Grüne entschuldigen sich für "Silberstein-Methoden"-Vorwurf

von Grüne entschuldigen sich für "Silberstein-Methoden"-Vorwurf © Bild: APA/APA/MAX SLOVENCIK/MAX SLOVENCIK

Die Grünen halten an Schilling fest

Die Grünen sind am Mittwoch mit einem Pressetermin den jüngsten Vorwürfen gegen ihre EU-Spitzenkandidatin Lena Schilling entgegengetreten. Während Schilling versicherte, "eine Grüne" zu sein und der Partei beizutreten, stellte Generalsekretärin Olga Voglauer bei ihrem Rundumschlag Verstrickungen der SPÖ in die "menschenverachtende Hetze" in den Raum. Konkret sprach Voglauer von "Silberstein-Methoden" - entschuldigte sich aber später bei SPÖ-Spitzenkandidat Andreas Schieder.

Nach anonymisierten Vorwürfen in den vergangenen Wochen, die ein ungünstiges Charakterbild der Quereinsteigerin Schilling zeichneten, berichtete der "Standard" nunmehr unter Berufung auf nicht namentlich genannte damalige Vertraute von Überlegungen Schillings, nach der Wahl der Linksfraktion im EU-Parlament beizutreten. Zudem wurde eine Chat-Aussage veröffentlicht, in der Schilling der Aktivistin Veronika Bohrn Mena im Vorfeld ihrer Kandidatur geschrieben hatte, sie habe ihr Leben lang "niemanden so sehr gehasst" wie die Grünen.

Voglauer holte bei der Pressekonferenz am Mittwoch zu einem Rundumschlag gegen Medien und Mitbewerber aus und ortete eine "menschenverachtende Hetze". Und diese, so Voglauer, habe "ein Programm, das ist nicht zufällig so". Es gebe "Gruppierungen, Mitbewerber und Menschen", die ein persönliches Interesse daran hätten, dass Schilling nicht erfolgreich sein dürfe. Die Gerüchte kämen stets von denselben paar Personen, "mitten im Kreise der SPÖ" und "mitten im Kreise der KPÖ", erklärte Voglauer. "Wenn man sich die Umfragedaten anschaut, sag ich: 'cui bono?' ('wer profitiert?', Anm.) bestätigt", so die Parteimanagerin. "Ja, wir haben ein Problem, aber dieses Problem ist kampagnisiert." Den Grünen schade dies, und Interesse daran habe die SPÖ - "das, was wir hier sehen, sind Silberstein-Methoden", befand sie in Anspielung auf das rote Dirty Campaigning im Nationalratswahlkampf 2017.

"Es gehen halt alle Gerüchte auf wenige Personen zurück, die der SPÖ zuzuordnen sind", meinte die Grüne Generalsekretärin. Voglauer erwähnte in der Pressekonferenz etwa, dass in der Causa immer wieder das frühere SPÖ-Mitglied Veronika Bohrn Mena vorkomme. Zudem stellte Voglauer unter anderem eine Verbindung zwischen dem in der gesamten Causa auftauchenden Aktivisten Sebastian Bohrn Mena und dem roten EU-Spitzenkandidaten Andreas Schieder her, indem sie darauf verwies, dass beide in der SPÖ Penzing aktiv gewesen seien. Voglauer stellte schließlich auf mehrfache Nachfrage von Journalisten klar, dass sie dies nur zur Einordnung erwähnt habe und sie keine Beauftragung einer Kampagne durch die SPÖ-Führung sehe. Es seien aber die "Methoden, die wir seither (der Silberstein-Affäre, Anm.) kennen".

Die SPÖ zeigte sich trotz der späteren Relativierungen empört: "Nachdem es die Grünen offenbar nicht schaffen, die Vorwürfe intern zu klären, setzen sie nun auf Verschwörungstheorien und Unterstellungen gegen andere", kritisierte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Klaus Seltenheim in einer Aussendung. Die Grüne sollten "endlich für Aufklärung sorgen, statt immer aberwitzigere Verschwörungstheorien zu entwickeln". Man erwarte "eine Richtigstellung und Entschuldigung für diese unzulässige Entgleisung", betonte Seltenheim.

