Das Millionen-Märchen

Wie Banken, Wirtschaft und Politik den Opernball zur Millionenshow machen - und weshalb offenherzige Großspender im Endeffekt auch selbst profitieren

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Society - Das Millionen-Märchen

Gut, da sind all die Stars und Sternchen in ihren steifen Fracks und wuchtigen Roben, breit gefächerte Prominenz. Doch wer Österreichs wichtigsten Society-Event in seiner wahren Dimension begreifen will, der sollte sich zunächst ein paar Zahlen vor Augen führen: Der Wiener Opernball, der am Donnerstag zum 61. Mal stattfindet, ist ein Wirtschaftswunder im Dreivierteltakt.

»Der Opernball hat höchste Umwegrentabilität«

Unter Regie der neuen Organisatorin Maria Großbauer lukriert die Staatsoper mit dem Großereignis heuer Einnahmen in Höhe von 4,6 Millionen Euro. Dem stehen Gesamtausgaben in Höhe von 3,5 Millionen Euro gegenüber - womit unterm Strich 1,1 Millionen Euro Gewinn bleiben. Ja mehr noch: "Der Opernball hat höchste Umwegrentabilität", sagt Elisabeth Gürtler, die als ehemalige Ballorganisatorin und umtriebige Touristikerin gleich doppelt Einblick hat. "Die Gäste müssen ja auch Quartier nehmen und essen, die Damen gehen zum Friseur und kaufen schöne Kleider, die Besucher fahren mit dem Taxi in die Oper." Konservativ geschätzt liegt die gesamte Wertschöpfung rund um das große Gewalze bei 15 Millionen Euro.

© Video: APA

Allein für die Auf-und Umbauarbeiten werden Firmen mit einem Auftragsvolumen in Höhe von 1,4 Millionen Euro beschäftigt, während der Opernballwoche sind im altehrwürdigen Haus am Ring 50 Firmen tätig. Allein am Ballabend beschäftigt die Gastronomie vor Ort rund 320 Personen zur Bewirtung der 5150 Gäste. Rund 250 Personen sind für die Sicherheit im Einsatz, an die 150 Musiker sorgen in acht verschiedenen Ballbereichen für Stimmung. Die Gastronomie köpft mehr als 1300 Flaschen Sekt und Champagner, schenkt 900 Flaschen Bier und 3000 Flaschen Wasser aus, kocht 2500 Paar Würstel, kredenzt 1000 Stück Petits Fours und Sandwiches sowie 1300 Portionen Gulaschsuppe. Ein Glas Sekt kommt auf zwölf Euro, ein kleines Bier auf neun, ein Mineral auf 7,50 und ein paar Würstel auf 10,50 Euro.

Eine Eintrittskarte für den längst ausverkauften Opernball 2017 kostet 290 Euro, eine Loge für maximal zwölf Personen zwischen 10.000 und 20.500 Euro, ein Tisch zwischen 400 und 1200 Euro. Schon bei der Generalprobe müssen für Stehplatzkarten 25 Euro und für Sitzplatzkarten immerhin zwischen 30 und 60 Euro berappt werden.

»Dieses Jahr war die Nachfrage besonders stark. Die Logen waren alle schon im Herbst vergeben«

Das Thema Compliance - also unzulässige Einladungen zwecks Anfütterung von Entscheidungsträgern -spielt für die Organisatoren übrigens kaum eine Rolle, sagt Staatsopernsprecher André Comploi: "Wir sind immer ausverkauft und haben lange Wartelisten. Dieses Jahr war die Nachfrage besonders stark. Die Logen waren alle schon im Herbst vergeben."

Doch weshalb tanzt gerade am glatten Parkett der Oper alles an, was in Finanz und Wirtschaft Rang und Namen hat? Die Casinos Austria etwa, die als einer der Hauptsponsoren fungieren, sind heuer schon zum 37. Mal dabei, dem Vernehmen nach lässt man sich den Event knapp unter 100.000 Euro kosten. Für Casinos-Boss Karl Stoss geht es aber primär um Beziehungspflege und darum, Werbung für das Unternehmen zu machen. "Der Opernball ist einer der heimischen Topevents und für uns eine tolle Bühne. Als österreichisches Topunternehmen dabei zu sein, ist immer ein krönender Höhepunkt", bekennt Stoss nicht ganz frei von Pathos.

Die große Zurückhaltung

Um die Namen der Wirtschaftsgäste wird meist ein großes Geheimnis gemacht. "Um sie nicht in Verlegenheit zu bringen", wie es etwa seitens der OMV heißt. Österreichs größter Energiekonzern ist Generalsponsor der Staatsoper und natürlich auch am Ball der Bälle mit einer repräsentativen Loge vertreten. Für OMV-Vorstandschef Rainer Seele sei "der Ball eine gute Gelegenheit, Kontakte mit Geschäftspartnern zu pflegen", heißt es aus seinem Büro.

