wiederholt sich der Sechsertakt der Zahlentheorie.

Die Griechen übernahmen die Zahl 24 in ihr Alphabet. Es hatte bereits im sechsten Jahrhundert v. Chr. unter dem Einfluss des Philosophen Pythagoras von Samos nur 24 Buchstaben. 24 bedeutete für die Griechen die Totalität, die Gesamtheit der Welt und die Harmonie des Kosmos. Die älteste Runenreihe, die Schrift der Germanen aus dem dritten Jahrhundert, hatte ebenfalls 24 Zeichen.

Judentum

Im Judentum besteht der Tanach (die Bibel der Juden) aus 24 Büchern. Fünf Bücher der Thora, acht Bücher der Propheten und elf der Hagiographie. Die Zahl 24 symbolisiert die Gesamtheit der Offenbarung Gottes gegenüber seinem Volk. Elija und Elischa vollbrachten zusammen 24 im Alten Testament aufgezeichnete Wunder. Das Wort „Shalom“ (Frieden) kommt 24 Mal in der Thora vor.

24 Priester beobachteten und kontrollierten den täglichen Gottesdienst im Tempel in Jerusalem. Während ihres Dienstes durften sie 24 Spenden (Mattnot Kehunah), meist Obst und andere Speisen, von der Bevölkerung annehmen.

Das „Heilige Land’ war einst in 24 Bezirke aufgeteilt. Der jüdische Gelehrte Moses Maimonides, im zwölften Jahrhundert einer der wichtigsten Philosophen und Leibarzt des Sultans von Kairo, nannte 24 Arten von Buße, um Vergebung und Versöhnung von Gott zu erlangen.

Koran

Der Koran zählt 24 Propheten auf, die vor Mohammed existierten. Mit Mohammed endet die Reihe der Propheten. Er vereint sie alle und repräsentiert mit seiner Lehre die Vollkommenheit der islamischen Religion. Die Wichtigkeit des Menschen betonend kommt das Wort für „Mann“ und „Frau“ je 24 Mal im Koran vor.

Im Hinduismus symbolisieren 24 Avatare“ die religiöse Erscheinungen von Vishnu, darunter Rama, Krishna und Buddha. Das Ashoka-Chakra-Rad der indischen Kultur, in der Flagge Indiens verewigt, hat 24 Speichen, die für die Stunden eines Tages stehen, der keinen Anfang und kein Ende hat wie der ewige Kreislauf von Leben, Tod und Wiedergeburt – die Grundlage des Glaubens der Buddhisten und Hindus. Die 24 geistigen Führer im Jainismus werden als Tirthankaras (Furtbereiter) bezeichnet. Sie übernehmen die Funktion als Mittler zwischen der materiellen und der spirituellen Welt.

Münzen

In der Bewertung von Gold und Goldmünzen ist die Zahl 24 ein Hinweis auf die Reinheit. Reines Gold, als 24-Karat-Gold bezeichnet, hat einen Anteil von 99.9 Prozent, wiederum das Symbol der Vollständigkeit. Dementsprechend wurde der Wert einer Münze bereits in der Antike in Teilen von 24 gemessen. Der Solidus, die wertvollste Münze, war aus reinem Gold. Der Keration hatte ein Vierundzwanzigstel des Goldgehalts eines Solidus.

Der höchste Britische Orden, „The Order of the Garter“ (Hosenbandorden), darf nur 24 Mitglieder haben, die sogenannten Knights bzw. Lady Companions. Das Brettspiel Backgammon hat 24 Dreiecke.

Manche Sportler entschieden sich für die Nummer 24 als Zeichen für Perfektion und Ausdauer, etwa Kobe Bryant, einer der besten Basketball-Spieler aller Zeiten, der seine gesamte Karriere nie eine andere Nummer trug, ebenso Baseball-Star Willie Mays.

Schöpfung

Kompliziert wird es mit dem Glauben an den jeweiligen Schöpfer des Menschen in den verschiedenen Religionen. Ob auch diese nach „mathematischen Prinzipen“ vorgingen, ist schwer zu beweisen. Tatsache jedoch ist, dass in der Genetik die DNA aus 23 Chromosomen besteht. Da Männer und Frauen je ein unterschiedliches Chromosom haben, sind es insgesamt 24. Weiters hat Mensch 24 Rippen, und von den
33 Wirbel sind 24 beweglich.