Für geisteskrank erklärt

Burgenländerin Alexandra L. hat durch eine falsche Diagnose ihre Kinder veloren

Es sieht alles so harmonisch aus im schmucken Einfamilienhaus von Alexandra L. Die kleine Plastikrutsche im Garten – sie erweckt den Eindruck, dass sich ihre 4-jährigen Zwillinge Max und Theo (Namen von der Redaktion geändert) hier vergnügt die Zeit vertreiben. Auch das geschmackvoll eingerichtete Kinderzimmer, in das uns die Burgenländerin führt, lässt auf trautes Familienglück schließen.

von Verzweifelt. Alexandra L. hat aufgrund eines zweifelhaften Gutachtens das Sorgerecht für ihre Zwillinge verloren. © Bild: © Michael Appelt

In den Betten aus weisem Holz liegen Pyjama und Kuscheltiere bereit – so, als wurde sich der Nachwuchs jeden Moment hineinkuscheln und nach einer Gute-Nacht-Geschichte selig ins Land der Träume entschlummern. Doch die Idylle trügt. Seit einem Jahr leben die Kinder nicht mehr hier. So lange ist es nämlich her, dass die gescheiterte Beziehung zwischen Alexandra L. und dem Vater der Zwillinge, Rudolf K., in einem traurigen Höhepunkt gipfelte.

Ein Tag mit Papa.
Es war ein Sonntag im Juni 2012. Die Mutter verabschiedet sich in der Früh von Max und Theo, die einen gemeinsamen Tag mit ihrem Vater Rudolf verbringen sollten. Die Übergabe der Kinder wurde – da es zuvor wiederholt Differenzen bezüglich des Besuchrechts gegeben hatte – von einer Mitarbeiterin des Vereins „Lebenswert“ begleitet. Am Abend würden sie sich wiedersehen, raunte Alexandra L. ihren Kindern ins Ohr, die sich nur schwer von der Mutter trennen konnten. Sie gab den Zwillingen einen Kuss und wünschte ihnen einen schönen Tag mit dem Vater.

Mediatorin Tews: „Justiz hat nicht zum Wohl der Kinder gehandelt.“
© "Atelier Mozart Linz" Mediatorin Tews: „Justiz hat nicht zum Wohl der Kinder gehandelt."

Geisteskrank und depressiv.
Nicht ahnend, dass dieser Tag ihr Leben auf den Kopf stellen würde. Am Abend retournierte die angeblich „neutrale Besuchsbegleiterin“ nicht die Kinder, sondern überbrachte Alexandra L. einen Beschluss, der sie über die Kindesabnahme aufgrund von Gefahr in Verzug in Kenntnis setzte. Alexandra L.: „Ein Schritt, den die Besuchsbegleiterin wörtlich als ‚Freundschaftsdienst‘ für die Richter bezeichnete.“

Vier Tage später erhielt sie das Gutachten, das zum Entzug des Sorgerechts geführt hatte. Der Inhalt dieser vom Bezirksgericht Neusiedl am See in Auftrag gegeben Expertise ist für Alexandra L. vernichtend und nicht nachvollziehbar. Die klinische Psychologin Ulrike Willinger kam zum Schluss, dass Frau L. eine Geisteskranke mit Wahnvorstellungen, Depressionen und kognitiven Beeinträchtigungen sei. Aufgrund ihres Geisteszustands sei ihr darüber hinaus zuzutrauen, sich und ihre Kinder in den Tod zu reißen. Wie es überhaupt so weit kommen konnte? Alexandra L. erinnert sich: „Ich wollte ein Gutachten, in dem festgestellt werden sollte, ob das vom Gericht beschlossene Ausmaß an Besuchen beim Vater die Zwillinge nicht überfordern würde. Rudolf hat sich davor nie um sie gekümmert – er war den Buben fremd. Dass das so endete, war ein Schock.“

Kompetenz überschritten.
In ihrer Verzweiflung ließ sich Frau L. von der renommierten Gerichtsgutachterin Gabriele Wörgötter abermals untersuchen. Die meint: „Das Gerichtsgutachten ist schlicht und einfach falsch. Alexandra L. ist überdurchschnittlich intelligent, es gibt keine Hinweise auf eine psychiatrische Erkrankung. Die von der Gutachterin konstruierte Diagnose ist nicht nur falsch, sie übersteigt auch die Kompetenz einer Psychologin.“ Auch der „Psychosoziale Dienst Burgenland“, wo Alexandra L. der Vollständigkeit halber eine dritte Meinung einholte, kam zum selben Ergebnis wie Gabriele Wörgötter.

Spitzen-Psychiaterin Gabriele Wörgötter widerlegte das Gutachten.
© Markus Deak Spitzen-Psychiaterin Gabriele Wörgötter widerlegte das Gutachten.
»„Das Gerichts-Gutachten ist schlicht und einfach falsch.“«

Neues Gericht.
„Doch wenn das Gericht kein neues Gutachten in Auftrag gibt, nützt das alles nichts“, meint Alexandra L. traurig. Obwohl mittlerweile ein anderes Gericht zuständig ist, steht eine Klärung aus. Unterstützt von ihrer erfahrenen Prozessbegleiterin Margreth Tews brachte sie zwar wiederholt Anträge auf Rückübertragung des Sorgerechts ein – bislang aber ohne Erfolg. „Die neue Richterin hat von Anfang an einen Einstieg in das Verfahren verweigert. Sie vermeidet, ein neues Gutachten in Auftrag geben zu müssen, dieses wäre für mich aber dringend nötig. Ich laufe nach wie vor mit der Diagnose, geisteskrank zu sein, durch die Gegend“, so Alexandra L.

Mediatorin Margreth Tews ergänzt: „Ein objektives Gutachten würde die psychische Erkrankung und Gefährdung der Kinder durch Frau L. widerlegen – und bestätigen, dass die Kindesabnahme zu Unrecht erfolgt ist. Das will das Gericht verhindern. Die Justiz arbeitet in dieser Causa nicht zum Wohl der Kinder.“

Und so hilft NEWS.
NEWS versucht, Alexandra L. dem Gericht gegenüber zu unterstützen, um ein neues Verfahren und Gutachten zu ermöglichen. Bis zum Redaktionsschluss waren aber weder die zuständige Richterin, noch Gerichtsgutachterin Ulrike Willinger für eine Stellungnahme zu erreichen. NEWS bleibt dran!

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