Es lebe der Brauch

Das Osterbrauchtum wird in Kärnten immer noch hochgehalten

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Osterbrauch in Kärnten © Bild: Michael Mazohl
Osterbrauch in Kärnten
© Michael Mazohl Die starken Männer sind im Anmarsch

Das Bier haben sich die Burschen (Christopher, Patrick, Dominik, René, Michael, Manuel, Alexander, Stefan und Bernhard) redlich verdient. Gerade noch sind sie zu neunt mit einem rund 15 Meter langen Fichtenstamm auf den Schultern durch Lavamünd im Kärntner Lavanttal marschiert. Bei Gott keine leichte Übung, denn auf dem 300 Kilo schweren Stamm hockten zehn Dirndl, die es sicher zu befördern galt. Das braucht nicht nur Geschick, sondern auch eine ordentliche Portion Muskelkraft. Und die haben die Burschen mit Sicherheit – auch ohne wöchentlichen Besuch des Fitnessstudios.

Osterbrauch in Kärnten
© Michael Mazohl
Osterbrauch in Kärnten
© Michael Mazohl

Jetzt haben's die Burschen geschafft. Die Fichte hängt an der Wand der Maschinenhalle am Hof "Knapp vulgo Woltsche". Und die Mädels sind "heil" angekommen – wie jedes Jahr.

Ostern ist in Kärnten ein wichtiges Familienfest, für manche sogar wichtiger als Weihnachten. Hier werden sie noch freudig zelebriert, alte, traditionelle Osterbräuche, die in vielen Regionen längst verschwunden sind oder zur Folklore für Touristen verklärt wurden.

Seit 25 Jahren pflegt die Landjugend Lavamünd den Brauch des Palmbuschenbinden. Wobei der Begriff der Jugend ein dehnbarer scheint im Lavanttal. Mitmachen darf nämlich, wer nicht verheiratet, kinderlos und keine 31 Jahre alt ist. "Dann spätestens sollte man unter der Haube sein", sagt Obmann Christopher grinsend. Und was, wenn jemand 22 und Papa ist? "Da können wir auch mal eine Ausnahme machen."

Osterbrauch in Kärnten
© Michael Mazohl Die Landjugend Lavamünd hält seit 25 Jahren die Tradition hoch

Rund 20 Mitglieder sind heuer mit den Vorbereitungen beschäftigt. Gebunden wird fünf Stunden lang - und zwar am Tag vor dem Palmsonntag. Weiden, Buchsbäumchen, Palmkatzerl sind die gängigen Zutaten für den Palmbuschen, der es aufgrund seiner Länge sogar schon ins "Buch der Kärntner Rekorde" geschafft hat. Der Stamm selbst wird ein Jahr vorher von den Burschen geschlagen, die Dekoration übernehmen die Mädels. "Die Männer fürs Grobe, die Mädels fürs Feine", lacht Christopher und sein Team.

Osterbrauch in Kärnten
© Michael Mazohl Die Madln beim Palmbuschenbinden
Osterbrauch in Kärnten
© Michael Mazohl

Am Palmsonntag ist es dann soweit: Pünktlich um halb neun trifft sich die zwanzigköpfige Mannschaft in voller Tracht beim Hof "Knapp vulgo Watsche", von wo aus der Palmbuschen zur Weihe in die Kirche getragen wird. Danach wird das Schmuckstück wieder zurück zum Hof gebracht, an die Wand gehängt, die geweihten Buschen abgenommen und an die Mitglieder verteilt. Auf dem Weg dorthin wird noch Halt beim Jöbstl Hans gemacht. Der 79-Jährige verköstigt die jungen Leute mit selbstgemachten Apfelstrudel und Wein. Der Erhalt von Bräuchen und Ritualen ist der Lavamünder Jugend sehr wichtig. "Da kumman d`Leit zamm und man fühlt sich eng mit der Heimat verbunden", erklärt Christopher.

Osterbrauch in Kärnten
© Michael Mazohl

Der Ratschenbauer

Es wird viel vorbereitet werden für die Festtage. In der Tischlerei von Josef Kuchling in Gösselsdorf herrscht reges Treiben. Fast dreißig Kinder im Alter zwischen fünf und vierzehn Jahren wuseln am Tag vor Palmsonntag aufgeregt durch die Werkstatt. Sie haben viel zu tun: Sie müssen ihre Ratschen auf Vordermann bringen. Alles muss in Ordnung sein, wenn sie am Gründonnerstag damit durchs Dorf klappern.

Osterbrauch in Kärnten
© Michael Mazohl Josef Kuchling zeigt den Kindern, wie man eine Ratsche baut
Osterbrauch in Kärnten
© Michael Mazohl

Das Ratschen ist ein sehr alter Brauch und wird in ganz Österreich zelebriert – vor allem in Ostösterreich. Der Legende nach fliegen die Glocken an Gründonnerstag nach Rom und kommen erst zu Ostern wieder zurück. Das Ratschen ersetzt in dieser Zeit das Läuten der Kirchenglocken. Josef Kuchling ist einer der letzten Ratschenbauer in Kärnten. Er sieht sich als eine Art Botschafter der Tradition. Kindern aus dem Ort, die jedes Jahr mit ihren lärmenden Ratschen durch den Ort ziehen, dürfen ihm beim Ratschenbauen helfen. Ursprünglich wurde von den Erwachsenen um drei Uhr früh geratscht, jetzt "klappern" die Kinder des Ortes jeweils zu Mittag und Nachmittag von Haus zu Haus.

