OGH: Wirtschaftsprüfer sind haftbar

Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat die Rechtsauffassung der Konsumentenschützer der Arbeiterkammer Niederösterreich (AKNÖ) bestätigt: Wirtschaftsprüfer haften demnach auch gegenüber Dritten. Anlass für den Musterprozess: Der Konkurs der Riegerbank vor über zwei Jahren, durch den Private in Anleihen veranlagtes Geld in Millionenhöhe verloren hatten.

OGH: Wirtschaftsprüfer sind haftbar

AKNÖ-Experten sprechen von einem "richtungsweisenden und sensationellen Urteil", mit dem ein "weißer Fleck" in der Rechtssprechung ausgemerzt werde.

Rechtsexperten gehen davon aus, dass sich die Haftung im jetzt gewonnenen Musterprozess auf 10 Mill. Euro (137,6 Mill. S) beläuft und damit in etwa dem Volumen der Anleihe-Emission entspricht. Mit Jahresbeginn 2002 wurde der Haftungsrahmen für Wirtschaftsprüfer beträchtlich ausgeweitet: Statt bis zu einer maximalen Haftungshöhe von 5 Mill. Schilling (363.364 Euro) haften die Prüfer nunmehr bei leichter Fahrlässigkeit bis zu 2 (nicht börsenotiert) oder 4 (börsenotiert) Mill. Euro, bei schwerer Fahrlässigkeit steigt die Haftung auf 10 bzw. 20 Mill. Euro.

Der Anlassfall: Konkurs der Rieger-Bank
Als die Riegerbank im Oktober 1998 mit Schulden von mehr als 1 Mrd. S in Konkurs schlitterte, war für diese Anleihezeichner das Geld verloren. Etliche Geschädigte wandten sich an die Arbeiterkammer, die den Musterprozess begann. Aus Sachverhaltsdarstellungen ist laut AK-Kosumentenschützer Neubauer ersichtlich, dass die im Prospekt abgedruckten positiven Bilanzen sowie die Testate des Wirtschaftsprüfers die "wesentliche Grundlage für die Kaufentscheidung" gewesen seien. Wie heute fest stehe, gab es die in den Bilanzen dargestellten Guthaben gar nicht, sie gründeten sich auf gefälschte Saldenbestätigungen. Die Bilanz hätte eine Überschuldung des Unternehmens aufweisen müssen.

Frage der Dritthaftung war bis jetzt nicht ausjudiziert
Zur Frage der Dritthaftung des Abschlussprüfers existierte bis jetzt noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH). Zum bisherigen Haftungslimit für Wirtschaftsprüfer hält der Senat im OLG Wien fest, dass der festgesetzte Höchstbetrag von 5 Mill. S "in einem eklatanten Missverhältnis zwischen dem möglichen Schaden und der typischen Schadenshöhe" steht.

Instanzenweg voller Wechselfälle
Das Urteil ist die von der AK lange erhoffte Bestätigung für ein Urteil des Ober-Landesgerichts Wien vom Juli 2001. Die betroffene Wirtschaftsprüferkanzlei ging damals in Berufung. Während das Erstgericht die Dritthaftung in seinem Spruch von August 2000 noch nicht erkannte, wurde die Rechtsmeinung der Klageführer in dem Urteil vom OLG Wien in nächster Instanz bestätigt. Niederösterreichs Arbeiterkammerpräsident Josef Staudinger resümierte: "Der Konsument muss sich darauf verlassen können, dass mit seinem Geld redlich und sorgsam umgegangen wird." Gerade Kleinanleger seien bezüglich der Informationen über ein Unternehmen oder ein Wertpapier auf die Einschätzung eines Experten angewiesen.