Gillian Anderson: Eine Liebe mit neuen Regeln

Die "Akte X"-Schauspielerin fand mit einer Liste zum neuen Liebesglück

Seit vier Jahren sind "Akte X"- Star Gillian Anderson und "The Crown"-Schöpfer Peter Morgan ein Paar, Staffel vier des Netflix-Hits ist ihre erste gemeinsame Arbeit. Privat sind sie glücklich, weil seine Hosen auf dem Fußboden sie nichts angehen.

von Gillian anderson Peter Morgan © Bild: Getty/Winter

Die Szene barg partnerschaftliches Konfliktpotenzial. Gillian Anderson schenkte ihrem Lebenspartner, Drehbuchautor Peter Morgan, ein liebevolles Lächeln. Er war auf Kurzbesuch bei den Dreharbeiten, sie wartete in Businesskostüm mit hochtoupierten Haaren auf ihren Einsatz. "Das ist Thatcher! Genau diese Lächeln ist es!", rief er begeistert. Worauf sie richtig stellen musste: "Nein, das bin ich. Das ist mein Lächeln!" Die attraktive Schauspielerin erzählt im "Harper's Bazaar"-Gespräch lachend davon, wie der Herzensmann sie glatt mit ihrer Rolle, Großbritanniens "Eiserner Lady", verwechselte.

Man kann es als Kompliment des Mannes verstehen, der seit vier Jahren in der Netflix-Erfolgsserie "The Crown" den Lebensweg von Queen Elizabeth II. voll politischer Rivalitäten und Romanzen nachzeichnet. In der vierten Staffel, die ab 15. November Ereignisse der 70er-und 80er- Jahre beschreibt -samt Debüt der jungen Lady Di (Emma Corrin) -, arbeiten die US-Amerikanerin und der Brite nach vier Jahren als Paar erstmals zusammen. Die Regeln dafür haben sie zuvor festgelegt. "Zum Wohl unserer Beziehung ist die Arbeit nach einer klaren Abmachung gelaufen: Ich hinterfrage dein Drehbuch nicht, dafür darfst du keine Kommentare zu meiner schauspielerischen Leistung abgeben", erzählt die 52-Jährige.

Das Ergebnis beeindruckt. Die als hocherotischer "Akte X"-Star berühmt gewordene Schauspielerin transformiert nicht nur zur kontroversiellsten Briten-Chefin aller Zeiten, sondern weckt sogar Sympathien für Margaret Thatcher. Jene Premierministerin, deren Politik 1984 den Bergarbeiterstreik auslöste, das Land in den Falklandkrieg und durch der Kopfsteuer in arge Konflikte führte.

Mit unbeeindruckt lächelnder Miene quittiert sie in Andersons Darstellung die Warnung der Queen vor Arbeitslosigkeit, Rezession und gewalttätigen Demonstranten. "Es ist gefährlich, sich vom linken bis ins rechte Lager Feinde zu machen", meint die Monarchin lecith von oben herab. Da legt Englands erste Premierministerin den Kopf mit der toupierten Frisur in die typische Schräglage und stellt selbstbewusst die rethorische Frage: "Und was, wenn ich jemand bin, der sich unter Feinden wohlfühlt?"

Emphatie mit der Eisernen Lady

Der sozial engagierten Anderson gelang es, dem Schaffen der meistgehassten britischen Politikerin wertfrei zu begegnen, erzählt sie. "Es geht mir um sie als Mensch und ihre Beweggründe als Politikerin und Mutter." Zudem gibt sie zu, sich in Thatchers überzeugtem Handeln durchaus wiederzufinden. "Sie konnte nicht anders, als volle Kraft voraus ihre Ziele zu verfolgen. Wer mich kennt, sagt über mich wohl dasselbe. Ich mag es auch, Dinge anzugehen. Wenn es ein Problem gibt, lass uns darüber reden", erklärt Anderson.

Engagiert bleibt sie im persönlichen Umfeld, unter anderem für die Black-Lives- Matter-Bewegung: "Ich habe Möglichkeiten, die ich nutze, aber ich verbreite meine Meinung nicht über soziale Netzwerke, weil das nicht meine Welt ist. Ich bin Schauspielerin, keine Politikerin oder Sozialarbeiterin."

Meinungsstark ging Gillian Anderson beruflich in den neun Jahren, in denen sie seit Anfang der 90er-Jahre Agent Scully mimte, ihren Weg. Als die Produzenten sie damals wegen ihrer ersten Schwangerschaft mit Tochter Piper, heute 26, austauschen wollten, blieb sie. "Ich habe ich gelernt, mich abzugrenzen, als ich ganz jung Mutter wurde. Ich war entweder voll und ganz Scully oder hinter der Tür meines Wohnwagens Mama."

Nach ihrer ersten Ehe mit Art Director Errol Clyde Klotz und einer zweiten mit dem Journalisten Julian Ozanne bekam sie zwei Söhne, heute zwölf und 14, mit dem englischen Geschäftsmann Mark Griffith. Bereits nach Ende der "Akte X"-Ära, die ihr je einen Emmy und Golden Globe einbrachte, zog sie nach London, reüssierte dort am Theater und ist seit 2019 im Netflix-Hit "Sex Education" als exzentrische Sexualtherapeutin zu sehen.

Eine kreative Beziehung

Zwei Scheidungen und eine Trennung formten privat ihren Weg zum heutigen Liebesglück mit dem mehrfachen Golden-Globe-Preisträger Peter Morgan. "Meine Bedürfnisse in einer Beziehung sind nicht verhandelbar", erklärt sie gegenüber der britischen "Sunday Times Style".

Eine Liste half ihr ins Glück. "Nach meiner letzten Trennung hat mich ein Freund ermutigt, eine Liste zu schreiben, was ich mir von meine zukünftigen Partner erwarte. Das macht es einfacher, bei einem Date zu erkennen, wenn diese Person, sagen wir, drei deiner Wünsche nicht erfüllt. Dann ist es nicht der richtige Partner. Es mag zu einer Beziehung reichen, aber die wird dich nicht glücklich machen." Sie wusste genau, was sie wollte, als Morgan, sechsfacher Vater aus der Ehe mit Lila Schwarzenberg, in ihr Leben trat. Zuvor hatte sie 2016 ihr Buch fertiggestellt. Der Titel: "Wir -Ein Manifest für Frauen, die mehr vom Leben wollen".

Mit Morgan führt die dreifache Mutter eine Beziehung, die traditionellen Mustern widerspricht. "Man muss nicht immer befolgen, was von einem erwartet wird. Mein Partner und ich leben nicht zusammen. Das wäre unser Ende", erzählt sie der "Times"."Es ist großartig, wie es ist, weil es sich besonders anfühlt, wenn wir einander treffen. Wenn wir uns sehen, ist es eine Entscheidung, und vorher kann ich die Person vermissen. Das ist ein schönes Gefühl." Außerdem sei es befreiend, meint sie, keine Sorgen zu haben, wer im Fall einer Trennung das Haus behält. Als "neue Kreativität" bezeichnet sie den modernen Blick auf Beziehungen, den sie verteidigt. Das bedeute nicht, partnerschaftliche Verantwortung weniger ernst zu nehmen.

Und dann beschreibt sie die kleinen Vorteile der modernen Liebe im Alltag: "Wenn im Haus meines Partners eine Hose auf dem Boden liegt, kann ich darübersteigen, ohne das Gefühl zu haben, dass sie mich auch nur das Geringste angeht."