Süchtig nach Pokemon Go?

Wie groß die Gefahr wirklich ist, dass die virtuelle Monsterjagd zur Sucht wird

Die virtuelle Monsterjagd ist noch nicht vorbei. Es wird gesammelt, gekämpft, ausgebrütet ... und mitunter eine Menge Geld ausgegeben, um möglichst schnell ans Ziel zu kommen. Während die einen Pokemon Go als nette Freizeitbeschäftigung sehen, scheint sich bei anderen alles nur mehr um dieses eine Spiel zu drehen. Sind sie etwa süchtig nach Pokemon Go? Geht das überhaupt? Und wenn ja, woran erkennt man eine mögliche Pokemon-Go-Sucht?

von
Am Prüfstand - Süchtig nach Pokemon Go?

In erster Linie wäre demnach zu klären, wann man überhaupt von Sucht spricht. "Wenn das Verlangen nach einer Sache so stark ist, dass alles andere in den Hintergrund rückt", erklärt Prof. Peter Berger, Leiter der Ambulanten Behandlungseinrichtung Spielsuchthilfe. "Wenn sich das ganze Leben nur mehr um dieses Spiel dreht und man dadurch Studium oder Beruf, Freunde und Familie vernachlässigt", erläutert Prof. Dominik Batthyany, Leiter des Instituts für Verhaltenssüchte an der Wiener Sigmund Freud Privatuniversität. "Wenn man den Eindruck hat, die Kontrolle über das eigene Spielverhalten verloren zu haben. Wenn man nicht mehr will, aber das Gefühl hat, trotzdem weitermachen zu müssen."

Birgt Pokemon Go also Suchtgefahr? Nicht mehr und nicht weniger als andere Spiele, meint Batthyany. "Alles kann irgendwie in eine Sucht entgleiten." Daher sollte man sich selbst beobachten, auf mögliche Anzeichen achten. Dennoch sieht er den Hype um das Spiel gelassen. Ein Fall von Sucht sei ihm hier jedenfalls noch nicht untergekommen. Dem pflichtet Berger bei. Ihm zufolge gebe es keinen Hinweis, dass die virtuelle Monsterjagd Suchtpotenzial hat. "Das Spiel gewinnt nicht so eine zentrale Lebensbedeutung, wie es bei Sucht ja eigentlich der Fall ist. Dass zum Beispiel jemand seine Arbeit aufgibt, um Pokemon Go zu spielen, nicht mehr auf seine Gesundheit achtet oder durch das Spiel in eine finanzielle Notlage gerät - das sieht man in der Praxis nicht."

»Wir sehen Betroffene, die ihre Wohnung nicht verlassen. Und dann kommt ein Spiel, bei dem man an die frische Luft gehen muss.«

Abgesehen davon handelt es sich Berger zufolge bei Pokemon Go doch eher um "eine vorübergehende Sache". Die aber, da sind sich die Experten einig, durchaus Vorteile hat. "Die Leute gehen hinaus, in die Natur. Sie bewegen sich", betont Berger. Und noch mehr als das: "Wir sehen Betroffene, die zuhause sitzen, ihre Wohnung nicht verlassen und keinen Kontakt zu anderen Menschen haben. Und dann kommt ein Spiel, bei dem man an die frische Luft gehen muss. Bei dem man mit anderen Spielern trainieren oder gegen sie antreten kann", sagt Batthyany. Man wird aus der Wohnungsisolation herausgeholt und kommt fast zwangsläufig mit anderen Menschen in Kontakt.

Apropos Bewegung: In gewisser Weise ist Pokemon Go ja auch mit Anstrengung verbunden. Dementsprechend unwahrscheinlich sei es, der virtuellen Monsterjagd täglich zwölf Stunden oder länger zu frönen. Nicht unmöglich, aber unwahrscheinlich, was wiederum das Suchtpotenzial verringert, vermutet Batthyany. Berger vergleicht das Spiel mit der herbstlichen Schwammerlsuche. Man bewegt sich, sucht, findet und freut sich. Natürlich gebe es auch hier einige, die die Suche intensiver betreiben. "Trotzdem ist sie meist zeitlich begrenzt und macht keine Suchtprobleme im engeren Sinn. So ähnlich ist das auch bei Pokemon Go."

»Es gibt immer die, die sich besonders reinhängen. Ich glaube aber, dass sich das finanziell eher in Grenzen hält.«

Und wie steht es um den finanziellen Aspekt? Immerhin kann man bei Pokemon Go Hunderte an Euro ausgeben, um schneller ans Ziel zu kommen. "Es gibt immer die, die sich besonders reinhängen", weiß Berger. "Ich glaube aber, dass sich das finanziell eher in Grenzen hält." Die Möglichkeit, Tools zuzukaufen, würde das Suchtpotenzial jedenfalls nicht verstärken. "Wenn aber jemand zu mir kommt und sagt, dass er alles andere vernachlässigt, die Kontrolle verliert, nicht mehr ansprechbar ist - und auch schon viel Geld für das Spiel ausgegeben hat, dann würde ich aufhorchen. Das könnte ein weiteres Indiz für eine Sucht sein", warnt Batthyany. Eine Sucht, wie sie sich bei Pokemon Go bis dato noch nicht gezeigt hat.

Weiterführende Links:

Therapie- und Beratungsstelle für Mediensucht
Ambulante Behandlungseinrichtung Spielsuchthilfe

Kommentare