Ein Tiroler Fünf-Sterne-Hotel in der Hand des russischen Geheimdienstes: Seit zwei Wochen schwirren Agenten der Kreml-Sicherheitsbehörden durch das noble Hospiz in St. Christoph. Das Hotel wird für 48 Stunden zur Kommandozentrale der zweitgrößten Weltmacht umfunktioniert. Denn von Freitag abend bis Sonntag nimmt Präsident Wladimir Putin im Hospiz Quartier, um den zweiten Teil seines Arbeitsbesuches in Österreich - ein Treffen mit
Bundeskanzler Wolfgang Schüssel - zu absolvieren.
Zuvor konferiert Putin in Wien mit Bundespräsident Thomas Klestil, SPÖ-Vorsitzendem Alfred Gusenbauer, Nationalratspräsident Heinz Fischer und Grünen-Chef Alexander Van der Bellen und legt am Denkmal der Roten Armee am Wiener Schwarzenbergplatz einen Kranz nieder. Dabei stets an Putins Seite: der Mann mit dem Atomkoffer.
Aufregung um Neutralität
Für Aufregung ist aber nicht nur in St. Christoph gesorgt, sondern auch auf dem glatten Parkett der Diplomatie. Grund: Die Aussagen von Rußlands Botschafter in Österreich, Alexander Golowin, vergangene Woche im Gespräch mit FORMAT. Die Föderation betrachte Österreichs Neutralität als "immerwährend", erklärte Golowin. Ein Beitritt zur Nato komme für Moskau nicht in Frage. Golowins scharfe Worte kamen nicht aus heiterem Himmel. Martin Malek,
GUS-Spezialist in der Landesverteidigungsakademie: "Man muß diese Aussagen im Zusammenhang mit der Gesamtstrategie Rußlands in puncto Nato-Erweiterung sehen. Sie passen hunderprozentig in den Kontext der russischen Außenpolitik."
Doch jetzt ist das Gesprächsklima vergällt. Außenministerin Benita Ferrero-Waldner und ÖVP Nationalratspräsident Werner Fasslabend geißelten die Statements des Botschafters als Einmischung in innerstaatliche Angelegenheiten.
Von sich aus wird die Regierung das Reizthema nicht ansprechen - "warum sollten wir auch?", heißt es am Ballhausplatz selbstbewußt. Bleibt eben mehr Zeit dafür, die Ergebnisse des WM-Slaloms der Herren zu diskutieren, den sich Präsident Putin und Kanzler Schüssel am Samstag gemeinsam in St. Anton zu Gemüte führen.