Solider Reife-Prozess

"Lightning Bolt": Pearl Jam bleiben sich am neuen Album selbst treu

von Pearl Jam - "Lightning Bolt" © Bild: Universal

Die zweitgroße Stärke von Pearl Jam war es immer schon, Musik zu schaffen, die sich dem Hörer nicht sofort erschließt. Für Pearl Jam muss man sich Zeit nehmen zum Kennenlernen, zum Gefallen lernen. Hat man diesen Prozess einmal hinter sich, lässt einen die Musik nicht mehr los. Darum darf sich die Truppe rund um Eddie Vedder weltweit auf eine eingeschworene Fangemeinde verlassen, die ihre Band stets treu begleitet, die großen Hits einzelner Songs blieben dadurch – bis auf „Alive“ – aber aus. Zur Freude der nicht kleinen aber auch nicht ausufernd großen Fangemeinde à la Springsteen oder U2.

Von hohen Tempi...

Lightning Bolt
© Universal

Eines vorweg: Diesem Konzept bleibt Pearl Jam auch auf „Lightning Bolt“ treu. „Eh ganz gut“, so wohl der einhellige Tenor nach dem erstmaligen Hören der neuen Platte. Doch nach mehrmaligem Abspielen erschließt sich erneut die Vielfalt der einstigen Grundge-Rocker. Auf der ersten Single „Mind Your Matters“ spielten sich Vedder und Co. zunächst den ganzen Frust von der Seele. Schnell und wütend kommt der Song daher, der mit eingängigen Gitarren-Riffs und einem brillanten Mittelteil ein hohes Tempo vorlegt und live bestimmt die Hallen zum Kochen bringen wird. Ebenfalls schwer ruhig sitzen zu bleiben macht es das titelgebende „Lightning Bolt“, das vor allem in seinen Anfangstakten überzeugt, im Mittelteil allerdings etwas breiig wird, bevor es wieder an Fahrt gewinnt. In diese Kategorie ist auch der Anfangs-Kracher „Getaway“ einzuordnen, der zu Beginn gleich Lust auf mehr macht, ebenso wie das melodiös tanzbare „Swallowed Whole“, das Fans von grandiosen Live-Nummern wie „Unthought Known“ lieben werden.

...bis Vedder-Solo-Träumereien

Trotz dieser Power-Nummern finden sich auf „Lightning Bolt“ aber auch an Eddie Vedders Solopfade erinnernde "Schmusenummern", darunter das schöne weil reduzierte „Future Days“ oder „Sleeping By Myself“, ein Mix aus Vedders Ukulele-Songs und einem Tex-Mex-Stil à la Calexico.

Solide mit Live-Charakter

Somit ist „Lightning Bolt“ ein Jubiläums-Album, das von Brendan O’Brien perfekt produziert ist und für jeden Fan-Geschmack etwas beinhaltet. Auch wenn die Platte Songs vom Intensitäts-Kaliber eines „Better Man“ oder „Immortality“ etwas vermissen lässt, und im Gegensatz zu Anfang-Werken poppiger – oder einfach nur reifer? – daherkommt, haben die Rocker aus Seattle ein solides Werk abgeliefert, das zudem hohe Live-Qualität birgt. Denn das ist die größte Stärke von Pearl Jam: Sie sind wohl eine der besten, wenn nicht die beste Live-Band der Welt, die auch jeden nur mäßig guten Song live gespielt zu einem Erlebnis macht. Bleibt also bloß ein Wunsch offen: Dass die Jungs bzw. Männer bald die Reise über den großen Ozean antreten, um „Lightning Bolt“ auch hierzulande persönlich vorzustellen.

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