Nehammers chaotische
Terror-Truppe

Dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, BVT, sind rund um den Anschlag in Wien gravierende Fehler unterlaufen. Jetzt soll die heftig kritisierte Einrichtung umfassend reformiert werden. Ausgerechnet von ÖVP-Innenminister Karl Nehammer, dessen Partei dort -mit einer kurzen Unterbrechung -seit zwei Jahrzehnten das Sagen hat.

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Innenpolitik - Nehammers chaotische
Terror-Truppe

Der Zeitpunkt war augenscheinlich gut gewählt: Exakt 85 Jahre nach den Novemberpogromen der Nazis und eine Woche nach dem fatalen Terroranschlag in Wien, bei dem auch die Synagoge in der Seitenstettengasse im erste Bezirk ein Ziel des Attentäters mit IS-Affinität war, präsentierte Innenminister Karl Nehammer am Montag seinen jüngsten Fahndungserfolg gegen radikale islamistische Gruppierungen. In den Morgenstunden des selben Tages führten 930 Polizisten eine Großrazzia gegen die Muslimbruderschaft und gegen die Hamas in vier Bundesländern -Kärnten, Steiermark, Niederösterreich und Wien -durch. In der "Luxor" genannten Operation gab es mehr als 60 Durchsuchungen in Wohnungen, Wohnhäusern sowie Geschäfts-und Vereinslokalen. Bei 30 Verdächtigen wurde die sofortige Einvernahme angeordnet. Bei der vom Landesamt für Verfassungsschutz der Steiermark gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft Graz federführend geleiteten Aktion standen unter anderem der Verdacht von Terrorfinanzierung durch Verschleierung von Vermögenswerten, Bildung einer terroristischen oder kriminellen Vereinigung und Geldwäsche im Fokus.

Es sei "umfassendes Beweismaterial sichergestellt und Vermögenswerte in Millionenhöhe beschlagnahmt bzw. eingefroren" worden, wie Franz Ruf, Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, erklärte - übrigens zu einem Zeitpunkt, als die Razzien noch im Gange waren. Die Ermittlungen hätten bereits in der zweiten Hälfte des Jahres 2019 begonnen, im Vorfeld seien 21.000 Stunden an Observationen aufgewendet worden, so Ruf, der damit auch die Schlagkraft der heimischen Ermittler unter Beweis stellen wollte. Was der Innenminister Tags darauf mit elf Hausdurchsuchungen in sieben Bundesländern gegen die rechtsextreme Szene gleich nochmals unterstreichen wollte.

Ablenkung von Versagen

Kritiker sehen in den beiden Großrazzien indes eher ein Ablenkungsmanöver: Für Neos-Sicherheitssprecherin Steffi Krisper sind die beiden eng getakteten Einsätze "eine völlig durchschaubare Aktion". Offenbar, um der Bevölkerung ein Sicherheitsgefühl zu vermitteln, das zuletzt abhanden gekommen sei.

Immerhin sind dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung rund um den Anschlag in Wien mit vier Toten und 23 Verletzen augenscheinlich schwerwiegende Fehler bei der Informationsverwertung und Observierung unterlaufen. So hatte der 20-jährige Attentäter -ein gebürtiger Österreicher mit nordmazedonischen Wurzeln - wie berichtet im Juli versucht, Munition in Bratislava zu kaufen - worüber die slowakischen Sicherheitsbehörden ihre österreichischen Kollegen informierten. Zuvor soll es zudem ein Treffen von ihm mit Dschihadisten aus der Schweiz und Deutschland in Wien gegeben haben, das ebenfalls beobachtet worden ist -Ereignisse, die aber zu keinen weiteren Schritten des BVT geführt haben. Im Gegenteil: Im Sommer wurde die Observation des späteren Attentäters aus bislang unerfindlichen Gründen abgebrochen. Auch von einem möglichen "Leck" in der Behörde -gerüchtehalber ein Dolmetscher, der die Islamistenszene vor bevorstehende Razzien gewarnt haben könnte -ist die Rede. Deshalb soll nun eine Untersuchungskommission "zur Evaluierung der Vorkommnisse und behördlichen Maßnahmen vor dem Anschlag" Licht in die Ungereimtheiten beim BVT bringen.

