Die neue Revolution: Industrie 4.0

Und wie sich die Zukunft der Arbeitswelt dadurch verändern wird

"Industrie 4.0", die vierte industrielle Revolution, betrifft die meisten von uns und wird unseren Alltag maßgeblich verändern. Um den Begriff in seinem Ganzen erfassen zu können, braucht es unterschiedliche Sichtweisen, denn eine allgemeingültige Definition gibt es noch nicht. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Dr. Beate Sprenger, Pressesprecherin des AMS, nehmen Stellung, wie Industrie 4.0 die Zukunft der Arbeitswelt beeinflussen wird.

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Industrie 4.0. Ein Begriff, der das digitale Zeitalter prägt. Oder besser gesagt: prägen wird. Denn so richtig begonnen hat die vierte industrielle Revolution noch nicht. Doch in diesem Punkt ist man sich nicht wirklich einig. Die Bezeichnung "Industrie 4.0" nimmt auf die vorangehenden Revolutionen Bezug, die alle die Art, wie Waren produziert werden drastisch veränderten. So löste die erste industrielle Revolution beispielsweise händische Arbeit durch mechanische und durch Wasser- und Dampfkraft betriebene Produktionsanlagen ab. Die zweite leitete mit dem ersten am Fließband produzierten Auto die Ära der Massenfertigung ein. 100 Jahre später, 1970, kam es durch den Einsatz von Elektronik und IT zur digitalen Revolution und zur Automatisierung in den Fabriken.

Infografik Industrielle Revolution
© Siemens AG/ Quelle: DFKI (2011)

Alle drei führten zu enormen Produktivitätssteigerungen, da es möglich war, innerhalb kürzester Zeit viel zu produzieren. Die vierte Revolution hingegen zielt auf eine Individualisierung der Produkte ab, will also individuelle Produkte schaffen, die jedoch nach wie vor industriell gefertigt werden. So kauft man beispielsweise nicht mehr das fertige Auto, sondern kann es vorab ganz nach eigenen Wünschen gestalten. Henry Fords legendäres Zitat: "Sie können einen Ford in jeder Farbe haben – Hauptsache er ist schwarz" hat nun endgültig ausgedient. Die Fabrik der Zukunft soll also flexibler und effizienter auf individuelle Kundenwünsche eingehen und somit neue, innovative Produkte und Leistungen schaffen.

Wenn Science-Fiction zur Realität wird

Bei der Frage wie Industrie 4.0 funktioniert, wird das Ganze zunehmend komplexer, da neue Technologien noch in den Kinderschuhen stecken und es weder konkrete Erfahrungswerte oder Standards gibt, auf die zurückgegriffen werden kann. Ziel ist, die natürliche Realität mit einer virtuellen zu koppeln. Konkret bedeutet das, dass die industrielle Produktion mit modernster Informations- und Kommunikationstechnik verknüpft wird, um so eine Kommunikation zwischen Mensch und Maschine beziehungsweise zwischen Maschine und Maschine herstellen zu können. Im extremsten Fall gäbe es dann menschenleere Fabriken, da die Maschinen, Anlagen und Produkte intelligent genug wären, um Dinge selbst steuern zu können. Ding ist hier auch das Schlagwort, denn Industrie 4.0 gründet unter anderem auf dem "Internet der Dinge". Hier verbinden sich "intelligente" Geräte, sogenannte "smart objects" mit dem Internet und können so selbstständig und automatisiert Informationen austauschen und Aktionen ausführen. So ist es beispielsweise schon jetzt möglich, dass sich Heizungen erst dann einschalten, wenn der Bewohner sich dem Heim nähert. Durch das Internet der Dinge sowie cyberphysische Systeme, bei denen sich Informatik und Softwaretechnologien mit Mechanik und Elektronik verbinden, verschmilzt die digitale Welt immer mehr mit der realen. Eine der Fragen, die sich dabei jedoch automatisch stellt, scheint wie aus einem schlechten Science-Fiction-Film: Wie stellt man in einer hochautomatisierten Umgebung menschliche Kontrolle sicher?

industry
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Industrie 4.0 birgt Chancen. Und Gefahren.

