Kirchenoberhaupt tritt zurück

"Zum Wohle der Kirche": Rücktritt des Heiligen Vaters aus gesundheitlichen Gründen

Papst Benedikt XVI. hat völlig überraschend seinen Rücktritt angekündigt: Der 85-Jährige sagte bei einer Vollversammlung der Kardinäle in Vatikanstadt, er werde sein Amt am 28. Februar niederlegen, da ihm die Kraft für die Aufgaben des Papstes inzwischen fehle. Nur einmal hatte es bisher in der katholischen Kirchengeschichte einen vergleichbaren Rücktritt gegeben.

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    An einem Gehstock hält sich der Papst fest, als er am Freitag den 8. Februar zu einem Treffen in Rom eintrifft.

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    Kolosseum, Rom, April 2012

Der Grund seines Rücktritts sei "ingravescentem aetatem'', also sein fortgeschrittenes Alter, erklärte der Papst laut Nachrichtenagentur ANSA. "Nachdem ich wiederholt mein Gewissen vor Gott geprüft habe, bin ich zur Gewissheit gelangt, dass meine Kräfte infolge des vorgerückten Alters nicht mehr geeignet sind, um in angemessener Weise den Petrusdienst auszuüben", sagte Benedikt bei einem Konsistorium für die Seligsprechung von zwei süditalienischen Märtyrer.

Der Papst bat um die Ausrufung eines Konklaves für die Wahl seines Nachfolgers. Dieses soll im März stattfinden, verlautete aus Vatikan-Kreisen am Montag. Das genaue Datum wurde jedoch noch nicht angekündigt.

Gesundheitlich angeschlagen

"Das Alter drückt", sagte Papst-Bruder Georg Ratzinger am Montag der Nachrichtenagentur dpa: Sein Arzt habe dem Papst geraten, keine transatlantische Reisen mehr zu unternehmen. Auch das Gehen bereite seinem Bruder zunehmend Schwierigkeiten.

Nur einen Tag vor der Bekanntgabe seines Rücktritts wandte sich Papst Benedikt XVI. via Nachrichtendienst Twitter an die Gläubigen. Seine Worte, datiert mit 10. Februar: "Wir dürfen der Kraft der Barmherzigkeit Gottes vertrauen. Wir sind alle Sünder, doch seine Gnade verwandelt uns und macht uns neu."

Im Herbst 2010 hatte der Papst in einem Interview erklärt: "Wenn ein Papst zur klaren Erkenntnis kommt, dass er physisch, psychisch und geistig den Auftrag seines Amtes nicht mehr bewältigen kann, dann hat er ein Recht und unter Umständen auch eine Pflicht, zurückzutreten". Auf eine akute Erkrankung sei die Entscheidung aber nicht zurückzuführen, versicherte der Vatikan am Montag. Allerdings hätten in den letzten Monaten Benedikts Kräfte nachgelassen, so Vatikansprecher Federico Lombardi. Dies habe der Papst klar erkannt.

Vatikan: "Blitz aus heiterem Himmel"

Als "Blitz aus heiterem Himmel" bezeichnete der ehemalige vatikanische Generalsekretär, Kardinal Angelo Sodano, den Rücktritt des seit 2005 amtieren Benedikt XVI. Der scheidende italienische Premier Mario Monti reagierte geschockt: "Ich bin von dieser unerwarteten Nachricht erschüttert", betonte er. Die deutsche Regierung bekundete "den allerhöchsten Respekt für den Heiligen Vater, für seine Leistung, für seine Lebensleistung für die katholische Kirche", wie Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin sagte.

Auf dem Petersplatz verbreitete sich die Nachricht des Rücktritts von Benedikt XVI. blitzartig. Der vatikanische Pressesprecher Pater Federico Lombardi berief eine Pressekonferenz ein, der Medienvertreter aus der ganzen Welt teilnahmen.

Neues Leben im Kloster

Papst Benedikt XVI. wird sich nach dem Ende seines Pontifikats am 28. Februar nach Castel Gandolfo zurückziehen. Hier werde er auf das Ende der Restaurierungsarbeiten eines ehemaligen Klausurklosters im Vatikan abwarten, wo er künftig leben wird, berichtete der Vatikan-Sprecher, Pater Federico Lombardi, am Montag. Benedikt XVI. werde sich zudem seinen Theologiestudien und dem Gebet widmen. Auch seine schriftstellerische Tätigkeit werde der Papst sehr wahrscheinlich fortsetzen, berichtete Pater Federico Lombardi. "Der Papst hatte öfters gesagt, dass er seine älteren Jahre dem Gebet, den Studien sowie der Meditation widmen wolle", betonte Lombardi.

