Großprozess gegen die
römische Mafia gestartet

Gleich 46 Angeklagte müssen sich im "Mafia Capitale"-Verfahren rechtfertigen

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Fakten - Großprozess gegen die
römische Mafia gestartet

In einem überfüllten Gerichtssaal waren unter anderem der Unternehmer Daniele Pulcini und die zwei ehemaligen Hauptstadtpolitiker Daniele Ozimo und Luca Odevaine anwesend. Letzterer hatte elf Monate lang in Untersuchungshaft verbracht, bevor er in Hausarrest entlassen wurde. "Ich habe Fehler gemacht, habe jedoch meine Verantwortung zugegeben und arbeite mit den Staatsanwälten zur Klärung des Falls zusammen", so Odevaine zu Prozessbeginn.

Trotz Hochsicherheitsaula durften die Hauptangeklagten, der ehemalige rechtsextremistische Terrorist Massimo Carminati und seine "rechte Hand", der Unternehmer Salvatore Buzzi, nicht persönlich vor die Richter treten. Zu hoch sei das Sicherheitsrisiko, urteilte Gerichtspräsidentin Rosanna Ianniello. Buzzi und Carminati verfolgten per Videokonferenz das Verfahren. Buzzi ist in einem Hochsicherheitsgefängnis im friaulischen Tolmezzo inhaftiert.

Carminati, der bei einer Schießerei ein Auge verloren hatte und der "Einäugige" genannt wurde, und Buzzi, der in den achtziger Jahren wegen Mordes verurteilt worden war und nach dem Absitzen seiner Strafe mit Kooperativen für soziale Dienstleistungen zu Reichtum gekommen war, gelten als Drahtzieher eines riesigen kriminellen Rings, das jahrelang die Kassen der römischen Stadtverwaltung geplündert haben soll.

Bürgermeister soll mit von der Partie gewesen sein

Mafia und Korruption florierten laut den Ermittlern mit Unterstützung des ehemaligen rechten Bürgermeisters Gianni Alemanno. Er und andere Politiker, darunter auch einige der sozialdemokratischen Partei PD von Premier Matteo Renzi, sollen mit der "Mafia Capitale" unter einer Decke gesteckt haben, lautet der Vorwurf. Alemanno, der zwischen 2008 und 2013 im Amt war, weist alle Vorwürfe zurück.

Der Skandal hatte heftige politische Nachbeben und führte indirekt zur Auflösung der Stadtregierung um Roms sozialdemokratischen Bürgermeister Ignazio Marino. Der 2013 als Nachfolger Alemannos gewählte Transplantationschirurg war zwar persönlich nicht von den Ermittlungen betroffen, allerdings aber mehrere Mitglieder seiner Stadtregierung. Marinos Stadtregierung bröckelte schon seit Monaten, bis er selber in den Sog einer Affäre um private Ausgaben mit einer Kreditkarte der Gemeinde geriet, die ihm zum Verhängnis wurde. Seit einer Woche ist die 3,5-Millionen-Metropole ohne Bürgermeister. Ein von der Regierung ernannter Sonderverwalter führt die Hauptstadt jetzt bis zu Neuwahlen im Frühjahr.

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