Die 9 Musketiere

Landeshauptleutekonferenz: Machtverlust ohne Pröll und Pühringer?

Die Landeshauptleutekonferenz gibt es rechtlich gar nicht, und doch geht gegen ihren Willen in der Politik nichts. Behält sie ihr Gewicht auch mit den Neuen?

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POLITIK - Die 9 Musketiere

Die Treffen finden niemals im Geheimen statt, und doch haftet ihnen etwas Konspiratives an. Seit mehr als 50 Jahren treffen einander die neun Landeshauptleute jeweils im Frühling und Herbst zum Erfahrungsaustausch. Erklärtes Ziel der mehrstündigen Sitzungen: Neben der Wahrung der Interessen der Länder geht es vor allem um das Finden und Vertreten einer gemeinsamen Linie nach außen. Und jedes einzelne Mal gibt es im Anschluss an die Sitzung mindestens ein Thema, das zu landesweiten Diskussionen und auch Gesetzesentscheidungen führt. Was die Oberhäupter der jeweiligen Bundesländer zu sagen haben, hat Gewicht. Und oft genug beißen die Bundespolitiker auf Granit, solange sich die Landeshauptleutekonferenz nicht anders entscheidet. "Gegen die Gruppe der neun bringt man als Bund nichts durch", sagt Politikwissenschaftler Peter Filzmaier. Zwei "klassische Beispiele" für Themen, die von den neun Musketieren seit Jahren blockiert würden, seien Finanzausgleich und Strukturreformen, sagt ein hochrangiger Funktionär.

Streng nach Alphabet

Dabei ist das Treffen der Landeschefs lediglich eine informelle Besprechung von Menschen mit ähnlichen Interessen. Verfassungsrechtlich gibt es die Landeshauptleutekonferenz gar nicht. Dennoch ist sie neben dem gesetzlich legitimierten Bundesrat das politisch wichtigste Gremium für den Föderalismus - und wird von der Bundespolitik entsprechend ernst genommen. An den Treffen nimmt neben den Landeshauptleuten und ihren Landesamtsdirektoren mindestens ein Vertreter der Regierung teil - in den meisten Fällen ein Minister oder sogar der Kanzler selbst.

Damit die Landeshauptleutekonferenz auch nach außen ein Gesicht hat, wechseln einander die Landeschefs in der öffentlichen Performance ab. Jeweils sechs Monate lang nehmen sie, streng nach dem Alphabet, Stellung zu aktuellen Themen. So kommentierte Tirols Landeshauptmann Günther Platter als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz die Pläne zur Mindestsicherung ebenso wie das neue Arbeitsprogramm der Regierung.

Bundesländer-Logik

Das Machtgefüge innerhalb der Landeshauptleutekonferenz könnte sich durch die angekündigten Rücktritte von Niederösterreichs Landeschef Erwin Pröll und seinem oberösterreichischen Pendant Josef Pühringer jetzt ändern. Politologe Anton Pelinka hält es aber noch für offen, ob es innerhalb des Gremiums tatsächlich jemanden geben wird, der es dominieren wird - wie Pröll es tat. Filzmaier geht gar davon aus, dass die Veränderungen "nicht so groß wie erwartet" sein werden: "Alle Landeshauptleute beziehen ihren Einfluss aus den Ländern, an dieser Logik ändert sich nichts."

Demnach hätte auch Prölls designierte Nachfolgerin, Johanna Mikl-Leitner, die Macht der Landespartei hinter sich. Dass sie auf längere Sicht dennoch nicht den gleichen Spielraum wie ihr Vorgänger haben wird, liegt laut dem Politikexperten vor allem an der nächsten Landtagswahl in Niederösterreich: "Ohne eine absolute Mehrheit muss Mikl-Leitner viel komplexer als Pröll agieren." Auf diesen Wahlerfolg kann die künftige Landeshauptfrau aber nur bedingt hoffen. "Diese Position Prölls kann niemand so schnell einnehmen", sagt Filzmaier. Wäre das doch der Fall, hätte auch Mikl-Leitner - zwar nicht sofort, aber wohl innerhalb von zehn Jahren - die gleiche Stellung wie ihr Vorgänger inne.

In der Zwischenzeit werden die Landeshauptleute auf Allianzen setzen. So könnte laut Pelinka ein möglicher Zusammenschluss von Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl mit seinem Salzburger Kollegen Wilfried Haslauer "den Ton innerhalb der Konferenz angeben". Filzmaier verweist auf eine andere traditionell starke Bundesländer-Achse: "Die Allianz zwischen der niederösterreichischen und oberösterreichischen ÖVP war extrem akkordiert und hat immer gehalten." Mikl-Leitner und Pühringers Nachfolger, Thomas Stelzer, hätten wenig Grund, von diesem Arrangement abzugehen, "allein schon, um nichts am Machtgefüge innerhalb des Landes zu ändern", sagt ein hochrangiger Politiker.

Doch auch andere Allianzen sind denkbar: So kommen die guten Nachbarschaftsbeziehungen zwischen Tirol (Günther Platter) und Vorarlberg (Markus Wallner) auch dem Gesprächsklima innerhalb der Landeshauptleutekonferenz zugute. Gemeinsam mit Haslauer bilden Platter und Wallner die "Westachse". Ähnliche Verbindungen gibt es zwischen der Steiermark (Hermann Schützenhöfer) und dem Burgenland (Hans Niessl). In diesem Fall spielen Parteigrenzen eine geringe Rolle. Wenig bis gar keine Rolle in diesem Machtkampf dürften hingegen die beiden Sozialdemokraten Peter Kaiser (Kärnten) und Michael Häupl (Wien) spielen. Angesichts eines absehbaren Rücktritts des Letzten wenig überraschend. "Häupl ist ein Bürgermeister auf Abruf und in seiner eigenen Wiener Partei geschwächt", sagt Pelinka. "Er wird nicht mehr in der Lage sein, einer von ÖVP-Landeshauptleuten dominierten Konferenz seinen Stempel aufdrücken zu können."

Popularitätsfaktor Geld

Tatsächlich werden viele abwarten, wie die erste Landeshauptleutekonferenz mit Mikl-Leitner und Stelzer abläuft. Die beiden könnten sich zudem auch in der Öffentlichkeit schnell profilieren. Immerhin sei Österreichs politisches System so gestaltet, dass der Bund den Bürgern Steuergelder wegnimmt, sagt Filzmaier: "Durch den Finanzausgleich kann die Landesverwaltung mit dem Landeshauptmann an der Spitze das Geld wieder für die Bürger ausgeben." Dieser "Macht-und Popularitätsfaktor" jedes Landeschefs ändere sich auch in Zukunft nicht. Und die große Geldverteilung läuft wiederum ganz und gar nicht im Geheimen ab.

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