Saudi-Arabien richtete 47
Menschen an einem Tag hin

Darunter auch prominenter schiitischer Geistlicher - Scharfe Kritik aus dem Iran

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Fakten - Saudi-Arabien richtete 47
Menschen an einem Tag hin

Der Iran - der schiitisch dominierte Regionalrivale Saudi-Arabiens - verurteilte die Tötung Nimr al-Nimrs scharf. "Anstatt sich mit den (IS-)Terroristen zu beschäftigen, die die Region und die ganze Welt gefährden, lassen die Saudis eine Persönlichkeit wie Al-Nimr hinrichten", sagte Außenamtssprecher Jaber Ansari am Samstag. Die rein politisch und religiös motivierte Tat reflektiere die irrationale und verantwortungslose Politik der Saudis. Der saudische Geschäftsträger in Teheran wurde laut iranischem Staatsfernsehen herbeizitiert.

Der einflussreiche iranische Ayatollah Ahmad Khatami forderte einen Aufschrei in der islamischen Welt als Reaktion auf die Hinrichtung Nimrs. "Das Verbrechen" an Scheich Nimr werde dazu führen, dass die sunnitische Herrscherfamilie Saud aus den Geschichtsbüchern ausgelöscht werde, zitierte ihn die Nachrichtenagentur Mehr.

Aufruf zu Demonstrationen

Der einflussreiche irakische Schiitenführer Moqtada al-Sadr rief am Samstag zu friedlichen Demonstrationen im Irak und in den Golf-Staaten auf, um gegen die Hinrichtung Nimrs zu protestieren. "Ich rufe die Schiiten Saudi-Arabiens auf (...), Mut zu zeigen in einer Antwort in Form von friedlichen Demonstrationen. Das selbe gilt für die Schiiten des Golfs, um so vor Ungerechtigkeit und Staatsterrorismus in Zukunft abzuschrecken." Zugleich rief er die schiitisch dominierte Regierung in Bagdad auf, die saudi-arabische Botschaft nach 25 Jahren doch nicht wieder zu öffnen - wie es aber bereits schon geschehen ist.

Der frühere irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki sagte den Sturz der Regierung in Saudi-Arabien wegen der Hinrichtung Nimrs voraus. So wie das Verbrechen der Exekution des schiitischen Geistlichen Mohammed Baqir al-Sadr das Ende von Saddam Hussein im Irak herbeigeführt habe, werde auch die Hinrichtung von Scheich Nimr den Sturz des Regimes in Saudi-Arabien zur Folge haben, sagte der Politiker mit engen Verbindungen zum Iran. Der Führer der schiitischen irakischen Badr-Miliz, Qassim al-Araji, sagte dem TV-Sender al-Sumaria, das Verbrechen an Nimr habe "das Tor zur Hölle" geöffnet. Die schiitische Hisbollah-Miliz aus dem Libanon sprach von einem schweren Fehler, den die Regierung in Riad mit der "Ermordung" Nimrs gemacht habe.

Friedlicher Protestierer

Nimr wurde wegen seiner Kritik an der Unterdrückung der schiitischen religiösen Minderheit durch das sunnitische saudische Königshaus eingesperrt. Der Aktivist war für seine Unterstützung friedlichen Protests bekannt. Inspiriert von den Protesten der Aufstände des sogenannten Arabischen Frühlings hatte der 55-jährige im von Schiiten bewohnten Osten Saudi-Arabiens ab 2011 Demonstrationen gegen die religiöse Diskriminierung organisiert. Er befürwortete die Abspaltung der Regionen Katif und Al-Ihsaa, in denen die meisten der rund zwei Millionen Schiiten Saudi-Arabiens leben. Nimrs Festnahme im Juli 2012 hatte Proteste der Schiiten ausgelöst, bei denen zwei seiner Anhänger getötet worden waren. Im Oktober 2014 wurde Nimr wegen Aufwiegelung, Ungehorsams und Waffenbesitzes von einem Sondertribunal zum Tode verurteilt. Ende Oktober 2015 wurde das Todesurteil vom Obersten Gerichtshof Saudi-Arabiens bestätigt.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty hatte in der Vergangenheit kritisiert, Saudi-Arabien setze das Todesurteil auch als politisches Instrument gegen die schiitische Minderheit ein, die etwa 15 Prozent der Bevölkerung ausmacht. In dem überwiegend sunnitischen Land waren bereits in den vergangenen Monaten schiitische Geistliche und Aktivisten zum Tode verurteilt worden.

Im benachbarten Bahrain, wo Schiiten die Mehrheit der Bevölkerung stellen, kam es zu Protesten. Angaben zu möglichen Toten oder Verletzten gab es zunächst nicht.

Scharfe Kritik von EU-Mandatar Weidenholzer

Auch aus Europa kam Kritik an der Massenhinrichtung. Der österreichische EU-Abgeordnete Josef Weidenholzer (SPÖ) erklärte in einer Aussendung: "Diese Hinrichtungen auf Befehl des saudischen Königshauses sind nicht hinnehmbar und widersprechen massiv den Menschenrechten. Die Tötungen sind eine ungeheuerliche Provokation." Er fügte hinzu: "Regime, die willkürlich Unschuldige töten, weil diese von ihrem Recht auf Meinungsfreiheit Gebrauch machen, können nicht unsere Alliierten sein."

