"Für ihn ist alles drin"

Michael Haneke über seinen für den Oscar nominierten Schüler Patrick Vollrath

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Was hat Sie an Patrick Vollrath überzeugt, als er sich an der österreichischen Filmakademie beworben hat?
Ich habe ihn von Anfang an für einen der Begabtesten gehalten, weil er nicht nur Talent hat, sondern auch noch einen Sinn für das Machbare. Es gibt Leute, die sind talentiert, aber die spinnen vor sich und erträumen sich Dinge, die mit der Wirklichkeit des Kinos nichts zu tun haben. Er hat einen Blick dafür, was machbar ist und ob es auch Publikum dafür gibt. Er ist für die Sache begeistert aber auch ein Realist und ein Handwerker. Auch seine ersten Kurzfilme waren weit über dem Durchschnitt.

Vollraths Oscar-nominierter Kurzfilm „Alles wird gut“ erinnert zu Beginn etwas an Ihren Stil. Die Schein-Idylle, die mit einer Handkamera aufgenommen wurden ...
Die Ästhetik der Handkamera hat mit meinen Filmen überhaupt nichts zu tun, aber sie hat die Produktionsmöglichkeiten erleichtert. Wenn man aus Nöten Tugenden machen kann, ist auch ein Zeichen von Talent. Und ich habe mich in den Film überhaupt nicht eingemischt. Die Geschichte hat Patrick Vollrath recherchiert. Und mit den Mitteln, die ihm dafür zu Verfügung gestanden sind, hat er eine sehr machbare Geschichte geschaffen. Ich war sehr glücklich, als ich gesehen habe, welche Erfolge er damit feiert. Und man freut sich immer, wenn ein Student, den man schätzt Erfolg hat.

Wie war Patrick Vollrath als Student?
Er ist begeistert von der Sache, aber das zeigt er nicht immer. Er will immer etwas lernen. Als Susan Batson (Schauspielcoach von Nicole Kidman, Juliette Binoch und anderen Stars, Anmerkung) bei uns an der Akademie war, reiste er danach zu ihr nach New York, um weiter zu lernen. Und das aus purem Interesse.

Welche Eigenschaften muss ein junger Filmemacher haben, um zu reüssieren?
Als Traumtänzer kommt man in dem Metier nicht weit. Denn bei diesem Job hat man mit vielen Leuten und zu tun und es geht um Geld. Da muss ein bisschen einen Sinn für die Gegebenheit haben. Gerade heute in einer Zeit, wo es im Kino, vor allem um Milliardenproduktionen mit Blockbuster-Funktion geht, hat man es oft schwer.

Haben Sie den Eindruck, dass ihm Auszeichnungen wenig wert sind?
Er ist ein bisschen ein Tiefstapler und geriert sich nicht dauernd als Künstler, er banalisiert die Dinge eher. Das finde ich enorm sympathisch. Und er wird nicht größenwahnsinnig, wenn er den Oscar bekommen sollte. Er ist ein engagierter, junger Filmemacher. Ich wünsche ihm sehr, dass er auch Glück hat. Das hatte er ja. Denn es ist auch ein Glück, für den Oscar nominiert zu werden. Aber Begabung ist Voraussetzung.

Dass er mit dem Studenten-Oscar ausgezeichnet wurde, nannte Vollrath „eine Episode“. Hat dieser Preis etwas gebracht?
Natürlich. Als ich das erste Mal nominiert war, konnte ich mir vor Drehbüchern nicht retten. Ob das immer gut ist, ist eine andere Frage. Patrick hat auch aus Amerika Angebote und ich hoffe, dass sich für ihn etwas ergibt. Er ist noch jung, da ist alles drin. Er kann eine Weltkarriere machen oder keine. Man weiß es nicht, aber zu wünschen wäre es ihm.

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