Mysteriöse Behörden

Doch was ist das BVT eigentlich genau, und welche Aufgaben hat es? Als Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung soll es, wie schon der Name sagt, die Grundwerte und die Sicherheit des Staates und seiner Einrichtungen schützen und Angriffe auf das Fundament der demokratischen Republik Österreich schon vorab abwehren. Zu seinen Kernaufgaben zählen die Bekämpfung extremistischer und terroristischer Gruppierungen, der Spionage, des internationalen Waffenhandels und der organisierten Kriminalität in diesen Bereichen. Außerdem soll sich das BVT um den Schutz kritischer Infrastruktur, Cybersicherheit, Lagebeurteilungen und Gefährdungseinschätzungen sowie die Steuerung und Koordination von Personen-und Objektschutzmaßnahmen kümmern.

Gegründet wurde es 2002 vom damaligen Innenminister Ernst Strasser als österreichische Antwort auf die 9/11-Anschläge der Al Kaida in New York und die zunehmende Gefährdung der öffentlichen Sicherheit durch den internationalen Terrorismus. Dafür wurden Sondereinheiten des Innenministeriums sowie die ehemaligen Staatspolizei zusammengelegt.

Wie viele Mitarbeiter die Behörde hat, steht nicht so genau fest: Im BVT in Wien sind es rund 400, dazu kommen noch zwischen 300 und 400 in den Landesämtern für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT). Das Budget ist ein Geheimnis, vieles ist angesichts der vermischten Struktur auch nicht eindeutig zuordenbar: Das BVT gehört organisationsrechtlich zur Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit; die LVTs gehören zu den jeweiligen Landespolizeidirektionen. Laut Insidern soll sich das Budget aber zumindest in Höhe eines dreistelligen Millionen-Euro-Betrags bewegen. Im internationalen Vergleich ist das freilich ein Klacks, geben doch Länder wie Großbritannien, Israel oder die USA dafür Milliarden aus, so der Geheimdienstexperte Siegfried Beer jüngst zu News: "In den USA gibt es dafür ein Budget von mindestens 200 Milliarden Dollar, wenn nicht mehr."

Noch verschlossener gibt sich das Verteidigungsministerium: Zahlen zu Heeresnachrichtenamt (HNA) und Heeresabwehramt (HAA), die parallel zum BVT und dessen Landesablegern tätig sind, sind nicht bekannt. Dass gleich zwei Ministerien mit unterschiedlichen Organisationen für geheim-bzw. nachrichtendienstliche Agenden zuständig sind, macht die Gemengelage natürlich noch komplizierter: Schnittstellenprobleme sind vorprogrammiert, da jeder seine eigene Suppe kocht und die Ausrichtung der jeweiligen Einrichtungen zudem noch eine andere ist. "Eine fruchtbare Zusammenarbeit gibt es unterm Strich wohl nur da, wo sie ganz unmittelbar notwendig erscheint", sagt dazu der Terrorismusexperte Nicolas Stockhammer von der Universität Wien.

Nachrichtendienstliche Mängel

Die Mängel im nachrichtendienstlichen Bereich, die nach dem Attentat in Wien zu Tage traten, sind mittlerweile so offensichtlich, dass sie selbst von Sicherheitsdirektor Ruf beim gemeinsamen Auftritt mit Minister Nehammer zugegeben wurden. In dessen Auftrag leitet Ruf auch die Reformgruppe zur Neuaufstellung des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung.

