ORF 1 ist ein reiner Spaßsender

Regulierungsbehörde attestiert dem ORF Unterhaltungslastigkeit. Konkurrenz spöttelt

Ein gutes Zeugnis für den jungen Privatsender Servus TV und ein durchwachsenes Ergebnis für den ORF und ATV zeitigt die Programmanalyse der heimischen Fernsehsender im Auftrag der Rundfunkregulierungsbehörde RTR, die insgesamt "mehr Vielfalt im TV" attestiert. Der erstmals berücksichtigte Privatsender aus dem Hause Red Bull sei keine Kopie bestehender Vollprogramme, sondern liefere Information mit Schwerpunkt auf Sachthemen. Der ORF weist laut Studie dagegen im ersten Kanal 83 Prozent im Sektor Unterhaltung aus und damit mehr als die Privatsender. Auch der Anteil an Parallelprogramm habe sich im Vergleich zu 2009 fast verdoppelt. ATV hat dagegen laut Studienfazit "sein Programmprofil noch nicht ganz gefunden".

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Programmanalyse - ORF 1 ist ein reiner Spaßsender

Der ORF zeichnet sich durch eine "stabile Programmspartenstruktur" aus, jedoch mit deutlich unterschiedlichem Fokus. "ORF eins ist im Wesentlichen ein Serienprogramm, wenn man es verkürzt sagen will", fasste der Kommunikationswissenschafter Jens Woelke die vorliegenden Fakten zusammen. Er hat für seine Querschnittanalyse die Daten einer Woche des vergangenen April für die Vollprogramme ORF eins, ORF 2, ATV, Puls 4 und Servus TV herangezogen und die Studie in vergleichbare Untersuchungen aus Deutschland und der Schweiz eingebettet. Lob gab es für das umfangreiche Kinderprogramm im ersten Kanal. ORF 2 sei dagegen ausgewogener und biete hohe Informationsvielfalt und einen fernsehpublizistischen Anteil von 42 Prozent.

ORF 1 nur noch "Spartenprogramm für Unterhaltung"
Angesichts der Daten von ORF eins stellten die privaten Mitbewerber von ATV und Puls 4 polemisch die Frage, ob der Kanal nicht schon mehr ein Spartenprogramm für Unterhaltung darstelle. Der öffentlich-rechtliche Sender, der die Studie und deren Methodik grundsätzlich infrage stellt, hält dem entgegen, dass es nicht um "Ein-Kanal-Vielfalt" gehen könne, sondern man für eine Bewertung das Gesamtprogramm beurteilen müsse. Dieses sei jedoch verwechselbarer geworden, wie die Studie erläutert. Allein der Anteil an Parallelprogrammierung sei etwa bei ORF eins von 15 auf 28,2 Prozent gestiegen. Das Unverwechselbarkeitsgebot untersage es dem ORF nicht, amerikanische Serien zu zeigen, wurde vom ORF erwidert, die parallelen Ausstrahlungen seien auch auf Koproduktionen mit anderen Sendern zurückzuführen.

ATV sucht sein Programmprofil noch
"Der ORF muss mit Engelszungen Defizite schönreden", konstatierte ATV-Chef Ludwig Bauer, der angesichts der Studie aber selbst nur bedingt Grund zur Freude hatte. Zwar ist der Unterhaltungsanteil seines Senders im Vergleich zu 2009 von 53 auf 45 Prozent zurückgegangen, der höhere Anteil an fernsehpublizistischen Sendungen beschränkt sich jedoch vorwiegend auf Informationsunterhaltung und vor allem "Human Touch"-Themen. Der gleichzeitig gestiegene Umfang von Teleshopping-Formaten unterstreiche den Eindruck, dass der Sender "sein Programmprofil noch nicht ganz gefunden" hat, hieß es. Bauer kündigte an, den Informationsanteil in den kommenden Jahren um weitere fünf Prozent steigern zu wollen.

Puls 4 "informiert" vor allem zum Frühstück
Puls 4 und Servus TV hatten unterdessen Grund zur Zufriedenheit. Puls 4 liegt bei einem Anteil von 50 Prozent Unterhaltung und 24 Prozent Fernsehpublizistik, also Informations- und informative Unterhaltungssendungen, und zeichnet sich programmprofiltechnisch laut Studie durch "eine deutlich höhere Binnenvielfalt als ATV oder ORF eins" aus. Den Mammutanteil der Puls 4-Information machen allerdings Verbraucher- und Gesundheitsthemen aus, die vor allem im Frühstücksfernsehen behandelt werden. Einen "ungewöhnlich hohen fernsehpublizistischen Anteil für einen privaten Sender" (Woelke) verzeichnete der Neueinsteiger Servus TV mit insgesamt 71 Prozent (zu 7 Prozent Unterhaltung), der Sender ist jedoch wenig tagesaktuell und arbeitet viel mit Wiederholungen. Das kurze Statement des Senders: "Wir wollen, dass Niveau eine Heimat hat."