Auch wenn sich Industrie 4.0 sehr nach Silicon Valley, dem weltweit bedeutendsten Standort der IT- und Hightech-Industrie in Kalifornien anhört, ist es auch für das Hochtechnologie- und Industrieland Österreich eine große Chance. Wirtschaftsminister Mitterlehner sieht Indutrie 4.0 als große Chance, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Auf diese Weise könne Wachstum, Beschäftigung und Wertschöpfung im Land gesichert werden. Damit es so weit kommt, bedarf es jedoch gemeinsamer Anstrengungen von Wirtschaft, Forschung, Politik und Gesellschaft: "Alle Beteiligten sind gefordert, vernetzter zu denken, um im internationalen Wettbewerb auch in Zukunft bestehen zu können. Wir müssen den Wandel in Richtung Industrie 4.0 aktiv gestalten, die Unternehmen gezielt unterstützen und die Fachkräfteausbildung verstärken", sagt Mitterlehner. Mit Letzterem scheint der Minister auf eine der Gefahren anzuspielen, nämlich darauf, dass durch die vierte Revolution in der Fertigung weniger Jobs benötigt werden und somit Arbeitsplätze mit geringer Qualifikation gefährdet. Waren es in der ersten Revolution die Weber, die durch den mechanischen Webstuhl ersetzt wurden, betrifft es jetzt Jobs in Hilfsberufen, etwa am Bau, am Fließband oder an den Scannerkassen im Supermarkt.

Human & Roboter
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Geht uns die Arbeit aus?

Angesprochen auf die Folgen für den Arbeitsmarkt meint Sprenger, Pressesprecherin des Arbeitsmarktservice Österreich, dass Arbeit durch diese Entwicklung zwar nicht ausgehe, sich aber bestimmt verändere. Sie beruft sich damit auf die Vergangenheit, die gezeigt hat, dass technische Innovation nicht nur Jobs gefährde und verdränge, sondern in anderen Bereichen auch viele neue schaffe. Jobs, an die man zuvor vielleicht gar nicht gedacht hat. Außerdem sei nicht jeder Beruf automatisch durch Roboter ersetzbar. Gewinner werden demzufolge hochqualifizierte Fachkräfte aus den Bereichen IT, Telekommunikation und Logistik sein, Verlierer hingegen gering Qualifizierte und Arbeitnehmer, die sich nicht laufend fortbilden.

»Wer keine Qualifikation hat, also keinen Schul- oder Lehrabschluss vorweisen kann, wird in Zukunft kaum Chancen auf einen dauerhaften Arbeitsplatz haben.«

Industrie 4.0 stellt also auch das Ausbilungssystem vor neue Herausforderungen. Während die mit 2017 eintretende Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr vom AMS begrüßt wird, sieht Mitterlehner in der Partnerschaft von Fachhochschulen und Universitäten ein Instrument, um die Herausforderungen zu bewältigen. Auch plant er die Lehre fit für die Industrie 4.0 zu machen, so wurde der Lehrberuf Mechatronik beispielsweise mit eigenen Modulen für Robotik und alternative Antriebe aufgewertet. Alles in allem gäbe es Schätzungen zufolge dennoch zu wenige Spezialisten, um die Fabrik der Zukunft zu errichten. Bleibt nur zu hoffen, dass sich das noch ändert, denn sonst wird die vierte industrielle Revolution "mangels Teilnehmer wohl ausfallen".

Kommentare

Henry Knuddi

also vorort wird personal eingespart - aber jedes system braucht wartung - das wartungspersonal wird steigen - was früher galt, lern einen beruf, dann haste arbeit ein ganzes leben nach, was überhaupt nicht stimmt - ich habe ca 8 berufe ausgeübt - das lernen hört daher nicht auf und dazu muss man auch bereit sein

Henry Knuddi

also die roboter könnten regieren - wäre billiger - politiker beim AMS zu finden

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