So war die "Mozart!"-Premiere
am Raimund Theater

Musical kehrt 16 Jahre nach seiner Uraufführung adaptiert nach Wien zurück

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Musicalstart - So war die "Mozart!"-Premiere
am Raimund Theater

"Ich bin, ich bin Musik", singt das zum willensstarken Jugendlichen gewordene Wunderkind eingangs, und schon ist man in Oedo Kuipers' Bann. Der gebürtige Niederländer gibt Wolfgang Amadeus Mozart verschmitzt und doch grundsympathisch, strahlend und doch innerlich zerrissen, als dem Glücksspiel zugeneigter Lebemann ebenso wie als der Musik verschriebener "Musikus mit Schuss", wenn er auch am Klavier bessere Figur macht als an der kurz zum Einsatz kommenden E-Gitarre, deren Saiten Kuipers eher unmotiviert streichelt statt anschlägt.

Angenehm unkitschiges Liebesduett

Vom genialen Komponisten, der sich vom überfürsorglichen Vater losreißen und als eigenständiger Künstler und Mensch verwirklichen will, erzählt die Eigenproduktion der Vereinigten Bühnen Wien (VBW) von Autor Michael Kunze und Komponist Sylvester Levay. Aufführungsserien in sieben Ländern mit 1,9 Mio. Besuchern hinter sich, kehrt "Mozart!" nun - vom einstigen Leading Team unter Regisseur Harry Kupfer adaptiert - an seinen Uraufführungsort zurück. Die Musiknummern, begleitet vom VBW-Orchester unter der Leitung von Koen Schoots, bleiben bestehen. Einzig mit "Wir zwei zusammen" fügt sich ein neues, angenehm unkitschiges Liebesduett zwischen Wolfgang und seiner Ehefrau Constanze (perfekte Ergänzung: Franziska Schuster) ein, bezirzen sich die zwei Freigeister doch auf einem Kettenkarussell in luftiger Höhe mit dem bodenständigen Satz: "Wir zwei zusammen, das könnte gehen".

Dem fordernden Vater - für sein Wolferl "gleich der Erste nach Gott" - kommt in der Neuinszenierung eine wichtigere Rolle zu, die mit Thomas Borchert derselbe Musicalstar glaubwürdig ausfüllt wie schon bei der Uraufführung 1999. Mark Seibert überzeugt als besitzergreifender Fürsterzbischof Colloredo stimmlich ebenso wie mit Waschbrettbauch unter dem Morgenmantel, und die fantastische Ana Milva Gomes singt als Baronin von Waldstätten alle an die Wand. Wermutstropfen: Die u.a. beim Ohrwurm "Gold von den Sternen" übersteuerte Musikbegleitung, die es vermag, Gomes' gewaltige Stimme zu überlagern.

Neue Optik mit Videowand

Als eine Art Schutzengel schwebt Gomes in himmlischem Blau förmlich durch den Bühnenraum, der mit Ausnahme einer dezent eingesetzten Drehbühne statisch bleibt. Auf "Dekor und Spektakel", von denen Emanuel Schikaneder (Johannes Glück) im ersten Akt singt, hat man nämlich weitgehend verzichtet. Nur das obligatorische Klavier und ein paar samtene Stühle befinden sich dauerhaft physisch auf der Bühne (Bühnenbild: Hans Schavernoch). Optisch wird ganz auf eine Videowand gesetzt, die sich über die gesamte Rückseite erstreckt und das Geschehen mit Fotos von Palastgemäuer, Opernhäusern und Sehenswürdigkeiten in Salzburg, Wien, Paris und Mannheim verortet (Videodesign: Thomas Reimer). Das eignet sich wohl auch für Auslandsreisen und dürfte Wien-Touristen entzücken, wirkt aber auf Fotos im begleitenden Programmheft besser als im Auditorium - nicht zuletzt, weil die Relationen nur in jener Szene stimmen, in der sich Wolfgang vor der Kulisse einer von Sonnenschein durchfluteten Kathedrale am Klavierhocker zum Gebet niederkniet.

Mitverjüngende Kostüme

Überraschend gut fügen sich die Kostüme in das Gesamtbild ein, hat sich Kostümbildner Yan Tax doch von barocken Perücken und puffigen Kleidern losgesagt, dem getriebenen Wolfgang stattdessen weiße Lederhose und T-Shirt verpasst und blitzen im Ensemble hautenge Jeans und Leggins unter manchen Roben durch. Der Kutsche wird dann auch der Hippie-Bus der unkonventionellen Schwiegerfamilie Weber gegenübergestellt, und sogar eine Plastik-Palme aus dem Kofferraum ist Teil der optischen Verjüngungskur.

Abseits dieser seltenen Farbtupfer bleibt "Mozart!" düster wie eh und je, veranschaulicht Wolfgangs Last durch seine Genialität mit dem kleinen, unermüdlich komponierenden Amadé (Sophie Wilfert) an seiner Seite. Das mutet bei der Premiere trotz starker Ensembleleistung bereits etwas zu geschliffen an, die Dramaturgie erscheint glatt und bemüht, und die Geschichte will nie so richtig Fahrt aufnehmen. Mozarts tragischer Tod nach drei Stunden (inklusive Pause) lässt einen dementsprechend kalt. Und der darauffolgende freundliche Premierenapplaus steigert sich nur bei Kuipers und Gomes zu Jubelrufen.

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