Die auch von Nehammer eingestandenen Mängel bei den Ermittlungen bzw. bei der Observation rund um den Wiener Attentäter haben laut Experten Stockhammer "systemische Gründe":"Das BVT war die vergangenen eineinhalb Jahre vor allem mit sich selbst beschäftigt, stand nach den politischen Auseinandersetzungen stark im Fokus der Öffentlichkeit und konnte deshalb nicht richtig arbeiten." Dazu komme noch der Faktor Mensch, und möglicherweise sei es auch ein Mix davon gewesen, sagt der Terrorforscher, der resümiert: "Insgesamt funktioniert das BVT nicht gut." Es würden die finanziellen und personellen Ressourcen fehlen, um eine Rundumüberwachung von potenziellen Tätern zu ermöglichen. Es fehle auch an qualifizierten Mitarbeitern, beispielsweise Arabisch sprechenden. So würde sich durch die Hinzuziehung von Personen von außen -etwa Dolmetschern -die Gefahr von Informationslecks ergeben, wie im Fall Wien auch vermutet wird.

Große Parteinähe

Aber auch, dass das BVT im seit 20 Jahren von der ÖVP geführten Innenministerium ressortiert (siehe Tabelle), hat seine Auswirkungen: "Das BVT gilt als Ort, an dem, gelinde gesagt, nicht die qualifiziertesten Mitarbeiter aus dem Innenministerium abgeschoben wurden", sagt ein Kenner des Ministeriums, der nicht genannt werden will. Sozusagen nach dem Motto, dass sie dort weniger Schaden anrichten können. Eine kapitale Fehleinschätzung, wie sich am Abend des 2. November in der Wiener City gezeigt hat.

Ins selbe Horn stößt Neos-Sicherheitssprecherin Krisper: "Es ist ein unerträglicher Zustand, dass die Freunderlwirtschaft auch vor dem BVT nicht halt gemacht hat", lautet das Resümee der Abgeordneten zu 20 Jahren ÖVP-Innenministerium mit zehn schwarzen Ministern (beginnend 2000 mit Ernst Strasser und unterbrochen nur durch eineinhalb Jahre Herbert Kickl, FPÖ, und ein halbes Jahr der unabhängigen Minister Eckart Ratz und Wolfgang Peschorn, Anm.)."Die für mich verstörendste Erkenntnis aus dem BVT-Untersuchungsausschuss ist, dass im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung oft nicht die kompetentesten Mitarbeitern gelandet sind, sondern die loyalsten", sagt Krisper. Diesbezüglich habe sich "seit Strasser nichts geändert", das BVT sei "die größte Black Box aller Bereiche im Innenministerium".

Erschwerend zu diesen undurchsichtigen und intransparenten Zuständen rund um die nachrichtendienstlichen Aktivitäten in Österreich komme noch, dass "die Kontrolle des Parlaments völlig unzureichend" sei, erklärt Krisper: "Im parlamentarischen Geheimdienstausschuss finden nur anlassbezogene Sitzungen statt, und keine regelmäßigen. Und es gibt dort zum Beispiel auch kein Minderheitenrecht und daher keine Möglichkeit auf Akteneinsicht." Zum jüngsten Streit zwischen der ÖVP und der FPÖ zu den Versäumnissen im BVT in Zusammenhang mit dem Wiener Terroranschlag kritisieren die Neos das "Abputzen Nehammers an Vorgänger Kickl":"Ich bin die Letzte, die Kickl als Innenminister nachtrauert, aber Nehammer ist auch schon seit Anfang Jänner im Amt", sagt Krisper, die am Mittwoch eine parlamentarische Anfrage an Innenminister Nehammer zu der Causa und zu den möglichen Defiziten, die sie hinterlassen haben soll, eingebracht hat.

Schlammschlacht ÖVP-FPÖ

Wie berichtet hatte die ÖVP von Bundeskanzler Sebastian Kurz abwärts versucht, den schwarzen Peter für die tragischen Ereignisse vom 2. November zuerst dem von der Grünen Alma Zadicć geführten Justizministerium zuzuschieben -mit dem Argument: Wäre der Täter nicht vorzeitig aus der Haft entlassen worden, hätte es auch kein Attentat gegeben. Nachdem sukzessive die Ermittlungspannen -Stichwort: versuchter Munitionskauf in Bratislava, Dschihadistentreffen in Wien usw. - bekannt geworden waren, nahmen die Türkisen den Ex-FPÖ-Innenminister ins Visier. "Kickl hat einen Haufen Mist hinterlassen", sagte ÖVP-Klubobmann August Wöginger. Kickl habe es in nur eineinhalb Jahren Amtszeit auf sieben Misstrauensanträge im Parlament gebracht -"ein trauriger Rekord" -, er sei zwei Tage nach dem Attentat mit Infos über geheime Polizeiaktionen gegen Islamisten an die Öffentlichkeit gegangen und habe dadurch die Sicherheit von Polizisten gefährdet. Worauf die FPÖ der ÖVP vorwarf, das eigene Versagen vertuschen zu wollen. Sie versuche, "von den eigenen, gravierenden Versäumnissen im jahrzehntelang schwarz geführten Innenministerium abzulenken".