»Der Ball ermöglicht Kontakt und Meinungsaustausch mit nationalen und internationalen Politikern sowie mit Wirtschaftsvertretern und Künstlern«

Offener ist dagegen die Wirtschaftskammer Österreich, die ein Stammgast des Staatsballs ist und sich um 20.500 Euro - das ist die teuerste Kategorie - eine Loge gemietet hat. Heuer wird WKO-Präsident Christoph Leitl von seiner Vizepräsidentin Martha Schultz als Gastgeberin vertreten. "Der Ball ermöglicht Kontakt und Meinungsaustausch mit nationalen und internationalen Politikern sowie mit Wirtschaftsvertretern und Künstlern", sagt sie.

In der WKO-Loge zu Gast sind heuer der deutsche Botschafter Johannes K. Haindl, Zeit-Verlag-Geschäftsführer Rainer Esser und der Deutschland-Chef des Bawag- Eigentümers Cerberus, David Knower. Letzterer ist übrigens als möglicher Botschafter von US-Präsident Donald Trump in Deutschland im Gespräch. Vor dem Opernball treffen sich die Kammervertreter und ihre Gäste beim Essen mit Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner, der heuer CSU-Staatssekretärin Dorothee Bär und Uniko-Präsident Oliver Vitouch in seine Loge eingeladen hat.

Auch Finanzminister Hans Jörg Schelling wird heuer wieder "den Opernball für internationale Kontaktpflege nutzen", heißt es aus seinem Büro. "Unsere Gäste sind IWF-Direktorin Christine Lagarde und der maltesische Finanzminister und derzeitige EU-Ratsvorsitzende Edward Scicluna." Mit den Gästen würden bereits am Nachmittag bilaterale Arbeitstreffen im Ministerium stattfinden. Der Besuch des Opernballs erfolge über das Repräsentationsbudget, so Schellings Sprecherin.

Die Logen von Bundeskanzler Christian Kern und von Bundespräsident Alexander Van der Bellen sind übrigens die einzigen, die gratis sind. "Das sind Dienstlogen", sagt Staatsopernsprecher Comploi. Das Führungsduo hat übrigens keinen Staatsgast eingeladen, sondern empfängt hochkarätige Gäste aus Politik und Wirtschaft.

Apropos Kosten: Besucht ein Unternehmer den Opernball und lädt auch Kunden oder Partner ein, stellt sich die Frage, ob die Ausgaben hierfür von der Steuer abzugsfähig sind. Grundsätzlich sind das Repräsentationskosten, und diese seien nicht abzugsfähig, heißt es dazu aus dem Finanzministerium. Weist der Unternehmer nach, dass die Bewirtung der Werbung dient und die betriebliche oder berufliche Veranlassung weitaus überwiegt, so könnten derartige Aufwendungen oder Ausgaben zur Hälfte abgezogen werden -laut Ansicht des Fiskus ist das bei einer Einladung zum Opernball aber nicht der Fall.

»Sponsoring, wenn es gut dokumentiert ist und eine Werbewirkung entfaltet, durchaus als Betriebsausgabe absetzbar«

Leichter fällt dies dagegen Firmen, die den Opernball direkt sponsern. Laut Finanzministerium ist "Sponsoring, wenn es gut dokumentiert ist und eine Werbewirkung entfaltet, durchaus als Betriebsausgabe absetzbar". Und die Liste der Sponsoren ist lang: Darunter finden sich Unternehmen wie Agrana, Siemens, Lexus, Bundy &Bundy, Gösser, Edition Lammerhuber, der Falstaff-Verlag von PR-Profi Wolfgang Rosam, Finis Feinstes (Mehlmarke von Leipnik- Lundenburger), Gerstner Catering, Österreich Wein Marketing, Palmers, Peek & Cloppenburg, Schlumberger, Vöslauer, Schwarzes Kameel und Swarovski.

Einige von ihnen stellen die Damenund Herrenspenden zur Verfügung, andere wiederum unterstützen die Kinderoper, Swarovski fertigte den von Karl Lagerfeld gestalteten Kopfschmuck für die Debütantinnen. Und alle, alle müssen dafür zahlen, dass sie das tun dürfen - umgekehrt haben sie aber auch Einnahmen wie zum Beispiel Gerstner beim Catering.

Die Spender, die besonders viel Geld zur Verfügung stellen - zum Beispiel Buwog, RZB, LLI, Schoellerbank, Porsche Holding, WKO, Siemens oder Voestalpine -, haben aber zumindest den Anspruch auf eine der besonders begehrten Logen im ersten Rang. Logen haben auch netdoktor. at (Familie Dichand), die Firma Felber, die Kerbler Holding, die Deutsche Handelskammer, die Egger Holding, mehrere Rechtsanwälte, Wiens Bürgermeister Michael Häupl und Ex-Raiffeisen-General Christian Konrad.

In Summe stammen knapp vier Prozent des 114 Millionen Euro hohen Jahresbudgets der Staatsoper aus Sponsorgeldern. Allein durch die Einnahmen aus dem Ball können bis zu vier neue Bühnenproduktionen finanziert werden - und so werden dank Opernball Banknoten zu Noten.

Kommentare

Wenigstens 1 Tag im Jahr, wo die Oper kein Defizit hat!

Reine Geldverschwendung!! Damit sich die ahnungslosen Politiker und andere Wichtigmacher wieder präsentieren können!! Traurig, dass sich Leute diesen Schmarrn ansehen!

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