Warum der Mindestlohn die
Schattenwirtschaft befeuert

7 Fakten: Was Schwarzarbeit ist, wie der Mindestlohn sie beeinflusst und mehr

Die Putzfrau, die bar entlohnt wird, oder die Friseurin, die nach Hause kommt: Die Schattenwirtschaft macht mehr als ein Zehntel der Wirtschaftsleistung aus. Erstmals seit Jahren dürfte ihr Anteil nicht mehr sinken. Was hat das mit dem Mindestlohn zu tun?

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Studie - Warum der Mindestlohn die
Schattenwirtschaft befeuert

Der flächendeckende Mindestlohn treibt einer Studie zufolge die Schwarzarbeit in die Höhe. Trotz eines robusten Arbeitsmarkts dürfte die Schattenwirtschaft daher erstmals seit Jahren nicht weiter zurückgehen. Das zeigt eine Prognose des Tübinger Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung (IAW) und der Universität Linz.

"Pfusch" steigt 2015 weiter

Die wachsende Arbeitslosigkeit und die konstant hohe Steuer- und Sozialabgaben-Last werden den "Pfusch" in Österreich heuer weiter steigen lassen. Die Schattenwirtschaft dürfte 2015 das dritte Jahr in Folge zunehmen und auf 21,35 Mrd. Euro bzw. 8,14 Prozent des BIP klettern, nimmt der Linzer Volkswirtschafts-Professor Friedrich Schneider an. Das ist EU-weit der niedrigste Wert.

Größter Verlierer beim "Pfusch" sei der Staat, dem dadurch Steuern und Sozialbeiträge in Höhe von 2 bis 3,5 Mrd. Euro pro Jahr entgehen, so Schneider. Die Steuerverluste selbst würden sich deshalb in Grenzen halten, da das "schwarz" verdiente Geld sofort wieder im offiziellen Wirtschaftskreislauf ausgegeben werde. Weiterer Verlierer seien die Krankenversicherungen, die Kosten zusätzlicher Unfälle bzw. von Arbeitsunfähigkeit der Pfuschern tragen müssten.

In der Europäischen Union ist Österreich - in positiver Hinsicht - Schlusslicht beim Anteil der Schattenwirtschaft, gemessen am offiziellen Bruttoinlandsprodukt. Ebenfalls einstellige Raten weisen nur noch Luxemburg (8,3), die Niederlande (9,0) und das Vereinigte Königreich (9,4 Prozent) auf. Jedoch ist Österreich eines von nur sechs EU-Ländern, in denen der "Pfusch" zunimmt.

Was ist Schwarzarbeit genau?

Doch was fällt eigentlich alles unter Schwarzarbeit? Bei Schwarzarbeit umgehen Arbeitgeber und Beschäftigte Steuern oder Sozialabgaben. Experten sehen sie als Teilbereich der sogenannten Schattenwirtschaft, zu der auch illegale Beschäftigung und kriminelle Aktivitäten zählen.

Welche Faktoren beeinflussen sie?

Geringere Arbeitslosigkeit führt in der Regel dazu, dass weniger schwarz gearbeitet wird, weil die Menschen dann leichter eine besser bezahlte reguläre Arbeitsstelle finden. Daher sind die Konjunktur und die Lage auf dem Arbeitsmarkt wichtige Faktoren. Eine Rolle spielen laut IAW-Direktor Bernhard Boockmann auch politische Rahmenbedingungen wie hohe Sozialabgaben und Steuerbelastungen. 2015 dürfte sich ihm zufolge deshalb vor allem der seit Jänner geltende Mindestlohn bemerkbar machen. Hinzu kämen auch das Rechtsbewusstsein der Menschen und die Frage, wie hoch das Risiko sei, aufzufliegen.

Warum spielt der neue Mindestlohn so eine wichtige Rolle?

