Mr. Wolf, allein im Amt

von Julia Ortner © Bild: News/Ian Ehm

Wenn ich einmal groß und mächtig bin, dann hätte ich auch gerne einen Josef Ostermayer. Also einen, der mir jedes Problem und jeden Stress vom Leib hält. Oder hinter, neben und vor mir aufräumt; gerade, wie ich es brauche. Werner Faymann hat dieses Glück mit seinem Josef Ostermayer.“ Ziemlich neidisch, was ich da im März 2014 über den Kanzleramtsminister geschrieben habe. Damals hatte er für seinen Chef, den Kanzler, gerade die Burgtheaterfinanzaffäre gelöst.
Josef Ostermayer ist nicht nur Stratege und Freund Faymanns, er ist der Mr. Wolf der kleinen Faymann-Welt, die mit zunehmendem Druck immer enger wurde. Mr. Wolf ist dieser gut organisierte Mann aus Quentin Tarantinos Gangster episodenfilm „Pulp Fiction“, der sich bei Leuten mit Sorgen gerne so vorstellt: „Mein Name ist Mr. Wolf. Ich löse Probleme.“ Er ist ein „Cleaner“, ein Saubermacher, falls wieder etwas passiert ist. Doch den Rücktritt Faymanns kann auch er nicht mehr verhindern.
Ostermayer wusste eigentlich immer, was zu tun ist, wenn Faymann in Not war, und das war der Ex-Kanzler zuletzt ja dauernd. Doch selbst der geschickte Taktiker konnte in den letzten Tagen der Ära Faymann trotz aller Mühe nicht mehr wegreden, dass der Vorsitzende vor lauter Bruchlinien in seiner Partei kein rotes Land mehr hatte, auf dem er sicher war. Die Interviews des Kanzleramtsministers waren nur mehr unsouverän und zweckoptimistisch, die Verzweiflung dahinter spürbar: Werner Faymann bleibt, wir schaffen das, irgendwie!
Jetzt ist Ostermayer allein im Kanzleramt. Plötzlich Single, ohne Faymann, mit dem er schon fast 30 Jahre zusammenarbeitet: Mietervereinigung, Wohnbaustadtratbüro, Verkehrsministerium, Kanzleramt. Für den Wechsel in den Bund als Faymanns Kabinettschef gab Ostermayer 2007 auch seinen Managerjob als Geschäftsführer von „Wohnfonds Wien“ auf.

Die Kunst, der Kulturbetrieb, das sind die intellektuellen Vorlieben Ostermayers, im Tagesgeschäft war er immer mehr als Problemlöser unterwegs. Zum Beispiel im jahrzehntelangen Kärntner Ortstafelstreit, da gelingt ihm 2011 endlich eine Einigung mit dem freiheitlichen Landeshauptmann Gerhard Dörfler und den Slowenen-Vertretern. Oder sein heikler Auftritt vor dem Korruptions-Untersuchungsausschuss 2012. Ostermayer kommt anstelle des Kanzlers, um dort Fragen zur Inseratencausa zu beantworten.
Absolute Loyalität zum Chef, diese seltene Gabe zeichnet den Politiker Ostermayer aus. Das macht seinen Verbleib in einer Regierungsmannschaft mit neuem SPÖ-Vorsitzenden ungewiss. Der Neue wird seinen eigenen Mr. Wolf holen, der ihm die Probleme löst. Und den wird er dringend nötig haben.

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