Provozier mich, Kate

von Ela Angerer © Bild: News

Mehrere Menschen waren in dieser Woche ganz ehrlich. Papst Franziskus gestand, dass er beim Beten manchmal einschlafe. Und ein paar sehr prominente Frauen trugen T-Shirts ohne BH. Vom modernen Papst haben sich viele von uns nichts anderes erwartet. Überraschender war, dass gleichzeitig Modellegende Kate Moss, Popstar Rihanna und Schauspielerin Jennifer Lawrence in Tops mit drunter ohne gesichtet wurden. Nicht abends, auf einer Gala, mit Sicherheitsabstand zu Fotografen, sondern beim Einkaufen und im Kaffeehaus, am helllichten Tag. Auf der einen Seite ein Gottesmann, der Schwächen zeigt, ohne sich dafür selbst zu geißeln. Auf der anderen Seite Damen, die auf den Kontrollwahn der Schönheitsindustrie pfeifen und sich so zeigen, wie Gott sie schuf. Konservative Kreise gaben sich alarmiert, während Trendbeobachter jubelten: „Das Titty-Shirt der 70ies ist zurück!” Ungepusht und ungeschminkt: Fünfzig Jahre nach dem Siegeszug der Frauenbewegung scheint Authentizität erneut das meistpolarisierende Accessoire zu sein. Was sagt das über unsere Welt aus? Und welche Lehren wird die Königin der künstlichen Körperoptimierung, Kim Kardashian, daraus ziehen? Meine persönliche Blitzumfrage im Bekanntenkreis ergab: Heterosexuelle Männer finden die neue Freiheit unter dem Shirt alle „sehr super“. Mein homosexueller Designer-Freund hingegen sagt: „Die neue Natürlichkeit sieht auf der Straße nur bei kleinen Brüsten gut aus. Größere Oberweiten, sofern sie echt sind, wackeln beim Gehen doch irritierend auf und ab.“ Wir Frauen werden – so oder so – nicht all unsere Balconettes, Push-ups, Minimizers, Bandeau-, Still- und Sport-BHs aus dem Fenster schmeißen. Einfach weil es ganz schön ist, wenn einem die Leute beim Sprechen ins Gesicht schauen.

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