Nicht reizen, nicht füttern

Die US-Medien tappen in dieselben Fallen, die Jörg Haider seinerzeit aufstellte.

von Eva Weissenberger © Bild: Ian Ehm

Abschaum! Lügner! Widerliche Menschen! Donald Trump zog bei Wahlkampfauftritten ständig über Journalisten her. Dann schloss er missliebige von diesen ganz aus. Nachdem Zeitungen Verfehlungen Trumps enthüllt hatten, drohte er damit, die Gesetze zum Schutz vor übler Nachrede zu verschärfen, und dann "verklage ich euch, ihr Lügner!". Kaum war er zum US-Präsidenten gewählt, verbat er einem Reporter des Nachrichtenkanals CNN bei einer Pressekonferenz das Wort und brüllte ihn nieder: "You are Fake News! Fake News! Fake! Fake! Fake!"

Wird er von Medien der Lüge überführt, müssen seine Sprecher das mit einer weiteren Lüge kaschieren. Wird diese wieder entlarvt, wie zuletzt, flüchten sie in ein Paralleluniversum: Die Aussage sei nicht falsch gewesen, sie hätte auf "alternativen Fakten" beruht, fauchte Trumps Wahlkampfmanagerin einen TV-Moderator an.

Wir in Österreich kennen das. Wie Trump konstruierte sich die FPÖ unter Jörg Haider mehrere Außenfeinde, um den eigenen Anhängern ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl zu vermitteln, und einer davon waren die Medien. Anfang der 1990er-Jahre kündigte Haider an: Wenn er einmal "etwas zu reden habe", werde er dafür sorgen, dass in den Redaktionen "in Zukunft weniger gelogen" werde. Später ließ er keine Gelegenheit aus, um Journalisten als Teilnehmer an einer "linken Jagdgesellschaft" oder als "Tugendterroristen" zu diffamieren. Bei Pressekonferenzen und Reden gab er einzelne Medienvertreter dem Gespött preis, andere verwies er des Saales. Später wischte er jeden blauen Skandal mit der Ausrede weg, dass es sich dabei nur um eine Ausgeburt "kranker Journalistengehirne" handle. 2001 wollte der damalige FPÖ-Justizminister Dieter Böhmdorfer Journalisten, die aus Akten eines gerichtlichen Vorverfahrens zitieren, mit bis zu sechs Monaten Gefängnis bedrohen.

Und wie reagierten wir Journalisten darauf? Falsch.

Die einen ließen sich auf den Nahkampf ein und kamen gar nicht mehr aus der Empörung heraus; die anderen hechelten der Quote wegen jeder seiner Provokationen hinterher. Beide Gruppen vergaßen auf ihre eigentliche Aufgabe, die Politik der FPÖ zu beschreiben, zu analysieren, Lügen zu entlarven und sinnvolle Vorschläge -diese soll es mitunter auch gegeben haben -zu würdigen. Den richtigen journalistischen Umgang mit Politikern dieses Schlags brachte Gerhard Weis, zu Zeiten der schwarz-blauen Wende ORF-Generalintendant, auf den Punkt: nicht reizen, nicht füttern, nicht in den Käfig gehen!

Bisher tappten die US-Medien in dieselben Fallen wie unsereins damals -und heute. Für diesen Befund muss man nicht die Berichterstattung über Heinz- Christian Strache heranziehen. Sebastian Kurz zettelt quartalsmäßig Burka-Debatten an, obwohl er genau weiß, dass diese nichts zur Integration beitragen, und findet jedes Mal wieder einen Deppen, Pardon, ein Medium, der reflexartig darauf einsteigt.

Heute ist die Lage verschärft: Wer Aufmerksamkeit erregen will, braucht dafür keine klassischen Medien mehr, der lässt seine Politobszönitäten einfach von Parteiredakteuren durch alle Social-Media-Kanäle jagen.

Den Journalisten bleibt, sich auf ihre Stärken zu besinnen: jede Information prüfen und wieder hinterfragen und dann noch einmal. Bis man die Information als Faktum ansehen kann. Das ist alternativlos.

Was meinen Sie? Schreiben Sie mir bitte: weissenberger.eva@news.at

Kommentare

Prinzipiell guter Kommentar. Aber warum "fauchte Trumps Wahlkampfmanagerin einen TV-Moderator an"? Ich habe die Sendung gesehen, sie hat idiotisch, aber ruhig geantwortet, von "fauchen" keine Rede. Vielleicht liegt auch hier ein Grund dafür, dass Medien immer weniger geglaubt wird?

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