Österreicher sind "Europameister" bei HIV-Test: Jährlich lässt sich rund 1 Million testen

Ansteckung meist durch heterosexuelle Kontakte Frühzeitige Therapie der Erkrankung spart Kosten

In Österreich werden pro Jahr rund eine Million HIV-Tests durchgeführt. Das bedeutet den Rang des "Europachampions" auf diesem Gebiet. Doch bei 30 Prozent der Betroffenen wird die Infektion erst in einem sehr späten Stadium festgestellt. Dabei würde eine frühzeitige Diagnose vor weiteren Ansteckungen schützen und die Therapie einfacher machen. Das erklärten österreichische Fachleute.

Pro HIV-Infiziertem ist mit Behandlungskosten von rund 600.000 Euro auf Lebenszeit zu rechnen. Mindestens zehn Prozent ließen sich durch eine penible Einhaltung der Therapie einsparen, hat eine neue gesundheitsökonomische Berechnung ergeben.

Todesrate um rund 90 Prozent reduziert
"In den vergangenen Jahren hat sich die Todesrate von Aids-Patienten um 80 bis 90 Prozent reduziert. Während die Todesrate bei Patienten mit Aids 1995 noch bei 50 pro 100 Patientenjahren lag, betrug sie 2003 fünf pro 100 Patientenjahren", sagte Dr. Brigitte Schmied, Präsidentin der Österreichischen Aids-Gesellschaft.

Zahl der HIV-Positiven um 30 Prozent gestiegen
Die Zahl der behandelten HIV-Positiven ist in den vergangenen Jahren um rund 30 Prozent gestiegen. Derzeit gibt es in Österreich rund 6.000 Personen, welche das Immunschwächevirus in sich tragen. Die Expertin vom Otto Wagner-Spital in Wien: "Aber 30 Prozent der HIV-Infizierten erfahren von ihrer Infektion erst sehr spät. Rund 15 Prozent haben bei der Diagnose bereits Aids. 30 bis 50 Prozent der infizierten Frauen erfahren davon erst bei der Schwangerschaft. Was man gar nicht genug ansprechen kann, das ist der Anstieg der Infektionen unter Heterosexuellen."

Ansteckung in erster Linie durch heterosexuelle Kontakte
Das durchschnittliche Alter der Betroffenen liegt in Östererich bei 41,77 Jahren. Sechs Prozent der HIV-Positiven sind bereits älter als 60. Der Anteil der Frauen beträgt 30,7 Prozent. Am höchsten ist er in Oberösterreich (39,7 Prozent), gefolgt von Vorarlberg (37,1 Prozent) und Tirol (35,4 Prozent). 41 Prozent haben die HIV-Infektion über heterosexuellen und 29,4 Prozent über homosexuellen Geschlechtsverkehr sowie 20,2 Prozent über die Injektion von Drogen bekommen.

Infektion oft zu spät erkannt
Obwohl in Österreich 86 von 1.000 Einwohnern pro Jahr auf HIV getestet werden, werden die Infektionen offenbar viel zu spät erkannt. Dr. Armin Rieger, Leiter der Aids-Ambulanz an der Universitäts-Hautklinik am Wiener AKH: "Ein Drittel der Patienten kommt in einem fortgeschrittenen Stadium zu uns. Wir entdecken nur sehr wenige Fälle einer akuten HIV-Infektion - 45 bis 70 solcher Fälle pro Jahr."

Penible Einhaltung der Therapie notwendig
Trotzdem ist der Erfolg der modernen Kombinationstherapien evident. Der Aids-Spezialist: "Zwei Drittel aller Patienten sind in Österreich in Behandlung. Bei 85 Prozent gelingt es, die Zahl der Viren unter die Nachweisgrenze zu drücken." Das ist die beste Voraussetzung für eine Lebenserwartung wie bei einem HIV-Negativen. Allerdings, so Dr. Brigitte Schmied: "Dazu ist eine 95-prozentige Adhärenz zu der verschriebenen Therapie notwendig." Andernfalls entstehen Resistenzen - die Infektion wird schlechter behandelbar, das weitere Übertragungsrisiko steigt.

Regelmäßige Einnahme macht Therapie günstiger
Dr. Thomas Schröck von der Fachuniversität Krems hat im Auftrag des Pharmakonzerns "Roche" (Entwickler und Produzent mehrerer Aids-Medikamente) erstmals für Österreich die Kosten der HIV-Infektionen an Modellpersonen errechnet. "Eine HIV-Infektion in Österreich verursacht Kosten von 446.960 bis 563.582 Euro, abhängig von Lebensalter, Geschlecht und Compliance (Zuverlässigkeit, was die Einhaltung der Therapie angeht, Anm.)." Eine Aids-Erkrankung einer 45-jährigen Frau belastet das Gesundheitsbudget mit 557.760 Euro, die eines gleich alten Mannes mit 633.284 Euro. Nehmen Patienten die Medikamente nicht regelmäßig genug ein, wird es wesentlich teurer. (APA/red)