Nach Demo-Unruhen: So
reagiert die Regierung

Die gewaltsamen Ausschreitungen nach Demonstrationen von Kurden und Linken, die von türkisch-ultranationalistischen und rechtsextremen Gegnern gestört worden waren, beschäftigen die Bundesregierung. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) kündigte am Montag eine konsequente Verfolgung jeder Straftat sowie einen Runden Tisch mit dem Verfassungsschutz und dem Integrationsfonds an. Unterdessen zeigt sich die Türkei wegen des "harten Einsatzes der Polizei" besorgt um "türkischstämmige junge Menschen".

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Nachspiel - Nach Demo-Unruhen: So
reagiert die Regierung

An vier Tagen hintereinander war es vergangene Woche in Wien-Favoriten zu gewaltsamen Angriffen türkischer Extremisten auf Teilnehmer der Kurden-Demos und die Polizei gekommen, die Beamten, die zu hunderten vor Ort waren, wurden aber auch von linker Seite bedroht. Es flogen Steine, Böller und Glasflaschen. Die Bilanz laut Innenminister Nehammer: Sieben verletzte Polizistinnen und Polizisten sowie ein verletzter Diensthund, elf Festnahmen, 57 Anzeigen und 220 Identitätsfeststellungen. Man verfüge über umfangreiches Bildmaterial, das gerade ausgewertet wird, "jede Straftat wird konsequent verfolgt".

Es sei "völlig inakzeptabel", dass auf österreichischem Territorium türkische Konflikte ausgetragen würden, zeigte sich Nehammer bei einer Pressekonferenz am Montag verärgert. "Wir und die Polizei werden alles tun, damit man sich versammeln kann, ohne dass man Angst hat, dass die Versammlung gestört wird", versicherte er. "Die Polizei ist die Hüterin der Grund- und Freiheitsrechte." Er habe den Verfassungsschutz angewiesen, die Ermittlungen intensiv zu führen, wer die Hintermänner der Eskalation seien, erklärte Nehammer. "Freiheit und Demokratie lassen wir uns in Österreich mit Sicherheit nicht gefährden."

Verstärkte Polizeipräsenz

Die Polizei ist in Favoriten nun stärker präsent. Landespolizeivizepräsident Franz Eigner zeigte sich überrascht vom hohen, raschen Mobilisierungsgrad der gewaltbereiten, vorwiegend jungen Männer. Er sprach von einem "Phänomen, (...) das uns so noch nicht so oft begegnet ist", nämlich dass ein harter Kern von ein paar hundert Jugendlichen rasch und kurzfristig wohin beordert werden könne. Dutzende Kleingruppen seien gegen die Polizei vorgegangen. Wegen der "massiven Angriffe" mit Eisenstangen, Pyrotechnik und Glasflaschen sei es sehr schwierig gewesen, die Versammlung (der Kurden und Linken, Anm.) zu schützen, erklärte Eigner. Derzeit sind keine weiteren Demonstrationen angekündigt, aber man gehe davon aus, dass wohl noch Spontankundgebungen oder "Zusammenrottungen" stattfinden werden, sagte Eigner auf Nachfrage.

Passend zum Thema: Wer sind die grauen Wölfe?

Dass man die rechtsextreme Organisation der Grauen Wölfe unterschätzt habe, stellte Nehammer in Abrede - der Verfassungsschutz beobachte die Szene "sehr genau". Es gelte nun zu klären, ob der verbotene Wolfsgruß von den gewaltbereiten Männern nur eingesetzt worden sei, um die Kurden zu provozieren, oder ob tatsächlich die Organisation der Grauen Wölfe dahinterstecke.

Runder Tisch angekündigt

Nehammer stellte einen Runden Tisch mit dem Innenministerium, dem Integrationsministerium, dem Verfassungsschutz, dem Generaldirektor für Öffentliche Sicherheit und dem Integrationsfonds wohl noch diese Woche in Aussicht. Auch will der Innenminister dem Nationalen Sicherheitsrat von den Vorfällen berichten. Die restlichen bei der Pressekonferenz erwähnten Maßnahmen waren schon bekannt. Der türkische Botschafter wurde für den heutigen Montag ins Außenministerium zitiert. Bei einem Treffen vergangenen Freitag habe man bereits türkische und kurdische Vereine um Kooperation gebeten.

Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) bekräftigte, dass die Dokumentationsstelle für den politischen Islam noch im Sommer ihre Arbeit aufnehmen soll. Ziel sei es, auf wissenschaftlicher Grundlage die Netzwerke und Vereine zu durchleuchten, die der Nährboden "für die extremistische Ideologie des politischen Islam" seien. "Österreich ist kein Austragungsort für türkische Konflikte", meinte auch sie. Bei Gewaltanwendung sei es "vorbei mit der Toleranz". Es gehe ihr nicht um Pauschalverurteilungen von Menschen mit Migrationshintergrund, aber einzelne Migrantengruppen würden sich abschotten, zudem gebe es teilweise Versuche aus dem Ausland, Einfluss zu nehmen. Sie wünsche sich eine klare Verurteilung der Ereignisse durch den türkischen Botschafter.

Türkei verurteilt Polizeieinsatz

Die Türkei übt harsche Kritik daran, dass vier Tage lang die Kurden-Demos in Wien stattfinden und von den österreichischen Behörden zugelassen wurden. Ankara will darüber nun mit der österreichischen Vertretung sprechen. Dazu sei der Botschafter in das Außenamt "eingeladen" worden, hieß es in einer Aussendung vom Montag.

Zuvor war der türkische Botschafter in Wien, Ozan Ceyhun, für den heutigen Montag in das österreichische Außenministerium zu einem Gespräch eingeladen worden. Das Wiener Außenministerium bestätigte auf Anfrage der APA die Einladung des österreichischen Botschafters in das türkische Außenamt ebenfalls für Montag. Der Besuch werde aus terminlichen Gründen aber nicht von Botschafter Johannes Wimmer selbst, sondern vom Geschäftsträger der Botschaft wahrgenommen, hieß es.

Dass in Wien "von der Terrororganisation PKK (Arbeiterpartei Kurdistans, Anm.) und ihren Unterstützern seit einigen Tagen Demonstrationen veranstaltet werden, ist ein weiterer Beleg, wie wenig ehrlich der Kampf mit dem Terror geführt wird", heißt es in der Mitteilung des türkischen Außenministeriums weiter. "Es kann keinesfalls akzeptiert werden, dass über diese Demonstrationen Propaganda für die Terrororganisation PKK gemacht, bei der Verwendung ihrer Symbole weggeschaut und unser Land ins Visier genommen wird", so das türkische Ministerium. Außerdem "verurteilen wir den harten Einsatz der Polizei, der dazu geführt hat, dass türkischstämmige junge Menschen verletzt und der türkischen Gemeinschaft gehörende Geschäfte beschädigt wurden".