Die kam dann auch: Auf "X" schrieb Voglauer am Nachmittag, es sei "ein Fehler" gewesen, in den Raum zu stellen, dass Schieder etwas mit den Veröffentlichungen über Schilling zu tun habe. Das hätte ihr nicht passieren dürfen, räumte Voglauer ein. "Ich habe keinen Grund, an der Redlichkeit von Andreas Schieder zu zweifeln und darum habe ich mich auch persönlich bei ihm entschuldigt", verwies sie auf ein entsprechendes Telefonat. "Weiters bedauere ich, dass ich in diesem Zusammenhang von 'Silberstein Methoden' gesprochen habe. Ich hätte mir der Konnotation bewusst sein müssen. Auch für diesen Fehler bitte ich um Entschuldigung."

Der israelische Politikberater Tal Silberstein hatte im Nationalratswahlkampf 2017 als Wahlkampfberater des damaligen Kanzlers und SPÖ-Chef Christian Kern unrühmliche Bekanntheit erlangt. Er hatte mit verdeckten Pro- und Anti-Sebastian Kurz-Facebookseiten Dirty Campaigning gegen den damals neuen ÖVP-Chef betrieben. Die SPÖ trennte sich von Silberstein, nachdem er in der Endphase des Wahlkampfes wegen Korruptionsvorwürfen (vorübergehend) in Israel verhaftet worden war, kurz vor der Wahl musste auch noch der Wahlkampfleiter zurücktreten, weil interne Unterlagen Silbersteins zum SPÖ-Wahlkampf in den Medien auftauchten.

Auch SPÖ-Chef Andreas Babler hatte jedenfalls am Rande einer Pressekonferenz, die parallel zu jener der Grünen abgehalten wurde, betont, es gebe "keine Verbindung einer SPÖ mit Lena Schilling". Von irgendwelchen Treffen von Personen aus dem SPÖ-Umfeld mit der Spitzenkandidatin der Grünen für die EU-Wahl wisse er nichts. Er verfolge die Debatte in den Medien und verfüge über keine anderen Informationen. Und, so Babler: Er wolle sich auch nicht in Parteiinterna der Grünen einmischen.

Die Grünen machten am Mittwoch jedenfalls einmal mehr klar, hinter Schilling zu stehen. Dass die frühere Klimaaktivistin keine Grüne gewesen sei, sei allen klar gewesen, meinte die Generalsekretärin, habe sie sich doch im linken Umfeld der Sozialdemokratie und Kommunisten bewegt. "Dass sie zu den Grünen gegangen ist, das nimmt man ihr schlimmstens übel", und jetzt würden frühere Vertraute auf ihren Smartphones nachschauen, was sie an Nachrichten herzeigen könnten. Es werde in den Medien über Gerüchte und Chats aus dem höchstpersönlichen Lebensbereich Schillings berichtet, "und meiner Meinung nach ist das falsch".

Nun habe man den "nächsten, niedersten Auswuchs" erlebt, meinte Voglauer im Zusammenhang mit dem "Standard"-Bericht. Außerdem zählte sie auf, zu welchen Privatthemen sonst noch Medienanfragen bei den Grünen eingingen. Alles zusammen ist für Voglauer "der hemmungslose Versuch, eine junge engagierte Frau fertig zu machen" und sie in den Ruin zu treiben. "Die Grenzen sind überschritten."

Schilling selbst bekräftigte, sie sei "extrem wütend". Sie habe "verletzliche Momente auf dem Weg zu meiner Kandidatur gehabt" und viele aus ihrem privaten Umfeld hätten eines gemeinsam: "Sie lehnen die Grünen ab." Sie habe kein Geheimnis daraus gemacht, dass sie den Grünen früher kritisch gegenüber gestanden sei, denn "wo man viele Erwartungen hat, übt man auch harte Kritik". Aber sie wolle "ernsthaft" Klimapolitik machen, und das gehe nur mit den Grünen, deshalb habe sie sich zur Kandidatur entschieden.

"Ich stehe hier heute als eine Grüne", unterstrich sie. Als Signal habe sie heute einen Antrag auf die Parteimitgliedschaft abgeschickt. Dass sie einen Wechsel zur Linksfraktion überlegt habe, "das ist ein Bullshit". Ob sie klagen wird, ließ Schilling offen. Gefragt, ob sie an einen Rückzug gedacht habe, um weiteren Schaden von den Grünen abzuwenden, antwortete Schilling: "Ich verstehe schon, dass grad viele Menschen eine Rücktritts-Story sehen wollen, aber die wird es nicht geben."