Osterbrauch in Kärnten
© Michael Mazohl Die neuen Ratschen werden gleich getestet
Osterbrauch in Kärnten
© Michael Mazohl

Mit seinem Engagement versucht Kuchling den Brauch am Leben zu erhalten. Etwa 200 Ratschen hat er in seinem Leben gebaut. Für die Herstellung einer seiner Schubkarren braucht er sechs Stunden. "Ich nehme immer Fichtenholz, fürs Schlagwerk Esche." Nächstes Jahr will der Gösselsdorfer auch Handratschen basteln. "Schließlich will man hinter den Konkurrenten der Nachbarortschaften nicht nachstehen", schmunzelt der Meister. Und was denken die Kinder über den Brauch: "Er gehört einfach zu Ostern dazu", sagen die beiden Schwestern Marie (10 Jahre) und Romi (9 Jahre). "Unsere Eltern haben schon geratscht." Für Marc, Matteo und Leon wird es heuer das letzte Mal sein. Mit 14 Jahren ist Schluss. Traurig sind sie nicht. "Es schaut halt schon komisch aus in dem Alter mit den Kleinen von Haus zu Haus zu klappern", sagen sie und pflücken ihre Handys. "Was Neues auf Facebook?"

Tradition Fackelzug

Wenn es finster wird in Gösseling erwartet Einheimische und Besucher ein leuchtendes Spektakel auf den Feldern. 33 Fackelträger werden am Karsamstag den Himmel zum Leuchten bringen – "so viele, wie noch nie", sagt Michael Rainer, Sprecher der Fackelträger. "Wir haben die Einladungen heuer via Whatsapp verschickt, vielleicht liegt es daran, dass heuer so viele Fackelträger dabei sein werden." Sobald es dunkel wird marschieren Männer, Frauen und Kinder mit ihren "Sprühkerzen", wie die Fackeln auch genannt werden, kilometerweit über die Felder. Immer wieder bleiben die Fackelträger stehen und zeichnen Figuren in die Nacht: kreisrunde Formationen und Feuerkreuze, um böse Geister von den Feldern fernzuhalten.

Osterbrauch in Kärnten
© Michael Mazohl In die Stämme werden Holzkeile getrieben, um die Stämme auszutrocknen
Osterbrauch in Kärnten
© Michael Mazohl

Die Stämme werden schon Wochen vorher gefällt. Ein Holzbrocken wiegt 20 bis 30 Kilo. Es werden zahlreiche Keile in die Baumstämme geschlagen, damit sie völlig austrocknen. Dadurch wird der Stamm auch leichter, erzählt Rainer. Wie lange es den Brauch des Fackeltragens in Gösseling schon gibt, wissen die Dorfbewohner nicht.

Osterbrauch in Kärnten
© Michael Mazohl

Der Brauch des Kugelstechens

Es gibt traditionelle Bräuche und – zumindest für uns Stadtpflanzen – komplizierte, die wahrscheinlich nur Einheimische verstehen – trotz umfangreicher, detaillierter Anleitung. Damit ist das Kugelstechen in Judendorf in der Region Villach gemeint.

Osterbrauch in Kärnten
© Michael Mazohl

Jeden Ostermontag treffen sich Burschen und Männer um 13.00 Uhr am Dorfplatz. Zwei Mannschaften treten gegeneinander an. Die Auslosung erfolgt mit Hilfe von Spielkarten, wobei nur die Farben Herz und Kreuz verwendet werden. Burschen mit Herz-Karten bilden die eine, jene mit Kreuz-Karten die andere Gruppe. Herzstück des Spiels ist die "Spargel" – eine sieben Zentimeter lange Haselnussstange, die am dünnen Ende zur einer Schlinge gebunden wird. Die Mannschaften nun, ihre Holzkugel durch "Scheiben" oder Werfen bis zur Spragel zu bringen. Diese wird vom Spragelträger an 21 Stellen in die Erde gesteckt. Die Punkte der Teams werden in das dicke Ende der Haselnussstange eingeschnitten. Das Spiel dauert mindestens fünf Stunden. Anschließend geht´s ins Wirtshaus, wo das Spiel "bei ana deftigen Jausn" analysiert wird. Da kann´s schon Mitternacht werden bei den Jungs. Nur Jungs, keine Mädels? Warum sind keine Frauen dabei? "Fragen sie doch unsere Großväter", sagt Michael Körbler. Tja, Kärnten ist wirklich traditionell.

Osterbrauch in Kärnten
© Michael Mazohl Die Auslosung erfolgt mittels Spielkarten
Osterbrauch in Kärnten
© Michael Mazohl Dann kann das Kugelstechen losgehen

Kommentare

Darf man das noch?
Nachdem Nikolo oder Christkind oftmals nicht mehr geduldet werden, sind diese Osterbräuche demnächst dran.

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