Der Mindestlohn führt bei vielen Arbeitgebern zu steigenden Kosten. Laut der gemeinsamen Studie von IAW und Universität Linz sind in den klassischen Schwarzarbeitsbranchen Lohnsteigerungen von insgesamt 7 Mrd. Euro nötig, um die Mindestlohn-Regelungen einzuhalten. Gerade Branchen mit ohnehin viel Schwarzarbeit sind demnach davon betroffen. Gewerkschaften haben bereits vor Schummeleien gewarnt.

In welchen Wirtschaftszweigen ist Schwarzarbeit besonders verbreitet?

Experte Boockmann nennt Gaststätten, Hotels sowie die Landwirtschaft und Dienstleistungen im Haushalt. Auch in der Bauwirtschaft werde häufig am Fiskus vorbei verdient. Dort gibt es den Mindestlohn zwar schon länger - der Gewerkschaft IG Bau zufolge gibt es aber nach wie vor auch viel kriminelle Energie.

Ist auch Unkenntnis ein Grund für Schwarzarbeit?

"Haushalte, die Schwarzarbeiter beschäftigen, wissen in der Regel, was sie tun", sagt Boockmann. Ausnahmen gebe es möglicherweise, wenn kein Geld fließe. "Aber auch ein nachhaltig ausgeübter Tausch von Leistungen - etwa wenn der eine dem Sohn regelmäßig Nachhilfe gibt und der andere ihm dafür auf dem Bau hilft - kann Schwarzarbeit sein."

Wie kann man gegensteuern?

Neben gesetzlichen Änderungen sowie Strafen sind Kontrollen ein Mittel. Für die Überwachung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung ist der Zoll zuständig. Um die Einhaltung des Mindestlohns zu prüfen, soll das Personal um 1.600 Stellen aufgestockt werden. Fachleute sind aber skeptisch, ob das reicht. "Unsere Analysen zu den schon bisher existierenden branchenspezifischen Mindestlöhnen zeigen, dass der Zoll Schwierigkeiten haben wird, die Einhaltung des Mindestlohns wirklich flächendeckend zu prüfen", sagt Boockmann. "Wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Mindestlohn umgehen wollen, finden sie auch einen Weg."

Wie geht es in den kommenden Jahren weiter?

Hochrechnungen dazu gibt es noch nicht. IAW-Direktor Boockmann sieht aber keine Hinweise auf eine Trendwende. "Wir sehen wenige Impulse, die auf einen Rückgang der Schattenwirtschaft hindeuten", sagt er. Beim Mindestlohn gelten bis 2017 Übergangsfristen - so dass sich die dadurch befeuerte Schwarzarbeit sogar noch verstärken könnte.

Kommentare

ja wir müssen ja die vielen Beamten in Verwaltung, ÖBB, Asfinag, Heer und Bildung
erhalten! Von Reformen keine Spur! Was machen unsere Politversager, außer schlafen und das seit Jahrzehnten auf Kosten der Steuerzahler!

Ja wenn die Unternehmer nichts zahlen wollen, muss man sich halt nach der Decke strecken. Der Staat erhöht alles was nur möglich ist. Es bleibt den Leuten nichts anderes übrig als mit Pfusch etwas dazu zu verdienen.

wenn jemand noch steuer zahlt ist selbst schuld.

11223344 melden

wenn man im berufsleben nichts verdient hat dann sollte man auch keine (null) pension bekommen, so würde die schwarzarbeit sehr schnell sinken bzw. wenn jemand hirn hat selbst einen gewissen betrag einzahlen. aber soweit kommt es leider in unserem übersozialen staat nicht. denn arbeitslosengeld, mindestsicherungen und ein bisserl pfusch, warum hackeln gehen? es verdient sich ja so viel mehr ...........

Nudlsupp melden

Schwarzarbeit ist wie Viagra. Keiner braucht es selbst, aber die Zahlen sprechen für sich. Leider gilt in vielen Fällen nach wie vor die Devise, die Kleinen hängt man, und die großen lässt man laufen. Schwarzarbeit ist gesellschaftlich natürlich nicht tolerierbar, aber ich kann Familienvater verstehen, der mit seinem Erwerbseinkommen einfach an Grenzen gelangt und nebenher a bissl "pfuscht"....

