Stromausfall bei Pet Shop Boys
in der Wiener Staatsoper

Bei "It's A Sin" standen die Electro-Jungs ohne Sound da

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Jazz Fest Wien - Stromausfall bei Pet Shop Boys
in der Wiener Staatsoper

Die Routiniers ließen sich von der mehrminütigen Zwangspause jedoch nicht dauerhaft irritieren, hatten sie zu diesem Zeitpunkt doch ihr Publikum bereits gänzlich in der Hand. Am Anfang war das Licht gestanden - die Show der Pet Shop Boys ist angesichts des flackernden Spotgewitters nichts für Epileptiker. Aber wer zu einem der Konzerte des britischen Duos kommt, weiß, worauf er sich einzustellen hat, sind die Pet Shop Boys mit über 100 Millionen verkaufter Tonträger doch alte Hasen im Geschäft.

Während Neil Tennant, der am Donnerstag 60. Geburtstag feiert, mit seiner charakteristisch nasalen Stimme singt, spielt sein 54-jähriger Partner Chris Lowe kommentarlos Keyboard. Doch die beiden haben um sich herum eine durchchoreografierte Show konzipiert, die bewusst die Künstlichkeit in den Vordergrund stellt - hier geht es nicht um den "authentischen" Künstler, der ausgiebig mit dem Publikum quatscht und unplugged seine Nummern zum Besten gibt. Während zwei Tänzer im fliegenden Wechsel der Outfits die Bühne dynamisieren, erscheinen auch die beiden Hauptprotagonisten mal als Flaschenbürste, mit einer Discokugel am Kopf oder mit Stierhörnern.

War ihr voriges Album "Elysium" noch lyrisch-melodischer, setzen die Pet Shop Boys mit ihrer aktuellen Platte "Electric" auf tiefere Bässe und schnellere Beats - der Dancefloor hat sie wieder. Und so standen am Anfang auch in der Staatsoper Nummern aus "Electric", mit denen die Briten phasenweise frappant an Kraftwerk erinnern. Das mit einem Motiv des Komponisten Michael Nyman konzipierte "Love is a bourgeoise construct" sorgte dann als erster Höhepunkt für Bewegung im Publikum. Überhaupt betätigen sich die selbst oft gecoverten Pet Shop Boys diesmal als Remixer, kommen doch auch Strawinskis "Sacre du printemps" oder Bernsteins "Somewhere" aus der "West Side Story" zu Ehren, während für die Nummer "Thursday" der Rapper Example via Videozuspielung als Duettpartner für Tennant fungiert.

Die Zuschauer in der Staatsoper endgültig von den Sitzen riss dann aber selbstredend mit "Suburbia" der erste Oldie des Abends. Und die Menge konnte gleich stehen bleiben, ließen die Pet Shopler doch von "West End Girls" über "Always on my Mind" bis zu "Go West" keinen der alten Hits aus - inklusive "It's a Sin", bei dem sie sich auch vom Stromausfall nicht dauerhaft bremsen ließen.

Am Ende dieses alle Sinne ansprechenden Gesamtkunstwerks geht dann ein Konfettiregen auf die Menge nieder und die Disco ist vorüber. Die beiden Veteranen des Pop haben die Gewissheit, den breiten Orchestergraben als Barriere zwischen sich und den Zuschauer mühelos überwunden zu haben.

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