Fakt ist jedenfalls, dass Kickl in seiner Amtszeit das BVT in die Negativschlagzeilen gebracht hatte: Auf der Suche nach ÖVP-Netzwerken im Innenministerium hatte er im BVT und verschiedene Privatwohnungen von Mitarbeitern Razzien durch Beamte der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität durchführen lassen. Und zwar auf Basis eines 39-seitigen Papiers, das in die Öffentlichkeit gelangt war und in dem von möglichen Vergehen, unlauteren Machenschaften und Intrigen im BVT die Rede war. Seitdem ist dessen Image und auch dessen internationaler Ruf völlig beschädigt.

Eine Situation, aus der das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung nur mittels einer grundlegenden Neuaufstellung herauskommen kann. Selbst Innenminister Nehammer bezeichnet diese gegenüber News als "höchst notwendig" - wenn auch nicht einfach: "Eine Vase zu zerschlagen, ist leicht, die Splitter und Scherben wieder zusammenzusetzen und eine tragfähige Konstruktion zu schaffen, ist aber viel aufwändiger."

Komplette Neuaufstellung

Ziel sei ein "neuer Verfassungsdienst mit nachrichtendienstlicher Komponente", das "so schnell wie möglich" umgesetzt werden soll, so der Minister. "Unser Ziel ist, mit der Neuaufstellung des BVT Vertrauen zurückzugewinnen - von der Bevölkerung, aber auch von den internationalen Partnern." Der Reformprozess sei mit dem Vorziehen von drei wichtigen Themenbereichen mit den entsprechenden Gesetzesvorhaben bereits begonnen worden: erweiterte Sicherheitsüberprüfung der Mitarbeiter, Reform bei der Ausbildung und die Aufnahmerichtlinien seien wesentliche Weichenstellungen für die Neustrukturierung, sagt Nehammer "Mir ist wichtig, damit auch zu zeigen, dass wir aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben." Man sei "mitten drin im Prozess", der eine große Herausforderung sei, die "von Partnerdiensten aus den USA, Großbritannien, Israel und Deutschland positiv begleitet wird". Inklusive notwendiger Gesetzgebung wolle man damit im ersten Quartal 2021 fertig sein, erklärt der Innenminister, der "aufgrund der festgestellten Mängel auch zusätzliches Personal aufnehmen" will.

Laut Nehammers Sicherheitsdirektor Ruf dauere so ein Prozess im internationalen Vergleich normalerweise zwei Jahre, man wolle aber mit einem "engen Zeitplan von einem Jahr" das Auslangen finden: "Bei dem grausamen Terroranschlag in Wien zeigte sich, dass die nachrichtendienstliche Komponente in Österreich traditionell nicht gut ausgeprägt ist." In Sachen Informationsgewinnung im Vorfeld und erweiterter Gefahrenabschätzung müsse umfassendes Know-how aufgebaut werden, sagt Ruf: "Aus diesem Grund arbeiten wir mit den Kollegen aus anderen Ländern zusammen." Letztlich müssten kriminalpolizeiliche Ermittlungen und nachrichtendienstliche Schiene ein gemeinsames effizientes System darstellen.

