Die "Nackerte" zum Drehen

Warum Boulevard-Medien nach wie vor nicht auf nackte Brüste verzichten wollen

von Julia Schnizlein © Bild: News/Ian Ehm

Die "Bild" tut es, die "Sun" sowieso und die "Krone" tut es künftig sogar in 3-D. Nur der Schweizer "Blick" will es jetzt weniger häufig tun: nackte Brüste zeigen. Während in der Schweiz aktuell über die Entsexualisierung der Klatschpresse diskutiert wird, leben die "Nackerte" und der Boulevard hierzulande seit jeher eine anachronistische Symbiose, die schon lange keinen mehr aufregt. Sie polarisiert sogar so wenig, dass die Gratiszeitung "Heute" vor geraumer Zeit die professionell fotografierte Barbusige durch diverse Instagram-Fotos ersetzt hat, ohne dass es weiter aufgefallen wäre.

Auch wenn in Zeiten der Internetpornografie längst niemand mehr ein Boulevardblatt kaufen muss, um Schlüpfriges oder Erotisches zu sehen, will die "Krone" auf ihre Nackte nicht verzichten. Sie sei ästhetisches Stilmittel, habe Tradition und gehöre zur Zeitung wie Kreuzworträtsel oder Horoskop, heißt es dort. Während die Auswahl der attraktiven Nackten aus dem Pool der Fotoagenturen zum täglichen Ritual des alten Herrn Dichand gehört haben soll, will der junge Herr Dichand das Retroelement jetzt zukunftstauglich machen. Daher gibt es seit Neuestem in der E-Paper-Version der Zeitung die Nackte zum Drehen. Um 360 Grad und in 3-D.

Sexistisch findet man das bei der "Krone" gar nicht. "Wenn man sich anschaut, was im Internet kursiert, braucht man im Print nicht die heilige Inquisition raushängen zu lassen", sagt "Krone"-Journalist Richard Schmitt. Von vielen Männern werde die Nackte vor allem dann wahrgenommen, wenn sie aus Pietätsgründen fehle – wie in der Adventzeit. Es sei das weibliche Publikum, das die Oben-ohne-Frau, die als das nette Mädchen von nebenan daherkommt, wirklich sehen wolle, sagt Schmitt. Weil da Busen oder Speckpölsterchen an den Hüften verglichen würden. So sehen sie uns, die Männer.

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