Low-Carb-Diät: Ja oder Nein?

Welche Ernährungsformen sind wirklich zum Abnehmen geeignet? Geister scheiden sich.

Der Sommer naht und die Diäten boomen. Aber welche Ernährungsform zum Abnehmen geeignet ist, darüber scheiden sich - auch die wissenschaftlichen - Geister. Die in letzter Zeit propagierten kohlenhydratarmen Ernährungskonzepte stehen immer noch dem High Carb gegenüber. Denn wissenschaftliche Studien über den Erfolg von Low Carb gibt es noch zu wenig, wie Experten im Gespräch betonten.

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Ernährung - Low-Carb-Diät: Ja oder Nein?

Der Kohlenhydratreduktion ist durchaus Positives abzugewinnen, wie Bernhard Ludvik von der Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel der Universitätsklinik für Innere Medizin III in Wien (AKH) am Rande eines Vortrages berichtete. Er hat Low Carb-Ernährungsformen (Atkins-Diät, Mediterrane Diät, High Protein und Glykämischer Index) miteinander verglichen. Jedoch fehlen noch Langzeitstudien, um den gesundheitlichen Vorteil zu beweisen. Fakt ist, dass sich Low Carb gerade am Anfang günstig auswirkt, jedoch nach einem Jahr schneiden andere Ernährungsformen nahezu ähnlich gut ab, wie eine von Ludvik präsentierte Studie (2005 bis 2007) zeigt.

Fettreduzierung schlecht

Dabei wurden zwei Jahre lang drei Ernährungsformen beobachtet: eine kohlenhydratreduzierte Kost, wo zunächst zwei Monate lang täglich lediglich 20 Gramm Kohlenhydrate konsumiert und danach auf 120 Gramm täglich erhöht wurde, die Mittelmeerdiät mit viel Fisch, Geflügel, Gemüse, Nüsse und Olivenöl sowie eine fettreduzierte Kost. In den ersten sechs Beobachtungsmonaten hatte die Low Carb-Ernährung die Nase vorne. "Der Gewichtsverlust war deutlich besser, auch Parameter wie Lipide haben sich verbessert", sagte Ludvik. Nach zwölf Monaten kam es zu einem Angleich zwischen der Low Carb-Ernährung und der mediterranen Kost. Bei der fettreduzierten Ernährung konnte zwar auch Gewicht reduziert werden, sie schnitt jedoch am schlechtesten ab.

Von 1960 bis in die 1990er-Jahre hat sich die Zufuhr von Kohlenhydraten fast verdoppelt. Ein besonders starker Anstieg ist laut Ludvik seit den 1980er-Jahren zu verzeichnen, besonders was die einfachen Kohlenhydrate (etwa Zucker) betrifft. Seit damals freut sich nicht nur das Fast Food über große Beliebtheit, sondern auch der Maissirup, der etwa in Softdrinks hinzugemischt wird. Parallel dazu gehen Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen und Krebs einher, die in Verbindung mit diesen Nahrungsgewohnheiten stehen. "Der Konsum von komplexen Kohlenhydraten, wie wir sie immer propagieren, geht deutlich zurück", so Ludvik. Bei komplexen Kohlenhydraten handelt es sich um stärkehaltige Lebensmittel, die den Blutzuckerspiegel über längere Zeit stabil halten, etwa Gemüse oder Vollkornprodukte.

"Nordic Diet" im Trend

Neu auf dem Diätenjahrmarkt ist die "Nordic Diet", die von Rene Redzepi für Bewohner der nordeuropäischen Länder entwickelt wurde, damit diese vermehrt auf regionale Nahrungsmittel zugreifen können. Hier werden viel Fisch, Gemüse und Obst in Form von Beeren mit Vollkornprodukten und fettarmen Milchprodukten sowie Rapsöl kombiniert, erklärte Ludvik.

Vom "Brot-Junkie" zu Low-Carb

Eine proteinreiche Ernährung würde laut Mediziner Bernhard Ludvik durchaus den Effekt haben, den Hunger längerfristig zu stillen. Ein Phänomen, das auch die Tiroler Diätologin Daniela Pfeifer für ihren eigenen Lebensstil entdeckt hat. Als "bekennender Brot-Junkie" hat sie aufgrund einer Autoimmunkrankheit ihre Ernährung auf Low Carb umgestellt.

"Mir war allerdings die schmackhafte, sättigende und einfache Umsetzung nicht klar", so Pfeifer. Mittels Eigenversuch stellte sie eine Steigerung der Leistungsfähigkeit und einen erstaunlichen Gewichtsverlust ohne Hunger fest. "Als Nebenwirkung dieser Kost verlor ich meine Süß-Gelüste sowie meine Stimmungsschwankungen und das Verlangen nach Brot und Nudeln." Für die Tirolerin ein Grund, ihre Erfahrungen nun in einem Buch zusammenzufassen. Sie hat rund 50 Rezepte entwickelt, die alle glutenfrei und sojafrei und somit auch für glutenintolerante und autoimmun-erkrankte Personen geeignet sind.

Zu wenig Studien

Einen positiven Effekt wegen der langen Sättigung sieht auch die steirische Diätologin Anna Auer, obwohl sie zu bedenken gibt, dass es noch zu wenig Langzeitstudien dazu gibt. "Es geht schon in die Richtung, dass der Proteinanteil höher sein sollte", so Auer. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO sollten 70 bis 80 Gramm Eiweiß pro Tag konsumiert werden, für eine Gewichtsabnahme werden doppelt so viel, nämlich 140 Gramm pro Tag, empfohlen.

Zu wenig Eiweiß

Auers Erfahrung nach nehmen die Menschen allerdings zu wenig Eiweiß zu sich. Während die Männer die Bilanz mit Fleisch noch halbwegs einhalten können, kommen Frauen so gut wie nie auf die empfohlenen Mengen. "In der Früh essen sie Butterbrot mit Marmelade und danach meistens fleischlose Gerichte." Doch verallgemeinern könne man die Empfehlungen nicht, die Ursache für Übergewicht sei immer noch zu viel zugeführte Energie und zu wenig Bewegung.

"Die Leute haben verlernt, normale Portionen zu essen", weiß auch Ernährungsberaterin Christina Lachkovics-Budschedl. "Und man muss ihnen wieder beibringen, dass sie regelmäßig essen", sagte die Expertin, die viele Profi-Sportler berät. Und man sollte sich weniger Gedanken übers Essen machen. Lachkovics-Budschedl: "Wir müssen atmen, schlafen und essen. Übers Atmen macht sich auch keiner so viele Gedanken."

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