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...zumal sich der Schaden aus der Schwarzarbeit meines Erachtens in engen Grenze hält. Selbst wenn die Lohnleistung schwarz ist, wird oftmals Material gekauft und verbaut, deren Produktion und Handel förderlich für Beschäftigung und Steueraufkommen ist zudem wird es in den meisten Fällen ja so sein, daß die Bar vereinnahmten Zusatzeinkommen recht schnell dem Konsum zufließen und damit wiederum...

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....sich positiv auf Steuern und Arbeitsplätze auswirken. Zudem ist mir persönlich 1000 mal lieber ein "Schwarzhackler" gönnt sich selbst was, als dass die aufgeblähten Apparate von GKK bis sonst noch was irgendwo sich die Taschen noch voller stopfen, weil es ja im Überfluss da ist. Meine persönliche Meinung.

günza melden

Mich wundert es wenig, dass es zu Schwarzarbeit kommt. Wenn man jahrelang Arbeitslosengeld und anschließend die Mindestsicherung bekommt, dazu noch verschiedene Zuschüsse für die Miete, Heizkosten usw. wäre man ja schön blöd sich das zu verhauen für einen Job in dem man geringfügig mehr hat aber nach allen Ausgaben dann wiederum weniger im Börserl bleibt.

günza melden

Wir leben in einer Konsumgesellschaft. Da will jeder alles haben aber nicht jeder ist bereit auch alles dafür zu tun. Bei mir war nur der Vater berufstätig und meine Mutter war bei uns vier Kindern daheim und hat sich um den Haushalt gekümmert. Trotzdem hat mein Vater als Installateur genug verdient um ein Haus zu bauen und auf Urlaub zu fahren. Ich arbeite heute mit meiner Gattin und habe zwei

günza melden

Kinder. Ich kann mir aber kein Haus bauen und auf Urlaub fahre ich auch nicht jedes Jahr. Ja warum ist das bloß so. Kann es sein, dass das Verhältnis Einkommen zu Kosten eventuell doch deutlich höher ist als früher?

Roland Mösl
Roland Mösl melden

Arbeit muss frei werden! Keine Steuern und Abgaben mehr auf Arbeit, damit gibt es dann auch keine Schwarzarbeit mehr.
http://weltweiterwohlstand.org/freie-arbeit/

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Das halte ich mal für einen visionären und denkwürdigen Ansatz. Zumindest was Einkommen betrifft, die für ein angemessenes Leben notwendig sind. Einkommen über 100.000 oder über 200.000 können durchaus einen Beitrag zur Gesellschaft leisten, aber jemand mit 2.000 oder 3.000 brutto im Monat noch arm zu rechnen, halte ich tatsächlich für falsch. Möglichkeiten zur Gegenfinanzierung gibt es genug

Oberon
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Wo gibt's vorwiegend Schwarzarbeit? Am Bau schon immer, im Gastgewerbe, Friseure/Kosmetikerin, EDV und diversen Handwerksberufen. Auch die polnische Putzfrau wird nur ungern angemeldet, was dieser durchaus recht ist. Einheimisches Reinigungspersonal hat's da schwer, wenn es darauf besteht, angemeldet zu werden.
Ganz ehrlich: Für mich wäre es nichts, das würden meine Nerven nicht aushalten....

Oberon
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Ich habe von einer Frau gehört, die hat irgendwann damit angefangen, bei einigen Putzstellen schwarz zu arbeiten. Als sie in Pension gehen wollte, war da nicht viel zu holen. Man sollte halt hin und wieder sein Hirn einschalten oder sich von großkopferten "Fachkräften" ein Beispiel nehmen, die erwischt ja auch keiner, oder...?!

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