Saudi-Arabien hatte 2015 laut Menschenrechtlern so viel Todesurteile vollstreckt wie seit 20 Jahren nicht mehr. Der Anstieg geht einher mit der Machtübernahme von König Salman. Er war Ende Jänner nach dem Tod seines Vorgängers Abdullah auf den Thron gestiegen.

Mehr als 150 Hingerichtete 2015

Von Jänner bis November waren demnach mindestens 151 Menschen hingerichtet worden, hatte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International mitgeteilt - im gesamten Jahr 2014 seien es 90 gewesen. In Saudi-Arabien ist für zahlreiche Taten die Todesstrafe vorgesehen, darunter Mord, Vergewaltigung, Drogenhandel und "Hexerei". Die Verurteilten werden entweder enthauptet oder erschossen.

Zunächst nicht hingerichtet wurde am Samstag Nimrs ebenfalls zum Tode verurteilter Neffe, der zur Zeit seiner Festnahme 2011 erst 17 Jahre alt war. Nimrs Bruder Mohammed al-Nimr warnte, die Hinrichtung des Geistlichen könnte "die Wut der Jugend" entfachen. Auch er rief die Schiiten auf, friedlich zu protestieren.

In Europa sorgte im Zusammenhang mit Saudi-Arabien zuletzt vor allem der Fall des Bloggers und Menschenrechtsaktivist Raif Badawi für Aufregung. Badawi wurde 2012 wegen angeblicher "Beleidigung des Islam" auf seiner Website "Free Saudi Liberals" zu zehn Jahren Haft, 1.000 Peitschenhieben, einem Ausreise- und Arbeitsverbot und einer hohen Geldstrafe verurteilt. Unter Führung der Grünen finden wöchentlich Mahnwachen für die Freilassung des mit dem Sacharow-Preis für Menschenrechte ausgezeichneten Saudi-Arabers vor dem von Saudi-Arabien finanzierten Abdullah-Zentrum in Wien statt.

Kommentare

gustigusti melden

Kleines G'schichterl aus meinem Bekanntenkreis: Freund war geschäftlich in Riad. Abends im Taxi fragte ihn der Taxler ob er die Tea Bags, also die Teebeutel sehen will. Fährt dann mit ihm runter zum Marktplatz, wo eine ganze Reihe Hingerichteter baumeln... für den Taxler ganz normal. Der hat gelacht, "look tea bags, tea bags!"

Nudlsupp melden

echt jetzt?

parteilos melden

Bevorzugte Methode ist der Autoabschleppwagen. Die haben sehr viele, aber es schreibt niemand darüber, da es für diese Menschen völlig normal ist, sowie für uns ein Stadtfest mit Leberkäse. Klingt absurd, aber andere Länder andere Sitten, nur der Gast wundert sich.

Nudlsupp melden

abartig. Aber da sieht man wieder ... money makes the world go round. Die Saudis, als größte Investoren der Wall Street, und Lieferant amerikanischer Rohstoffe, kann sich einfach alles erlauben.

Und unsere Politiker vom Bundespräsidenten abwärts; SPÖ+ÖVP+Grüne+FPÖ+Neos+Stronach schweigen alle.
Aber wenn Ungar seine Staatsgrenzen schützt ....

Die Saudis sind Weltgewandt, sie bewegen sich auf internationalem Parkett selbstbewusst und wissen um ihre monitäre Macht. Wenn die Saudis ihre Investitionen weltweit einstellen würden, würden viele grosse Konzerne schnell pleite gehen. Fiat, VW, Ford u.a. würden innerhalb von sechs Monaten pleite gehen. Deshalb toleriert man im Westen die Steinigungen, das Handabhacken etc.

Scheint das der gewissenlose Import nicht hörig ist, selbst wenn diese Exekutionen in Österreich passieren würden, würden unsere 183 Hampelmänner nicht wissen was sie tun sollten...oder müssen...

11223344 melden

wenn der ami seine leute killt dann ist das ok aber wehe wehe es ist ein anderes land ....................

11223344 melden

warum traut sich kein ar....... dem ami eine auf die goschn zu hauen??? geht das nur bei ländern die nicht den weltscheriff spielen??

Tavington melden

moslims töten zu hause moslims. das geht uns nicht an, wir mögen auch nicht wenn moslims über unser lebensstyl aufregen.

Oberon
Oberon melden

Wir wollen in Ö Walzer tanzen oder zum Heurigen gehen, wenn WIR wollen. In arabischen Ländern gilt selbstverständlich ebenfalls kulturelle Freiheit, hier geht es aber um Menschenrechte. Wenn sich sogar der Iran über die Hinrichtungen aufregt, wird die Sache wohl nicht so
einfach sein....!

naklaro melden

in österreich sind die rechten das problem!

wasinix melden

@naklaro, in den letzten Jahren nicht; da sind es MILITANTE Linke oder selbsternannte Weltverbesserer aber auch GUT-MENSCHEN die meinen ihre Aggressionen bei Demos ab zu reagieren müssen.

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