Der Papst wird sich sehr wahrscheinlich auch verstärkt der Musik widmen können. Der Papst spielt leidenschaftlich Klavier, vor allem Musik von Mozart, Chopin und Schubert, erzählte kürzlich der Privatsekretär von Benedikt XVI., Georg Gänswein.

Der Vatikan-Sprecher schloss aus, dass eine Krankheit den Papst zum Rücktritt bewogen habe. "Er hat klar gesagt, dass er wegen seines fortgeschrittenen Alters in den letzten Monaten an Kraft verloren hat", betonte Lombardi. Der Vatikan-Sprecher beteuerte, es habe keine Anzeichen von Depression oder Entmutigung seitens des Papstes gegeben. "Ich persönlich habe größte Bewunderung für die Geste des Papstes, für den Mut, die Geistesfreiheit und das große Bewusstsein für die Verantwortung seines Amts", so Lombardi.

Neuer Papst soll bis Ostern gewählt werden

Lombardi zeigte sich zuversichtlich, dass bis Ostern ein neuer Papst gewählt werde. Das Konklave für die Wahl des neuen Papstes werde im März stattfinden. Benedikt werde keine Rolle im Konklave spielen. Auch in der Zeit, in dem der Stuhl Petri vakant sein werde, soll der Papst keine Funktion ausüben. "Die apostolische Verfassung sieht keine Rolle für einen Papst vor, der zurücktritt", kommentierte Lombardi.

Der 85-jährige Joseph Ratzinger war im April 2005 zum Papst gewählt worden. Zuvor war der 1927 in Oberbayern geborene Kardinal Präfekt der Glaubenskongregation. In der Kirchengeschichte trat ein einziger Papst, Coelestin V., der 1294 gewählt wurde, nach wenigen Monaten aus Gewissensgründen von seinem Amt zurück. Sein Nachfolger Bonifaz VIII. ließ ihn einsperren. Er starb 1296 in Gefangenschaft.

Kommentare

Ivoir

Mit unserem Wissen würden wir untergehen, wenn wir nicht den Glauben zur Hoffnung hätten.

Also ich find's verständlich. Auch der Papst ist nur ein Mensch und wenn er sich selbst eingestehen kann, dass er nicht mehr in der Lage ist seine beruflichen Aufgaben wahrzunehmen, ist es immer noch besser er tritt zurück als er muss, wie sein Vorgänger, vor den Augen der Weltöffentlichkeit unwürdig dahinsiechen bis zum letzten Schnaufer und zu einer dementen Marionette der Kardinäle werden.

Höchste Zeit,viel zu spät. Ein Reformverweigerer, nur Reisen und Segnen ist zuwenig!! Ein Vorschlag: Die nächsten Bewerbungen erst ab Alter 90.

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Die Kirche wird weiterhin jene Institution bleiben, die den Anschluß in die Neuzeit verpasst. Ein schwarzer US-Präsident, eine (ostdeutsche) Bundeskanzlerin, ein schwuler Außenminister in D, der arabische Frühling, wäre die Kirche nicht Vorreiter der Diskriminierung und hätte geschlechtsunabhängig Führungspersonal aufgebaut, würde eine Päpstin hervorragend in die heutige Zeit passen, aber das werden wir dieses Jahrtausend wohl nicht mehr erleben, wenn selbst @war-lord schon einen Nachfolger gefunden hat :-)

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grundsätzlich haben Sie recht, die Sache hat nur den Haken, dass die Veränderbarkeit von Institutionen an sich limitiert ist. Ich geb Ihnen mal ein Beispiel: Wenn Sie die Sozialdemokraten in Richtung Industriellenvereinigung ummodeln wollen, wird irgendwann der Punkt kommen, wo soviel Prototypisches verloren ist, dass die aufhören zu existieren. Und mit Religionen ist's noch komplizierter,denn dort ist der Kern der Sache auch noch mit Legitimation von oben versehen, Änderungen sind also definitionsgemäß ketzerisch und noch schwerer umzusetzen.
Für mich hat die Sache eher eine take it or leave it Basis, wobei ich persönlich mich fürs zweite entschieden habe.

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Wobei die Lutheraner ja durchaus gezeigt haben, daß eine Öffnung nicht immer nachteilig sein muß. Der Vorteil an diesem konservativen Alt-Herren-Verein ist lediglich, daß er sich mit dieser Einstellung auf Raten abschafft und die Halbwertszeit im rapiden Tempo sinkt.

Wenn man sich die "Leistungen" dieser Organisation in der Langzeitbetrachtung beginnend mit Zwangsmissionierungen, Kreuzzüge, Inquisitionen, über die jüngere Vergangenheit bezüglich der Zusammenarbeit mit bestimmten Regimen, und deren Untersützung selbst nach Zusammenbruch derselben, es sei hier nur die Rattenlinie oder Klosterroute erwähnt, bis hinein in die Gegenwart, wo Mißbrauchsvorwürfe nie-endend wirken, so kann sich ein normal-denkender Mensch nur Ihrer Entscheidung anschließen.

