Schwarzer Trick:
Das geheime Vermögen der ÖVP

Laut Parteimanager wollte man ärmer wirken, um Fördergeld nicht zu gefährden.

Mehr Unterstützung vom Staat, als man unbedingt braucht? Nicht mit der ÖVP. Zumindest dann nicht, wenn es um Mindestsicherungsbezieher geht. Geht es jedoch um die eigene Parteikassa, hat man zumindest in der Vergangenheit das offenbar nicht ganz so eng gesehen.

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Parteifinanzierungsaffäre - Schwarzer Trick:
Das geheime Vermögen der ÖVP

News liegt eines der vielleicht entscheidendsten Dokumente in Zusammenhang mit der ÖVP-Parteifinanzierungsaffäre rund um die Agentur Mediaselect vollständig vor. Es handelt sich um das Protokoll der ersten Beschuldigteneinvernahme von ÖVP-Direktor Markus Keschmann vom 18. September 2014. Und in seiner Gesamtheit betrachtet, öffnet dieses 43 Seiten starke Papier dem Leser gleich in mehrerlei Hinsicht die Augen.

Kurz zur Ausgangslage: Die Justiz ermittelt seit 2013 intensiv wegen möglicher illegaler Parteifinanzierung. Laut Verdachtslage soll für die ÖVP bei der Agentur Mediaselect, die unter anderem Inseratenschaltungen in Printmedien koordiniert hat, ein „verdecktes Treuhandkonto“ existiert haben. Über dieses sollen via Scheinrechnungen Parteispenden von großen Unternehmen wie der Telekom, den Österreichischen Lotterien und der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich gelaufen sein. Es geht zumindest um 523.231 Euro, die von 2005 bis 2008 so abgewickelt worden sein sollen. Die Ermittlungen wurden zuletzt allerdings bis ins Jahr 2002 zurück ausgedehnt.

Brisante Antworten

Verbucht wurden diese mutmaßlichen illegalen Parteispenden bei der ÖVP nicht. Sie blieben bei der Mediaselect – zunächst als internes Guthaben für die Volkspartei, ab 2005 wurde dann ein eigenes Bankkonto eingerichtet, das agenturintern auch „ÖVP-Konto“ hieß. In der Mediaselect gab es eine Excel-Liste, in der die Ein- und Ausgaben verzeichnet wurden. Zu dieser wurde Parteimanager Keschmann vom Staatsanwalt befragt. Und die Antwort fiel politisch höchst brisant aus.

„Ich bin erstmals im Jahr 2005 mit dem ÖVP-Konto in Berührung gekommen“, sagte der ÖVP-Direktor aus, der damals noch in anderer Funktion für die Bundespartei tätig war. Das sei in Zusammenhang mit einer Gutschrift der Post aus einer Umsatzvereinbarung gewesen. Der damalige ÖVP-Direktor Michael Fischer habe begonnen, „für die Nationalratswahl 2006 anzusparen“, und habe, Keschmanns Wahrnehmung nach, entschieden, das Guthaben bei der Mediaselect als Vorauszahlung für zukünftige Kampagnen zu belassen.

„Nicht im Rechenschaftsbericht“

„Ich fand die Idee gut und schlüssig“, gab Keschmann beim Staatsanwalt zu Protokoll. Und dann kam der springende Punkt: „Nach den Angaben von Michael Fischer mir gegenüber wurde das Guthaben bei der MediaSelect GmbH belassen, damit wir es nicht im Rechenschaftsbericht angeben müssen, da wir finanziell ohnehin gut aufgestellt waren und wir nicht wollten, dass wir im Rechenschaftsbericht zu gut dastehen, da wir eine Diskussion über die Kürzung der Parteienförderung vermeiden wollten.“

Stimmt das, dann hätte die ÖVP Vermögen verheimlicht, um Förderungen nicht zu gefährden. Bei der Parteienförderung handelt es sich um Geld der öffentlichen Hand, also der Steuerzahler. Im bewussten Jahr 2005 kassierte die ÖVP übrigens mehr als sechs Millionen Euro. Stimmt die Darstellung von Parteidirektor Keschmann, hat sich die Volkspartei gar nicht so unähnlich verhalten, wer die von ihr vielgescholtenen Mindestsicherungsbezieher, die nebenher pfuschen gehen.

Der Verdacht der Justiz reicht freilich viel weiter: Vor dem Hintergrund der laufenden Ermittlungen und nach einer umfangreichen Sicherstellung in der Parteizentrale in der Wiener Lichtenfelsgasse hat sich die ÖVP im Jahr 2014 verpflichtet, insgesamt rund eine halbe Million Euro an jene Firmen zurückzuzahlen, deren Manager die mutmaßlichen illegalen Parteispenden geleistet hatten. Die Partei stottert das in zehn Jahresraten ab. Alle Betroffenen haben sämtliche Vorwürfe immer bestritten. Die ÖVP hat erklärt, an der Aufarbeitung aktiv mitzuwirken.

