Neues Behinderteneinstellungsgesetz?

Hohe Arbeitslosenquote: Betriebe argumentieren, dass Kündigungsschutz Hemmnis ist

Der derzeitige interimistische Behindertenanwalt Hansjörg Hofer tritt angesichts der rasant steigenden Arbeitslosenzahlen unter Behinderten für eine neuerliche Änderung des Behinderteneinstellungsgesetzes ein. Die vor drei Jahren vorgenommene Lockerung hat für den Vertreter des derzeit in Karenz befindlichen Erwin Buchinger "nicht den gewünschten Effekt gebracht".

von Rollstuhl © Bild: Thinkstock

Damals wurde beschlossen, dass der besondere Kündigungsschutz für behinderte Arbeitnehmer erst nach vier Jahren statt nach sechs Monaten greift. Hofer erklärte nun am Montag im Ö1-"Morgenjournal", der Schutz sei zwar nach wie vor wichtig, wenn die Lockerung aber nichts gebracht habe, dann müsse man darüber nachdenken, sie wieder rückgängig zu machen. Das Argument vieler Betriebe, dass der Kündigungsschutz das große Hemmnis für die Beschäftigung behinderter Menschen sei, sei offenbar nicht richtig.

Hofer tritt auch dafür ein, dass mehr Betriebe zur Einstellung behinderter Menschen verpflichtet werden sollten. Derzeit müssen Unternehmen ab 25 Mitarbeiter je einen Behinderten einstellen. Davon betroffen seien nur drei Prozent aller Betriebe in Österreich, rechnet Hofer vor. Er kann sich vorstellen, die Zahl, ab der die Einstellung eines Behinderten obligatorisch wird, nach deutschem Vorbild auf 16 Mitarbeiter zu senken. Außerdem hält er es für denkbar, die Ausgleichstaxe von derzeit 350 Euro pro Monat, die Betriebe pro nicht eingestelltem Behinderten zahlen müssen, zu verdoppeln.

Ablehnung bei Wirtschaftskammer

Die Forderungen des interimistischen Behindertenanwaltes Hansjörg Hofer in Richtung Verschärfung des Behinderteneinstellungsgesetzes sind bei der Wirtschaftskammer auf Ablehnung gestoßen. Die Grünen begrüßten hingegen Hofers Vorstoß.

Martin Gleitsmann, der Leiter der Sozialpolitik in der Wirtschaftskammer, forderte in einer Aussendung Anreize für die Wirtschaft zur Beschäftigung behinderter Menschen statt Strafen. Eine Anhebung der Ausgleichstaxe lehnte er ab und verwies darauf, dass diese ohnehin jährlich valorisiert werde. Außerdem gebe es eine Diskrepanz zwischen zur Verfügung stehenden behinderten Arbeitnehmern und den von Arbeitgebern zu erfüllenden Pflichtzahlen. Gleitsmann forderte stattdessen einen Ausbau der Lohnzuschüsse.

Die Grüne Behindertensprecherin Helene Jarmer begrüßt hingegen Hofers Forderung, die Zahl der Mitarbeiter, ab der ein Unternehmen einen Behinderten einstellen muss, von 25 auf 16 zu senken. Eine Erhöhung der Ausgleichstaxe ist für die Grünen unumgänglich. Allerdings ist für Jarmer die von Hofer geforderte Verdopplung zu wenig, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. "Es darf keine Möglichkeit mehr für den öffentlichen Bereich geben, sich von der Behinderteneinstellungspflicht freizukaufen", meinte Jarmer in einer Aussendung, "im privaten Bereich wird nur eine starke Anhebung der Ausgleichszahlung Wirkung zeigen." Vorstellen kann sie sich als Richtwert ein branchenübliches Durchschnittsgehalt.

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