Dieser Mann soll sich 57-mal
selbst gewählt haben

Justiz ermittelt wegen Wahlfälschung bei WKO-Wahl 2010. Im Zentrum: Wilhelm Turecek.

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Mögliche Wahlfälschung - Dieser Mann soll sich 57-mal
selbst gewählt haben

Wie die Staatsanwaltschaft bestätigt, laufen gegen Turecek und drei weitere Personen Ermittlungen wegen des Verdachts der Wahlfälschung. Dabei geht es um die Wiener Wirtschaftskammer-Wahl 2010. Die Ermittlungen sollen nun in die heiße Phase kommen – und das zur Unzeit für Turecek: Gerade jetzt steht die nächste Kammerwahl vor der Tür. Und der Obmann der Gastronomen ist eines der wichtigsten Aushängeschilder des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands (SWV) in der sonst tiefschwarzen Wirtschaftskammer.

Welche Vorwürfe stehen im Raum? NEWS liegt ein brisantes Dokument vor, bei dem es sich allem Anschein nach um einen Bericht des Verfassungsschutzes an die Staatsanwaltschaft Wien handeln dürfte. Darin werden die Ermittlungsschritte dargelegt: Dem Bericht zufolge wurden sage und schreibe 145 Wahlberechtigte als Zeugen einvernommen. 1.263 Stimmzettel wurden sichergestellt. Und Schriftproben wurden genommen.

Das höchst besorgniserregende Zwischenergebnis laut Dokument: Vieles deutet darauf hin, dass einige Kammerfunktionäre mehr als die ihnen zustehende Zahl an Stimmzetteln ausgefüllt haben. Zum Hintergrund: Wer als Besitzer mehrerer Betriebe mehrfach Kammermitglied ist, darf auch mehrfach wählen. Betroffen von den Ermittlungen sind Funktionäre verschiedener Couleurs. Einsamer Spitzenreiter mit Riesenabstand ist aber offenbar Turecek. Im Dokument heißt es: „Bei Wilhelm Turecek konnte auf Grund der geleisteten Schriftprobe eine Urheberschaft bei insgesamt 57 Stimmzettel nicht ausgeschlossen werden.“ Turecek ist definitiv nicht
57-faches Kammermitglied.

Turecek weist Vorwürfe zurück.

Hat sich der Spitzenfunktionär bei einer einzigen Wahl tatsächlich 57-mal selbst gewählt? Turecek betont, dass er die Anschuldigungen bisher nur „gerüchteweise vernommen“ habe und diese „auf das Schärfste“ zurückweise: „Ich wurde vor einigen Monaten – wie übrigens dutzende andere WK-Funktionäre anderer Fraktionen auch – zur Abgabe einer Schriftprobe aufgefordert und habe diese geleistet.“ Zum laufenden Ermittlungsverfahren wolle er nicht öffentlich Stellung nehmen.

Hintergrund der Ermittlungen dürfte eine lange vermutete Praxis sein: Immer wieder gibt es Gerüchte, dass wahlwerbende Gruppen alles daransetzen
herauszufinden, wann Mitgliedsbetrieben die Wahlkarten per Post zugestellt werden. Die Verdachtslage im aktuellen Verfahren scheint in die Richtung zu gehen, dass Unternehmern die Wahlkarten in der Folge abgenommen wurden, um sie dann im Sinne einer bestimmten Fraktion auszufüllen.

Darüber hinaus dürften auch Hinweise auf eine nachträgliche Manipulation von Stimmzetteln vorliegen. Laut Bericht sollen bei 32 Stimmzetteln alle Listen mit Ausnahme des SWV durchgestrichen worden sein. Bei 26 davon wären „mindestens zwei unterschiedliche Schreibmittel/Schreibpasten“ festgestellt worden. Bei
vier Zetteln könnte es Veränderungen nach Eintragung der Kreuze gegeben haben.

2013 wurde übrigens ein parteiübergreifendes Abkommen geschlossen, das die Rolle der Fraktionen bei Bestellung und Retournierung der Wahlkarten einschränken sollte. Der SWV gibt nun im Rahmen seiner Wahlwerbung jedoch sowohl für die Bestellung eines Wahlkarten-Antrags als auch für dessen Abgabe nicht zuletzt die eigene Fraktion als Ansprechstelle an. Das hat seitens des ÖVP-Wirtschaftsbundes bereits zu Protesten geführt. SWVWien-Direktor Peko Baxant weist die Vorwürfe zurück. Für eine heiße Wahl Ende Februar ist jedenfalls gesorgt.

Kommentare

Es ist mehr als nur traurig. Eigentlich ist es widerlich. Aber es gibt auch Idealisten bei der Wirtschaftskammerwahl: http://www.strikepr.at/werbung-und-marktkommunikation-wirtschaftskammerwahl/ Für jene, die vom SWV nun enttäuscht sind, beim Wirtschaftsbund könnt ihr ein neue Heimat finden.

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