Das Ende der Ära Schüssel

Gusenbauers überraschender Wahlsieg vor zehn Jahren

von Peter Pelinka © Bild: NEWS

Die Nationalratswahl vor zehn Jahren beendete eine Hochschaubahn der (Partei-)Gefühle: Bis März lag die oppositionelle SPÖ unter Alfred Gusenbauer bei Umfragen klar vor der ÖVP unter Kanzler Wolfgang Schüssel, dem vor allem Dauerprobleme mit seinen blauen, dann orangen Partnern schadeten. Dann änderte die Bawag-Affäre um die damalige Gewerkschaftsbank alles: Nachdem deren hohe Verluste nach extrem spekulativen Geschäften bekannt geworden waren, trat ÖGB-Chef Fritz Verzetnitsch zurück, mehrere Bank- und Gewerkschaftsfunktionäre mit Ex-Generaldirektor Helmut Elsner und dem Investmentbanker Wolfgang Flöttl an der Spitze kamen vor Gericht, die traditionell enge Verbindung zwischen ÖGB und SPÖ wurde von der schwarz-orangen Regierung im Wahlkampf politisch weidlich ausgenutzt. Die Folge: Im Sommer lag die ÖVP in Umfragen fünf Prozent vor der SPÖ, die Strache-FPÖ kämpfte mit den Grünen unter Van der Bellen um Platz drei – und vor allem mit der BZÖ-Abspaltung unter Haider/Westenthaler.

Umso größer die Überraschung am Wahlabend des 1. Oktober: Die SPÖ eroberte mit geringfügigen Stimmenverlusten 35,34 Prozent und damit Platz eins, die ÖVP verlor aber gegenüber Schüssels Wahltriumph 2002 (42 Prozent!) viel mehr und landete mit 34,33 Prozent nur auf Platz zwei. Die Grünen verwiesen mit 11,05 Prozent die Blauen (11,04 Prozent) auf Platz vier, das BZÖ schaffte ebenso hauchdünn mit 4,11 Prozent den Einzug ins Parlament. Der lang unterschätzte Fighter Gusenbauer wurde Chef einer rot-schwarzen Regierung, sein Vizekanzler Wilhelm Molterer auch Finanzminister.


In dieser Funktion löste er Schüssels Liebling Karl-Heinz Grasser ab. Von Haider entdeckt und gefördert, war KHG 2002 aufs schwarze Ticket gewechselt und hatte bei dieser Wahl maßgeblich zum größten Erfolg der ÖVP seit 1966 beigetragen. Nach der Wahl 2006 musste er gehen, obwohl noch längst nicht alle Facetten seiner zwiespältigen Amtsführung bekannt geworden waren (manche sind es bis heute nicht). Dem alten ÖVP-Fuchs Andreas Khol blieb es vorbehalten, seine Partei vor weiterem Schaden zu bewahren: Er wehrte Schüssels Plan ab, Grasser an die Parteispitze zu bringen.

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