Nova Rock: Kraftklub
reißen das Publikum mit

Deutsche Rockband sorgt für ausgelassene Stimmung vor der Blue Stage

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Festival - Nova Rock: Kraftklub
reißen das Publikum mit

Zuvor wurde aber noch getanzt, was das Zeug hält. Nach der brütenden Mittagshitze, waren die tausenden Festivalbesucher sichtlich erleichtert, als sich ein paar Wolken vor die Sonne schoben und Wind aufkam. Diesen verursachten die Kraftklub-Fans zum guten Teil aber selbst, gab es vor der Bühne doch kein Halten mehr. "Ich will nicht nach Berlin", "Karl-Marx-Stadt" oder "Scheiß in die Disco" fegten über die Pannonia Fields hinweg, während die Hände in die Luft geworfen wurden und kaum ein Stein auf dem anderen blieb.

Crowdsurfing-Wettrennen

Sänger Felix Brummer präsentierte sich zudem als gekonnter Anheizer, ließ das Publikum mit den T-Shirts Wirbel erzeugen und sprintete nicht nur einmal vom linken zum rechten Bühnenrand. "Dürfen wir uns vorstellen?", war zwar gegenüber dem Nova-Publikum freundlich gemeint, offensichtlich aber nicht notwendig. Als Brummer zum Ende hin mit seinen Saitenkollegen auf einer kleinen, fahrbaren Stage in Mitten der Fans auftauchte, dort eine Nummer zum Besten gab und schließlich ein Crowdsurfing-Wettrennen der Musiker zu ihrem verwaisten Schlagzeuger auf die eigentliche Bühne veranstaltet wurde, war der Sieg auf ganzer Linie schon längst eingefahren.

Papa Roach legt sich ins Zeug

Ähnlich motiviert waren nur wenige Minuten später Papa Roach: Die Gruppe um Jacoby Shaddix war Anfang der 2000er im Nu-Metal-Sog groß geworden, drohte aber alsbald wieder in der Versenkung zu verschwinden. Ihren Kritikern haben die vier Herren im mittleren Alter aber längst ein Schnippchen geschlagen, ziehen sie doch wie zu ihren besten Zeiten mit Hymnen a la "Last Ressort" vorwiegend die moshfreudige Jugend an. Dennoch verwunderte es nicht, dass sehr früh etliche Stücke des Debüts und Durchbruchalbums "Infest" intoniert wurden. "Between Angels and Insects" gelang dabei als eindeutiger Höhepunkt, ist es doch auch 15 Jahre nach Entstehung immer noch ein zwingender Rocksong mit modernen Elementen und einnehmender Melodie.

Fantas haben es immer noch drauf

Mehr als ein Vierteljahrhundert haben Smudo, Michi Beck, Thomas D. und And.Ypsilon gemeinsam bereits auf dem Buckel - aber auch im Jahr 2015 heißt es bei den Fantas vorwiegend: Spaß haben und das Leben feiern. Das machte schon der Auftakt mit aktuellen Stücken wie "25" oder "Danke" klar: Sprechgesang zu groovigen Beats und dem gewissen Augenzwinkern, wie man auch bei "Gebt uns ruhig die Schuld" erfuhr. Und doch gab die Hip-Hop-Institution an diesem Abend eigentlich nur den Anheizer. Nicht wenige Bandshirts am Gelände machten deutlich: Es gibt noch die Toten Hosen zu erleben.

Die Toten Hosen liefern perfekten Festivalauftritt ab

Die Rockband hat in der Nacht auf Sonntag beim Nova Rock den perfekten Festivalauftritt absolviert. Eine beeindruckende Produktion, ein Songprogramm quer durch die Karriere und die gewohnte Spielfreude haben Die Toten Hosen nach Nickelsdorf im Burgenland mitgebracht. "Ich halte es nicht so mit Bands, die ihre Hörer erziehen wollen", sagte Sänger Campino vor dem Auftritt. "Wenn ich zu AC/DC gehe, dann will ich 'For Those About To Rock' und 'Highway To Hell' hören. Ich will gerne dem Publikum den Partystoff geben, den es haben will." Und den bekam es: Einem wuchtigen Auftakt mit "Bonnie & Clyde", "Liebeslied", "Auswärtsspiel" und "Du lebst nur einmal" folgten im Laufe der zweistündigen, makellosen Performance Hits wie "Hier kommt Alex" und "Alles aus Liebe".