Selbst bei wohlwollendster Betrachtung können sich mir keine Gründe erschließen, diese Organisation zu unterstützen, weder ideell, noch durch Zahlungen irgendwelcher Art.

Die Enstehungsgeschichte berücksichtigt, handelt es sich meiner persönlichen Meinung nach, letztlich auch nur um eine Sekte, die den neumodischen Erscheinungen gegenüber den Vorteil hat, bis zu 2000 Jahre mehr Zeit für den Vertriebsaufbau gehabt zu haben. So wurde aus anfänglich 12 Mitarbeitern ein sehr dichtes Vertriebsnetz aufgebaut, welches bis heute dazu geführt hat, daß in unseren Breitengraden fast jedes Dorf über eine Niederlassung verfügt, das sich mittlerweile aber wieder in der Ausdünnung befindet.

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Alles richtig, nur eine Tatsache sollte man nicht übersehen, dass heutzutage fast alle Institutionen, die helfen ohne nach dem Nutzen und der Brauchbarkeit des Betroffenen zu fragen, kirchennahe sind. Also ich hätte Ihnen vor einigen Jahren wohl gesagt, dass man Religion restlos abschaffen sollte, heute bin ich mir nicht mehr so sicher. Gegen die Betriebswirte dieses Lebens, die alles nur mehr nach Kosten und Nutzen abwägen, wirken Betschwestern sympathisch.

Und über all diesen mehr theoretischen Erwägungen sollte man auch nicht vergessen, dass es Menschen gibt, deren letzter Funken Hoffnung die Religion ist und ihnen das zu nehmen wäre unmenschlich.

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Wobei es in allen Dekaden für alle Beteiligten menschlicher gewesen wäre, hätte es diese Religionen nicht gegeben. Aber dies ist nur meine persönliche Meinung.

Die wirtschaftlich straffe Organisation der kirchlichen Unternehmen und deren Betriebswirte ist wohl auch ein sperates Thema, ebenso wie die Verlogenheit in diesen Bereichen, und dies beziehe ich nicht ausschließlich auf die Vatikan-Bank.

Aber natürlich sollte man dieser Minderheit die nicht die Götzen des Giralgeldes anbetet, sondern für sich das Heil in diesen weltfremden Riten findet, ihre Krücke nicht wegnehmen, sofern dieser Glaube nicht radikalisiert und damit wiederum Andersdenkenden oder Andersgläubigen mit Gewalt und Menschenverachtung begegnet.

na sowas-da gibt petri in zeiten der krise seinen posten frei-hoffentlich wird diesmal einschwarzer papst gewählt - obama match :)

Ignaz-Kutschnberger
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Ja dann... auf geht's Schönborn ;-)

Ignaz-Kutschnberger
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meine und Gottes Stimme hast... fehlen eh nur noch ein paar andere... bin nach wie vor zuversichtlich,...hab dir s ja schon vor 2 Jahren gsagt...

Frustriert melden

Hi War-Lord!
Diesmal bin ich mit dir leider nicht einer Meinung. Vielleicht hat dieser Papst einfach nicht mehr die Kraft, die Machenschaften der Firma Vatikan zu decken. Noch nie hat ein Papst, der etwas verändern wollte, lange genug gelebt. Also muss man gute Miene zum bösen Spiel machen. Ich würde mich unendlich schämen, würde ein Papst aus A da mitmachen. Schon genug Krampf mit den Politikern!

Ignaz-Kutschnberger
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@Frustriert...
nun ja, aber irgendeiner muss ja wohl das Amt übernehmen...und ich denk mal der Christoph hätte eventuell das Zeug dazu ;-) ... Aber sollt es jemand anderer werden, bin ich auch nicht bös... Allerdings mit der Kraft könntest schon Recht haben... ich mein, der gute Papi ist 86 oder??...Also würde da sowieso nur bis maximal 82 einführen... Aber naja, ...

Ignaz-Kutschnberger
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wenn der Heinzi nach den nächsten Bundespräsidenten-Wahlen nimmer kandidiert, stünde ja dieses Amt für den Schönborn auch offen... :-)

freud0815 melden

@war-lord

wenn die die gemeinde wählen lassen und du antrittst, tret ich dem verein wieder bei und geb dir meine stimme
es bedarf grundlegenden reformationen-wie zb keischheitsgürtel in bubenschulen usw, aber du würdest das hin bekommen

Ignaz-Kutschnberger
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@freud... die Erwartungen in mich sind zu groß... Auch wenns im Volksmund immer heißt: Ein guter Kardinal kann nur einer werden, dessen Vater auch schon Priester war ;-) ... Letzteres müsst ich sicherheitshalber mal bei meiner Mutter nachfragen :-)

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