Rein sportlich beeindruckt die Aufholjagd der Grün-Weißen, die durch drei Tore von Franz "Bimbo" Binder und einen Treffer von Georg Schors vor 95.000 Besuchern im Olympiastadion - am Tag des militärischen Überfalls Nazi-Deutschlands auf die Sowjetunion - einen 0:3-Rückstand in einen Sieg verwandelten. Nicht zuletzt deshalb gab es im Nachhinein die Interpretation, dass die Nazi-Obrigkeit eigentlich einen Sieg von Schalke gewünscht hatte, das Finish der Wiener demnach ein "österreichpatriotischer Widerstandsakt" gegen das Dritte Reich war.
Forster relativiert: "Die Verschwörungstheorie, Schalke 04 sei schon vor Anpfiff als Sieger festgestanden, passt natürlich gut ins Bild. Umgekehrt gibt es auch in Deutschland hartnäckige Schiebungsgerüchte, die 'Ostmark' habe gerade zum Zeitpunkt des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion eine moralische Stärkung gebraucht. Beweise sind nicht zu erbringen, aber der Umstand, dass beide Seiten eine Manipulation aus politischen Gründen vermuten, ist für mich ein gutes Indiz, dass das Match nicht abgekartet war."
Rütteln am Widerstandsmythos
Auf Schalke wurde vor zehn Jahren am Widerstandsmythos aus Österreich gerüttelt: "Das Spiel war gesteuert", wurde Herbert Burdenski, als 19-Jähriger Finalteilnehmer, 1999 in dem Buch "Stürmer für Hitler" zitiert. "Die Ostmark sollte einen Meister haben. Wie sonst ist es zu erklären, dass Rapid zwei fragwürdige Elfmeter bekommen hat?"
Die Überlieferungen, dass die Nazis auf den Sieg der Wiener kühl reagierten, Adolf Hitler sogar vor Zorn tobte, und Schalkes Name schon vor dem Spiel in den Pokal eingraviert worden war, tat der 2001 verstorbene Burdenski als "Show" ab: Der Schalker "Spielführer" Ernst Kuzorra habe sich daher auch geweigert, von Reichssportführer Hans von Tschammer die Silbernadel für den zweiten Platz entgegenzunehmen.
Keine Strafe für Rapids Meisterkicker
In Österreich wiederum wurde erzählt, Binder & Co. seien kurz nach dem legendären Match als "Strafe" an die Front geschickt wurden. Das ist durch "Fakten widerlegt", meint Forster, der sich gezielt mit dem Thema "Fußball unterm Hakenkreuz" und der jüdischen Geschichte dieses Sports in Österreich auseinandersetzt. "Ich habe mir Akten angesehen, die deutlich zeigen, dass zwischen dem Finalsieg und einem Fronteinsatz kein Zusammenhang besteht. Die meisten Rapid-Spieler waren bereits eingerückt, in der Regel auf recht sicheren Posten in Wien, und wurden erst im weiteren Verlauf des Krieges zu Kampfeinsätzen abkommandiert."
Rapids Sieg von 1941 birgt ein weiteres Problem. "Ein 'großdeutscher' Meistertitel zieht auch schnell Beifall von der falschen Seite nach sich", warnt Forster vor einer Vereinnahmung durch Fans aus dem rechten Lager. Sein Fazit über den "unbestritten großen sportlichen Erfolg" lautet daher: "Es ist wichtig, die damaligen Verhältnisse zu beachten und differenziert damit umzugehen. Umgekehrt macht es auch keinen Sinn, aus hehren Motiven heraus irgendwelche Heldensagen und Widerstandslegenden zu stricken."
(apa/red)