Skepsis zur Reform

Aussagen, die von den Neos mit einer gewissen Skepsis gesehen werden: Die Neuaufstellung sei ihnen "immer schon zu langsam" gegangen. Während der Innenminister der Regierung Bierlein, Wolfgang Peschorn, versucht habe, trotz "Verwalten statt Gestalten" die BVT-Reform voranzutreiben, sei unter Karl Nehammer eher Dynamik rausgenommen worden, so Krisper: "Außer großen Überschriften - wie auch jetzt beim Anti-Terror-Paket -ist nicht viel passiert. Deshalb erwarten wir uns jetzt eine straffe Zeitleiste unter Einbindung des Parlaments." Inhaltlich gebe es noch eine gewisse Skepsis, etwa zu der geplanten Trennung von nachrichtendienstlichen und polizeilichen Tätigkeiten. "Die Notwendigkeit für diese Änderung erschließt sich uns noch nicht wirklich, dazu gab es bisher nur oberflächliche Diskussionen."

Zwiespältig reagiert auch Terrorismusexperte Stockhammer -zumindest auf die Ankündigung, dass bei der Neuaufstellung des BVT mit befreundeten Nachrichtendiensten kooperiert werde: Dies sei zwar "an sich sehr sinnvoll", doch müsse man "die Konsequenzen einer Richtungsentscheidung abwägen": für den Westen und gegen den Osten? Man könne nicht bei beiden Seiten mit an Bord sein, so Stockhammer: "Eigentlich war es in der Vergangenheit immer die Stärke Österreichs, im wahrsten Sinne neutral zu sein. Österreich war immer am besten bedient, wenn es seine eigenen Interessen verfolgt hat." Laut Beobachtern könne es dabei auch darum gehen, die unter der türkis-blauen Regierung von der FPÖ propagierte Russland- Connection wieder zurechtzurücken.

Konflikte und Geburtsfehler

In vielen Ländern -so auch in Deutschland -sei der Nachrichtendienst vom Verfassungsschutz getrennt, erklärt der Experte. Dazu komme noch die Frage, ob man eine nachrichtendienstliche Behörde mit einer polizeilichen vermischen dürfe, was in den meisten Ländern ebenfalls abschlägig beurteilt werde. Bei der aktuellen BVT-Reform geht es darum, diese Bereiche zu trennen. Stockhammer: "Wenn beispielsweise in einer Anti-Terror-Angelegenheit mit einem befreundeten Dienst kooperiert wird, ist man gleichzeitig dazu genötigt, aufgrund der Staatsschutzagenden gegen diesen Dienst im Sinne der Spionageabwehr zu agieren. Das ist eindeutig ein Interessenskonflikt." Aus Sicht Stockhammers "ein Geburtsfehler des BVT, dass hier Staats-/Verfassungschutz und Nachrichtendienst mit Spionagekompetenz vermengt werden".

Um das BVT auf neue Beine zu stellen, müssten aber nicht nur die Strukturen angepasst, sondern auch die Attraktivität für den Job dort hergestellt werden. Dazu gehört auch ein wertschätzendes Umfeld für diejenigen, die dort arbeiten, sagt Stockhammer: "Wenn dauernd öffentlich Schmutzwäsche gewaschen wird, leidet auch das Image der Organisation und der dort tätigen Mitarbeiter." Und es brauche "echte High Performer" für diesen Job - mit einem speziellen Anforderungsprofil: Mitarbeiter von Nachrichtendiensten müssen sich für die Sache voll aufopfern und damit leben können, dass sie den Ruhm nicht ernten. Denn die Arbeit findet hinter verschlossenen Türen statt und bleibt auch dort. Eine Terrorismusbekämpfung für das 21. Jahrhundert müsse sowohl strukturell als auch operativ effektiv sein, so Stockhammer "Dort, wo begleitende Maßnahmen der Prävention nicht mehr greifen, muss man mit aller Härte des Gesetzes vorgehen", sagt Stockhammer. Das Ziel sollte eine Terrorismusabwehr sein, die den Staat resilient und sicher gegen Angriffe von außen und von innen macht, ihn sozusagen imprägniert. Eines sei klar, sagt der Terrorismusexperte: "Das BVT ist ein zentrales Werkzeug für die innere Sicherheit und damit hoch relevant für jeden Innenminister."

Ursprünglich ist dieser Beitrag in der Printausgabe von News erschienen (Nr. 46/2020)!