Wie gefährlich ist die Pille?

Immer mehr Frauen fürchten die gefährlichen Nebenwirkungen

Ein paar Tage noch. Dann ist es wieder so weit. Daniela K. bekommt ihre Menstruation. Sie fürchtet sich schon, denn sie leidet an diesen Tagen nicht nur an höllischen Schmerzen und unerträglichen Migräneattacken, sondern auch an Schwindel und Übelkeit. Ihre Beschwerden sind oft so schlimm, dass sie nicht einmal zur Arbeit gehen kann.

von Anti-Baby-Pille © Bild: Shutterstock.com

Die Frauenärztin verschreibt ihr die Pille Cerazette, um den Menstruationszyklus zu unterbrechen. Warum die Ärztin gerade diese Pille ausgewählt hat, sagt sie nicht. "Vielleicht bekommen Sie eine schönere Haut", meint sie nur schmunzelnd. Ob Daniela K. raucht oder an hohem Blutdruck leidet, fragt sie nicht. Über Risiken, die mit der Einnahme der Antibabypille verbunden sind, klärt die Ärztin ihre 40-jährige Patientin nicht auf.

Alt versus neu

Daniela K. ist verunsichert. Sie weiß nicht, ob sie die Pille wirklich nehmen soll. Sie fragt sich: Lieber ein oder zwei Tage leiden als vielleicht täglich und das ganze Leben?

In den letzten Monaten wurde vermehrt von enormen Gefahren und Nebenwirkungen der Pille berichtet. Von Thrombosen, Lungenembolien, Herzinfarkten und sogar von Todesfällen. Mindestens eine halbe Million Frauen nehmen in Österreich die Antibabypille. Tatsächlich wurde schon bei der Einführung der Pille in den 1960er-Jahren bewiesen, dass diese die Thrombosegefahr erhöht. Dabei bildet sich an der Wand eines Blutgefäßes ein Blutgerinnsel. Reißt dieser Pfropf ab und wandert in die Lunge, spricht man von einer Lungenembolie - und die kann lebensbedrohend sein.

Doch das Risiko ist nicht bei allen Pillenmarken gleich groß. Derzeit sind 120 verschiedene Pillen auf dem Markt. Die moderneren Präparate enthalten die Hormone Dienogest, Drospirenon, Desogestrel, Chlormadinon oder Nomegestrol und stehen vermehrt im Fokus der Kritik. Sie bergen ein doppelt so hohes Thromboserisiko wie Pillen der ersten oder zweiten Generation (mit den Wirkstoffen Levonorgestrel, Norgestrel oder Norethisteron).

Trotzdem sind die neueren Pillen Kassenschlager. Warum werden sie trotz Warnungen der Arzneimittelbehörden von Ärzten weiterhin verschrieben? Die Pillen Yaz, Yasminelle und Yasmin werden schon länger mit einem erhöhten Thrombose-und Embolierisiko in Verbindung gebracht. Trotzdem rangieren sie in Österreich unter den Top Fünf der meistverschriebenen Präparate.

Die neueren Pillen werden von den Pharmaherstellern besonders beworben, viele Ärzte bekommen Probepackungen und Geschenke. Und auch Ärzte lassen sich eben von Werbung beeinflussen, erzählen Gynäkologen. Außerdem haben die Pillen der neuen Generation einige Vorteile im Gegensatz zu älteren Präparaten. Sie machen eine schöne Haut, man nimmt nicht zu, und sie sind gut verträglich. Das wissen auch viele Frauen. Sie kommen oft in die Praxis der Ärzte und verlangen gezielt eine bestimmte Pillenmarke. Nicht selten bekommen sie das Rezept sogar von der Sprechstundenhilfe ausgestellt, ohne Rücksprache mit dem Arzt.

"In den vergangenen Jahren sind einzelne Thrombosefälle, die unter der Pille aufgetreten sind, so intensiv in den Medien diskutiert worden, dass der Eindruck entstanden ist, jede Frau, die die Pille nimmt, wäre thrombosegefährdet", sagt die Gynäkologin Doris Gruber. "Tatsächlich findet man ein derartiges Thromboserisiko, wie es jetzt den Präparaten der dritten Gestagengeneration angelastet wird, bei jedem neuen hormonellen Präparat, das auf den Markt kommt. Allerdings weist jede Schwangerschaft ein deutlich höheres Thromboserisiko auf als die Einnahme der Pille", sagt die Ärztin. Und es ist nicht die Pille allein, die zu Problemen, Nebenwirkungen und zu Interaktionen führt, sondern die unsachgemäße und sorglose Verschreibung beziehungsweise Einnahme.

Die Pille gegen Akne

Viele Experten finden, dass die Pille viel zu schnell und unbedacht verschrieben wird. Sie hat den Frauen in den letzten 50 Jahren natürlich sehr geholfen. Ärzte seien jedoch viel zu leichtsinnig damit umgegangen, sagt Gruber. Die Pille ist eben kein Lifestyle-Produkt, das man zwischendurch schnell einmal verschreibt, sondern ein Medikament mit Nebenwirkungen. Bevor die Pille verschrieben wird, sollten also wichtige Punkte beachtet werden.

Sehr wichtig ist das Einstiegsalter: Viele Mädchen bekommen die Pille schon mit 14 Jahren, teilweise auch schon mit zwölf verschrieben. Sie nehmen das Mittel nicht nur zur Verhütung, sondern oft auch wegen Akneproblemen oder zur Regulierung der Menstruation. Frauenärzte raten jungen Mädchen, die Pille erst dann zu nehmen, wenn sie bereits fünf Jahre lang die Menstruation haben. Alle Frauen haben eine verstärkte Neigung zu Thrombose. Mit der Einnahme der Pille greift man in das weibliche Hormonsystem ein. Je früher das geschieht, desto stärker und eher kann es zu Problemen kommen.

Auch Frauen über 40 sollten die Pille nicht nehmen. Mit zunehmendem Alter erhöht sich die Thrombosegefahr. Die Einnahme der Pille erhöht das Risiko also zusätzlich. Mädchen und Frauen, in deren Familie es Brustkrebs gibt, sollten die Pille keinesfalls vor dem 18. Lebensjahr nehmen - und nicht länger als zehn Jahre. Auch Raucherinnen sollten auf die Pille verzichten.

Ärzte und Arzneimittelbehörden raten Frauen, lieber die Pillen der ersten und zweiten Generation mit dem niedrigeren Risiko zu nehmen. Sie verhüten genauso sicher. Nur wenn Frauen die Pille mit Levonorgestrel nicht vertragen, sollten sie auf ein neueres Medikament umsteigen. Wissenschaftlich belegt ist auch: Schon die sechsmonatige Einnahme der Antibabypille verringert die Lust auf Sex. Auch eine Verhütungsmethode.

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