Wahlprogramm der SPÖ

"111 Projekte für Österreich": Forderungen zu Reichensteuer und Jugendgerichtshof

Der SPÖ-Bundesparteirat hat Samstagmittag einstimmig das Wahlprogramm der Sozialdemokraten und mit 95,9 Prozent auch die Bundesliste abgesegnet. Parteichef und Spitzenkandidat Werner Faymann freute sich nach der Veranstaltung, an der rund 500 Delegierte und Gäste teilnahmen, über dieses Zeichen der Geschlossenheit.

von SPÖ im Rahmen des Bundesparteitages zur Nationalratswahl 2013 © Bild: APA/Punz

Dass die SPÖ bereits ein umfassendes Wahlprogramm vorgelegt hat, wurde von Klubchef Josef Cap gewürdigt. Denn während die Sozialdemokraten schon vor dem Urnengang klar machten, wofür sie stünden, habe die politische Konkurrenz, vor allem die ÖVP, das offenbar erst nach der Wahl vor. Derzeit sehe es ohnehin so aus, als ob die Volkspartei nur zwei Programmpunkte habe, die Vertretung der Interessen der Banken und der Millionäre.

Die SPÖ-Bundesliste wird von Faymann angeführt, gefolgt von Frauenchefin Gabriele Heinisch-Hosek, FSG-Chef Wolfgang Katzian und Nationalratspräsidentin Barbara Prammer. Auch sämtliche Regierungsmitglieder, Klubchef Josef Cap und die Bundesgeschäftsführer Laura Rudas und Norbert Darabos werden bei einem "normalen" Wahlausgang Mandate erreichen. Fix dabei ist ferner als Neuzugang die Chefin der Jungen Generation Katharina Kucharowits, die es sogar auf Listenplatz fünf geschafft hat. Ein weiterer prominenter Neuzugang ist der Chef der früheren Metaller-Gewerkschaft "pro-ge", Rainer Wimmer, der freilich schon in früheren Jahren im Nationalrat vertreten war.

"111 Projekten für Österreich"

Das Wahlprogramm läuft unter dem Namen "111 Projekten für Österreich". Gefordert werden unter anderem als "Millionärssteuer" Vermögens- und Erbschaftssteuer mit einer Freigrenze von einer Million, die Wiedereinrichtung des Jugendgerichtshofs, ein Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Lebensjahr sowie ein zweites verpflichtendes Gratis-Kindergartenjahr. An der Spitze der Weisungskette soll künftig nicht mehr die Justizministerin, sondern ein unabhängiger Bundesstaatsanwalt stehen.

Formal sind es eigentlich nur 101 Projekte, die von der SPÖ selbst erarbeitet wurden. Zehn Projekte überließ man den Bürgern, die sich in einem dreistufigen Verfahren auf zehn der Partei genehme Anliegen einigen konnten. Freilich hätten wohl fast alle davon ohnehin den Weg ins Programm gefunden, etwa die Forderungen nach Ganztages- und Gesamtschule oder "Papa-Monat". Im Folgenden die wichtigsten Anliegen der SPÖ aus ihrem Wahlprogramm.

Faymann warnt vor Schwarz-Blau

Beim Bundesparteitag hat Bundeskanzler Werner Faymann eindringlich vor der Wiederkehr einer schwarz-blauen Regierung gewarnt und allen neoliberalen Tendenzen eine Absage erteilt. In seiner rund 35-minütigen Ansprache beim "kleinen Parteitag" in der Wiener "Meta-Hall" tönte der Parteichef, begeistert akklamiert vom Parteivolk: "Dieses Land ist einfach zu schön, um es einer schwarz-blauen Regierung zu überlassen."

Denn getraut wird dem Koalitionspartner seitens der SPÖ nicht. Die ÖVP sei immer sehr kreativ gewesen, Koalitionen zu schmieden, wenn es darum gehe, die SPÖ aus Regierungen zu drängen, erinnerte Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos in seinem Eingangsstatement an die Bildung einer schwarz-grünen Koalition in Tirol und eines schwarz-grün-Stronach-Bündnisses in Salzburg und gab als Ziel aus, stark genug zu werden, dass eine Koalition gegen die SPÖ unmöglich werde.

Koalition mit FPÖ als Horrorszenario

Faymann wüsste von der ÖVP schon im Vorfeld gerne, wie sie es mit Koalitionen nach der Wahl halten werde, vermutet er doch, dass unter dem schwarz-grünen Deckmantel eigentlich wieder an eine Koalition mit den Freiheitlichen gedacht werde. Die erscheint der SPÖ als Horrorszenario für das Land, habe es doch unter Schwarz-Blau Rekordarbeitslosigkeit trotz guter Konjunktur gegeben, wie Faymann erinnerte. Und auch ein Comeback des Neoliberalismus würde mit einer Koalition aus ÖVP und Freiheitlichen bevorstehen, ist der Kanzler überzeugt.

Eigentlich hätte er sich ja gedacht, dass angesichts der Finanzmarktkrise eine Erschütterung durch Europa gehen würde und ein Ende der "Anti-Staat"-Konzepte die logische Folge wäre. Dass dem nicht so sei, beweise aber beispielsweise das konservativ regierte Großbritannien, wo politische Gestaltungsmöglichkeiten zu Gunsten von haltloser Liberalisierung und Privatisierung aus der Hand gegeben würden. Dass sich hier wieder nur einige wenige bereichern, werde die SPÖ in Österreich verhindern.

Nicht ablassen von Millionärssteuer

Keinesfalls ablassen will der SPÖ-Chef von der auch im Wahlprogramm integrierten Millionärssteuer. Den Vorwurf der Wirtschaftsfeindlichkeit kann Faymann nicht nachvollziehen, sei doch im Gegenzug geplant, den Faktor Arbeit zu entlasten. Hier werde wohl Wirtschaftsfeindlichkeit mit Gerechtigkeit verwechselt. Einmal mehr forderte der Kanzler eine Verlängerung der Bankenabgabe. Immerhin müsse der Staat auch die Kosten für die privatisierten Finanzinstitute übernehmen, und eigentlich brauche man das Geld für anderes, etwa für Bildung.

Kein Gewöhnungsprozess dürfe entstehen, was die Arbeitslosenzahlen betreffe, mahnte Faymann. Jeder vierte Jugendliche in der EU habe keinen Job, daher brauche es in Österreich aber auch auf europäischer Ebene Beschäftigungsinitiativen.

Frauenpension: Angleichung

Ein großes Anliegen ist es der Sozialdemokratie gegenwärtig, die Frauen vor einer vorzeitigen Angleichung ihres Pensionsantrittsalters zu bewahren. Faymann gab eine Garantie dafür ab, dass unter ihm als Kanzler der Beginn der Anhebung nicht vor 2024 beginnen werde, wie es derzeit auch Gesetzeslage ist.

Direkte Angriffe auf VP-Chef Michael Spindelegger ließ Faymann in seiner von den Delegierten insgesamt sehr positiv aufgenommenen Rede bleiben, diese Aufgabe blieb Darabos, der dem Vizekanzler nicht nur beim Frauen-Pensionsalter einen Zick-Zack-Kurs vorhielt: "Die Politik des ÖVP-Obmannes ist offenbar ein einziges Missverständnis."

Für den Bundesgeschäftsführer steht das V in der ÖVP somit ohnehin nur noch für Verunsicherung, und Spindelegger könne zwar den Anspruch stellen, Erster zu werden, zu mehr als einem "V" für Vizekanzler werde es aber nicht reichen, gab sich Darabos überzeugt.

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