Nadal im Melbourne-Viertelfinale
von Körper und Cilic besiegt

Spanier musste im fünften Satz nach sehenswerter Partie verletzt aufgeben

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Es war ein bitteres Ende eines hochklassigen Matches. Nach mehreren Behandlungen am rechten Oberschenkel musste Nadal das erste Game des Entscheidungssatzes als Rückschläger kaum bewegungsfähig fast kampflos abgeben, schien danach bereits zum Handshake zu gehen, doch wechselte noch einmal die Seiten. Nach Verlust eines umkämpften Games sowie bei Breakrückstand sah der Iberer aber das ab da gegen Cilic aussichtslose Unterfangen ein.

Beim Abgang in die Kabine hatte der Weltranglistenerste Mühe, ein paar Stiegen zu bewältigen. Der 31-Jährige hat nun drei Turniere in Serie verletzungsbedingt vorzeitig verlassen. Im November trat er beim Masters-1000-Turnier in Paris wegen einer Knieverletzung nicht zu seinem Viertelfinale an und stieg deswegen eineinhalb Wochen danach bei den ATP-Finals in London nach seiner ersten Partie aus dem Turnier aus. Nur Tage vor Turnierstart war sein Melbourne-Antreten klar.

Vor dem unerwarteten Ende hatten die begeisterten Zuschauer in der Rod Laver Arena einen ausgeglichenen Schlagabtausch gesehen. Nach Verlust des ersten Satzes rüttelte Cilic eine Verwarnung wegen Zeitüberschreitung vor dem Service auf, drehte fortan Satz zwei von 2:3 auf ein 6:3. Im über 72 Minuten gegangenen dritten Satz gipfelte die Szenerie in einem Tiebreak, in dem Cilic druckvoll spielte. Nach einem leichten Vorhandfehler bei 5:5 hatte aber Nadal statt er den - verwerteten - Satzball.

Cilic blieb aber auch in Durchgang vier am Drücker und da wusste Nadal wohl schon, dass das Match für ihn womöglich nicht gut enden werde. "Nach dem Tiebreak habe ich gedacht, dass ich mein Match noch verbessern, noch einen drauflegen muss. Ich habe meine Intensität hochgehalten", verriet Wimbledonfinalist Cilic im "On Court"-Interview über seine Taktik. "Aber es ist so schade für Rafa. Es war eine unglaubliche Leistung von uns beiden."

Mit Edmund hat Cilic einen vermeintlich einfacheren Halbfinalgegner. Der gebürtige Südafrikaner hat freilich einen nicht für möglich gehaltenen Lauf, vertritt den verletzt abwesenden Schotten Andy Murray für Großbritannien prächtig. Höhepunkt seines Siegeszugs war am Dienstag ein 6:4,3:6,6:3,6:4 gegen Grigor Dimitrow. "Kyle hat einen unglaublichen Lauf", zollte Cilic seinem kommenden Gegner Respekt. "Ich muss einfach so weitermachen, das Spiel in meine Hände nehmen."

In seinem ersten Grand-Slam-Viertelfinale überzeugte Edmund mit Nervenstärke und 46 direkten Gewinnschlägen. Vorjahres-Halbfinalist Dimitrow war als Favorit in die Partie gegangen, nachdem sich die Nummer drei in den Runden davor mit Andrej Rublew (RUS) und Nick Kyrgios (AUS) erfolgreich starker Konkurrenz erwehrte.

"Heute war so ein Tag, an dem ich einfach keine Mittel gefunden habe", sagte der Weltranglisten-Dritte aus Bulgarien. Diese Position würde der 26-jährige Djokovic an Cilic verlieren, sollte der das Finale erreichen. Nadal hingegen bleibt vorne, aber nur knapp, sollte Federer die Titelverteidigung gelingen. Fix ist auch, dass der Niederösterreicher Dominic Thiem um eine Position auf Platz sechs zurückfallen wird.

Edmund würde schon mit einem Finaleinzug in die Top 20 vorstoßen und Murray als am höchsten gereihter Brite ablösen. "Es ist ein unglaubliches Gefühl", meinte der 23-Jährige über seinen Sieg. "Wow!", twitterte hingegen kurz und prägnant Murray über den Erfolg seines Davis-Cup-Kollegen. Edmund ist in der Profi-Ära der sechste Brite in einem Major-Halbfinale. Betreut wird der Weltranglisten-49. vom Schweden Fredrik Rosengren, ehemaliger Coach von dessen Landsmann Robin Söderling.

Grundlage für Edmunds Viersatzsieg gegen Dimitrow war eine über die gesamte Spielzeit von 2:49 Stunden aggressive Spielweise. Daraus entsprangen 13 Asse, 80 Prozent erfolgreicher Netzangriffe, aber auch mit 48 um zwölf unerzwungene Fehler mehr als sein Gegner. Ein Break bei 4:4 in Satz vier brachte dem Außenseiter den entscheidenden Vorteil. Den Sieg hatte Edmund in der Tasche, nachdem das "Hawk-Eye" einen Rückhandschlag Dimitrows als etwas zu lang entlarvte.

Von den anderen Viertelfinali wird zunächst das Duell der Ungesetzten Tennys Sandgren (USA) - Chung Hyeon (KOR) ausgetragen. Während Sandgren als Achtelfinal-Sieger gegen Thiem sein bisher bestes Ranking bereits sicher hat, würde es Djokovic-Bezwinger Chung mit einem Halbfinal-Einzug erreichen. In der "Nightsession" ist Titelverteidiger Roger Federer (SUI-2) gegen Tomas Berdych (CZE-19) klarer Favorit, er führt im Head-to-Head bei zuletzt acht Siegen in Serie 19:6.

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