Oliver Hoffinger an Hodenkrebs erkrankt:
Puls4-Fernsehkoch im Interview mit NEWS

Gastronom erzählt, wie Krebs sein Leben veränderte Oliver Hoffinger macht sich nun für Vorsorge stark

Oliver Hoffinger an Hodenkrebs erkrankt:
Puls4-Fernsehkoch im Interview mit NEWS © Bild: PULS 4/Krebshilfe

NEWS: Für viele Prominente gilt es immer noch als tabu, öffentlich über ihre Krebserkrankung zu sprechen. Was hat Sie zu dem mutigen Schritt bewogen?
Oliver Hoffinger: Ich bin zu 98 Prozent vom Hodenkrebs geheilt, deshalb ist es eine positive Geschichte. Die zwei Prozent nehme ich nicht ernst, ich bin auf dem Weg der Gesundung. Krebs wird immer sofort mit Sterben und Dahinsiechen in Verbindung gebracht. Ich möchte mit diesem Stigma aufräumen, weil das ja nicht bei allen Krebsarten so ist. Bei Früherkennung durch rechtzeitige Vorsorgeuntersuchungen können über 80 Prozent der Betroffenen geheilt werden.

NEWS: Wie haben Sie erfahren, dass Sie Hodenkrebs haben?
Hoffinger: Ich bin mit einer Ärztin verheiratet, die darauf schaut, dass ich meine Vorsorgeuntersuchungen mache. Ich hatte zweimal sehr hohes Fieber und eine Blasenentzündung, für einen Mann eher ungewöhnlich. Da wurde ich bereits hellhörig. Als ich dann auch etwas spürte, ging ich zum Urologen. Wenig später wurde ich operiert, man stellte zwei Metastasen beim Lymphknoten fest, die mit einer Chemotherapie behandelt wurden. Am 29. Oktober habe ich meine letzte Untersuchung.

NEWS: Wie sind Sie mit der schockierenden Diagnose umgegangen?
Hoffinger: Mein erster Arzt sprach nur von der Operation, nach der alles erledigt sein sollte. Als man mir danach die Diagnose Hodenkrebs stellte, war mein erster Gedanke: Ich will doch noch Kinder haben! Daraufhin erklärte man mir, mir würde nur ein Hoden abgenommen, mit dem anderen wäre man aber noch genauso zeugungsfähig und die Libido würde auch nicht darunter leiden.

NEWS: Sie sprechen an, was viele betroffene Männer fürchten: den Verlust der Männlichkeit. Wie gingen Sie damit um?
Hoffinger: Ich rede ganz offen darüber. Im ersten Moment fühlt man sich natürlich "beschnitten", aber da alles funktionstüchtig bleibt, ist das kein Problem. Was mich wirklich schockiert hat, war, dass ich nach der Operation noch eine Chemotherapie machen musste. Ich stehe für Knorr und meine Kochsendung auf Puls4 mit langen Haaren und Bart in der Öffentlichkeit. Ich wusste also, ich werde all meine Haare verlieren. Ich hatte im Vorfeld kaum eine Ahnung, was eine Chemotherapie wirklich bedeutet. Das Erste was ich mir anhören musste, waren 40 Minuten lang Nebenwirkungen. Zum Glück habe ich zwei Drittel davon nicht bekommen und die Chemo relativ gut vertragen. Mir war kein einziges Mal ernsthaft schlecht. Aber es ist kein Spaziergang.

NEWS: Und die Haare sind Ihnen tatsächlich ausgegangen, wie man im TV-Spot sieht, den Sie nun für die Krebshilfe gedreht haben. Wie war das für Sie und Ihre Familie?
Hoffinger: Ich habe es psychologisch so gelöst, dass ich mir zuerst die Haare kurz geschnitten und dann ganz abrasiert habe. Die Haare gehen innerhalb von drei Tagen aus. Ich wollte die Büschel nicht auf meinem Kopfpolster finden. Beim ersten Blick in den Spiegel dachte ich: na super, das Watschengesicht. Meine Nachbarin hat mich nicht erkannt, weil ich jetzt vollkommen anders ausschaue. Aber das ist reine Oberflächlichkeit. Die Haare wachsen jetzt wieder nach.

NEWS: Während der Chemotherapie verliert man auch den Geschmackssinn. Ein Horror für einen Koch.
Hoffinger: Man hat permanent einen Eisengeschmack im Mund. Der wird zum Glück immer weniger. Ich hatte Angst, meinen Geschmacks- und Geruchssinn für immer zu verlieren. Das wäre für meinen Beruf dramatisch gewesen.

NEWS: Wie hat sich Ihr Alltag verändert?
Hoffinger: Was sich verändert hat, ist das Bewusstsein für das Leben überhaupt und für die Menschen, die für mich da sind. Meine Familie, vor allem meine Frau und meine Tochter, hat mir sehr viel Kraft gegeben. In ruhigen Minuten stellt man sich schon die Frage, warum trifft es mich? Dann merkt man, wer wirklich voll und ganz hinter einem steht. Puls 4 hat mich zu 100 Prozent unterstützt, auch, dass ich damit an die Öffentlichkeit gehen kann. Sie haben mit mir auch den Krebshilfe-Spot gedreht. Mir war es wichtig, dass das seriös vermittelt wird. Ich wollte mich nicht ins Frühstücksfernsehen setzen, wo ich sonst immer Kochtipps gebe, und über meinen Krebs sprechen. Ich finde auch nicht, dass Essen und Krebs etwas miteinander zutun haben, außer es geht um Flusskrebse (lacht) . Ich wollte einfach nur erklären, warum ich anders ausschaue.

NEWS: Haben sich die Prioritäten im Leben verschoben?
Hoffinger: Ich habe ein Interview mit dem kürzlich verstorbenen Christoph Schlingensief gelesen, der meinte "Man muss jeden Tag so leben, als wäre es der letzte" sei einer der dümmsten Sätze überhaupt. Ich gebe ihm absolut Recht. Meine Familie ist mir jetzt noch wichtiger als vorher, ich würde meine Karriere viel eher hinten anstellen als früher. Ich will auch vermitteln, dass man ab und zu zum Arzt gehen soll, dann hat man viel weniger Probleme.

NEWS: Was planen Sie nach der vollständigen Gesundung?
Hoffinger: Meine Sendung läuft zum Glück weiter. Zusätzlich beginne ich in der Tourismusschule im 22. Bezirk zu unterrichten, darauf freue ich mich sehr. Und irgendwann hätten wir gern noch ein zweites Kind.

Sandra Kartik