"Pushed Again" fasste die Faszination eines Hosen-Auftritts zusammen: Campino legte sich rein, die Band trug ihn musikalisch davon, die Fans zündeten Bengalische Feuer und schwenkten, auf den Schultern Gleichgesinnter stehend, Fahnen - und niemand blieb ruhig stehen, Energie pur! Trinklieder ("Zehn kleine Jägermeister") hatten ebenso ihren Platz wie Durchhalteparolen ("Steh auf, wenn du am Boden liegst"), Nachdenkliches ("Nur zu Besuch") und kritische Töne. Als Einleitung zu "Europa", einem beklemmenden Stück über das Schicksal von Bootsflüchtlingen, sprach Campino FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache direkt beim Namen an: "Lasst euch von solchen Leuten nicht für dumm verkaufen", rief er und plädierte für ein offenes Europa.

Wolfgang Ambros als Late Night Gast

Als Late Night Gast ließ Wolfgang Ambros weit nach 2.00 Uhr die Masse "Schifoan" singen. "Wolferl! Wolferl! Wolferl!", rief das ausharrende Publikum. "I weiß eh, wie i haß", raunte Wolfgang Ambros und erklärte, die Zunge zeigend: "Des is ka Hardrock. Des is Austropop." Der Barde mit der mittlerweile brüchigen, aber über die gewaltige PA des Nova Rock doch cool klingenden Stimme verstellte sich auch gar nicht. Am Anfang wussten der Late Night Gast und die Rockfans zwar noch nicht so richtig miteinander umzugehen, aber am Ende wurden Klassiker wie "Schaffnerlos", "Es lebe der Zentralfriedhof" und "Zwickts mi", zu dem Kids in Slipknot-T-Shirts tanzten, gemeinsam abgefeiert. "Jetzt samma scho do und jetzt is a scho wurscht", gab der 63-Jährige das Motto vor und intonierte "Wem heut net schlecht is".

Als Kontrast hämmerten auf der Red Stage am Abend In Flames und Nightwish ihren Heavy Metal in die Köpfe ihrer Klientel. Eine schwere Geburt war der Auftritt von Solstafir: Die isländische Post-Metalband beschloss den Tag auf der Brandwagen-Stage. "Wir haben drei Flugzeuge nehmen müssen, um hierherzukommen. Und dann wäre beinahe alles wegen dieses Gewitters ins Wasser gefallen", meinte Sänger Addi Tryggvason. "Aber wir haben es gerne, wenn Thor uns das Licht macht." Mit knapp einstündiger Verspätung konnte das Quartett nämlich doch noch seine atmosphärischen Songs der ziemlich dezimierten Meute präsentieren. Wer der Verlockung widerstand, zu den Hosen zu pilgern, konnte sich folglich beileibe nicht beschweren.

Konnten sich die Musiker über Andrang vor den Bühnen keineswegs beschweren, gab es für das Rote Kreuz bis zum Samstagabend einen deutlich geringeren Patientenzustrom als am Vortag zu verzeichnen. "Die Leute nehmen das Wasserangebot an und versorgen sich ausreichend mit Flüssigkeit", sagte Sprecher Thomas Horvath. Schwerere Verletzungen blieben bisher aus. Allerdings verdunkelte sich der Himmel in den Abendstunden merklich und gab es eine Gewitterwarnung. Die ersten Tropfen fielen bereits, als die deutsche Rap-Gruppe Die Fantastischen Vier die Blue Stage erklommen.

880 hitzeerschöpfte Besucher

Die Hitze hatte die Besucher des Nova Rock Festivals in Nickelsdorf am Samstag fest im Griff. 880 hitzeerschöpfte Nova Rocker mussten seit dem offiziellen Start am Freitag laut Rotem Kreuz versorgt, 44 vorübergehend sogar in ein Spital gebracht werden. "Die meisten kommen aufgrund von Hitzeerschöpfung zu uns", schilderte Thomas Horvath. Zu den häufigsten Ursachen für einen Besuch in einem der Sanitätszelte auf dem Gelände zählen Sonnenbrand und Dehydration. Außerdem klagten bereits einige Festival-Fans über einen Sonnenstich - nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Kopfbedeckung. "Leider halten sich nicht alle an unsere Gesundheitstipps", berichtete der Rot-Kreuz-Sprecher.

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