Ministerien-Bonus für die ÖVP

Spannend ist Keschmanns Aussage auch noch in Zusammenhang mit einem Thema, das News vor einem halben Jahr aufgedeckt hat: Die Volkspartei hatte nämlich augenscheinlich einen Weg gefunden, um von Inseratenaufträgen schwarz besetzter Ministerien und des Bundeskanzleramts unter Wolfgang Schüssel zu profitieren.

Das ÖVP-Guthaben in der Mediaselect speiste sich demnach auch aus jährlichen Boni, die der Volkspartei gutgeschrieben wurden, wenn schwarze Ministerien über die Mediaselect Inserate schalteten. Diese Anzeigen wurden freilich mit Steuergeld bezahlt. Und die ÖVP erhielt einen bestimmten Prozentanteil des Umsatzes. Dies lief Erkenntnissen der Justiz zufolge zumindest von 2002 bis 2011.

„Mündliche Absprache“

Keschmann sagte dazu beim Staatsanwalt aus: „Das war meines Wissens nicht schriftlich geregelt. Es muss sich um eine mündliche Absprache zwischen Fischer und G. (die damalige Mediaselect-Chefin, Anm.) gehandelt haben.“ Laut Keschmann fiel der Bonus für Umsätze an, die durch die „ÖVP-Familie“ getätigt wurden. Damit meine er „die Bundesorganisation samt Teilorganisationen, die Landesorganisationen, den Parlamentsclub, die Politische Akademie und die ÖVP-Minister“.

„Eine Art Vermittlungsprovision“

Wie bereits im März berichtet, rechtfertigt Keschmann den Parteibonus damit, dass die ÖVP als „Dooropener“ fungiert habe. Es sei „so eine Art Vermittlungsprovision“ gewesen. Es sei kein Geld der Ministerien an die ÖVP geflossen. Auch die Volkspartei bestritt zuletzt, dass Steuergeld an sie umgeleitet wurde: „Soweit Mediaselect der ÖVP für Bekanntgabe von Geschäfts- und Anbahnungsmöglichkeiten Provisionen gewährt hat, wie das im Agenturgeschäft branchenüblich und gang und gäbe ist, so erfolgte dies stets auf Kosten der Mediaselect“, hieß es im März in einer Stellungnahme.

Interessant ist freilich die Abwicklung: „Dass man diese Gutschriften nicht hin und her zwischen MediaSelect GmbH und ÖVP überwiesen hat, sondern bei der MediaSelect GmbH belassen hat, erscheint mir durchaus logisch, dass man jedoch diese Gutschriften nicht in die Buchhaltung der ÖVP übernommen hat, kann ich mir nicht erklären“, gab Keschmann zu Protokoll. Sehr wohl verzeichnet sind derartige Boni hingegen auf dem – laut Justiz – „verdeckten Treuhandkonto“ für die ÖVP in der Mediaselect.

Der Superpraktikant

Bezahlt wurden von diesem Konto verschiedene Kampagnen der ÖVP. Der Staatsanwalt hat Keschmann zu einzelnen davon befragt. Laut Aktenlage wurde zum Beispiel im Jahr 2010 der Betrag von 47.880 Euro mit dem Bonus 2009 gegenverrechnet. Dabei ging es laut Einvernahmeprotokoll um die Kampagne „Superpraktikant“. Wer sich erinnert: Die ÖVP hat damals öffentlichkeitswirksam den besten Kandidaten für ein einwöchiges, unbezahltes Praktikum bei Parteichef Josef Pröll gesucht. Gewonnen hat übrigens eine Kandidatin.

Die Frage ist natürlich, wer in der ÖVP entschieden bzw. zugestimmt hat, dass die Mediaselect derartige Gegenverrechnungen durchführt. In diesem Zusammenhang stachen den Ermittlern auch noch zwei Zahlungen vom ÖVP-Konto im Juli 2009 besonders ins Auge. Hier ginge es in Summe um 269.770 Euro. In diesem Fall dürften über das Guthaben vom ÖVP-Konto Ausgaben für Inserate und Plakate für die Europawahl 2009 verrechnet worden sein. 216.284,63 Euro davon liefen unter dem bezeichnenden Titel: „Komitee f. ehrliche Politik“.

Kommentare

Frustriert melden

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass unsere Politiker samt und sonders "Pfuscher" sind.

giuseppeverdi melden

Pfuscher? In diesem Wort liegt eine gewisse Ahnungslosigkeit dieser Leute. Aber bei der ÖVP ist was diese Angelegenheit angeht sicher niemand ahnungslos oder?

BigBadWolf melden

Die Schwarzen leben wie die Maden im Speck auf unser aller Kosten und kürzen gleichzeitig den Ärmsten die Mindestsicherung.
Daneben presst der schwarze Finanzminister uns Steuerzahler aus wie Zitronen. Damit hat er auch die Konjunktur ruiniert. Seine Vorgänger Pröll und Fekter haben bei der Hypo Alpe Adria Bank total versagt und den Schaden maximiert !

giuseppeverdi melden

Wieso? Die Fekter hat doch erreicht, dass ALLE Österreicher Haiders Saus- und Brausleben nun bezahlen dürfen. Wie heißt es so schön: Einer für alle, alle für Einen oder?

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