So tricksen Sie
Ihren Körper lachend aus

Kein Witz: Lachen ist gesund, hält fit und kann Schmerzen lindern

Wer täglich wenigstens einmal herzhaft lacht, regt das Herz und die Immunabwehr an. Lachen hält so fit wie Joggen. Es nimmt Kranken Schmerz und Flüchtlingen ein wenig Angst.

von Lachender Hund © Bild: istockphoto

Am Anfang war der Selbstversuch. Der amerikanische Psychiater William Finley Fry Jr. sitzt vor dem Fernseher und sieht sich einen Film mit den Humor-Superstars Dick und Doof an. Stan Laurel und Oliver Hardy mühen sich damit ab, ein Klavier einen Hügel hinaufzuschieben. Fry zerkugelt sich vor Lachen. So weit, so unspektakulär. Doch in seinem Arm steckt eine Nadel, und es wird ihm regelmäßig Blut abgezapft. Und siehe da: Während der Forscher seinen Spaß hat, steigt die Zahl jener natürlichen Killerzellen in seinem Blut signifikant an, die zum Beispiel dafür zuständig sind, von Viren befallene Zellen im Körper abzutöten. Ein erster Nachweis: Lachen ist gesund.

Die Erkenntnisse der Lachforschung

Das war in den 1960er-Jahren. Gut 50 Jahre später tappen Clowns auf leisen Sohlen durch Krankenhausgänge und -zimmer, sie wirbeln tollpatschig durch Altersheime oder besuchen Flüchtlinge, wie zuletzt am Westbahnhof, um ein wenig dazu beizutragen, dass die Seele angeschlagener Menschen wieder Kraft bekommt. Sie bringen das Lachen zu Menschen, die gerade nicht besonders viel zu lachen haben. Und sie machen sich dabei jene Erkenntnisse der Lachforschung, auch Gelotologie genannt, zunutze, für die Fry einen Grundstein gelegt hat. In Österreich sind Cliniclowns und die Rote Nasen Clowndoctors aktiv. Was die sensiblen Spaßmacher bewirken können, erklärt Monica Culen, Gründerin der Roten Nasen, so: "Lachen ist für den Menschen wesentlich. Wer nicht mehr lachen kann, ist nicht mehr lebensfähig. Wir beobachten das immer wieder im Krankenhaus: Wenn die Lebenskräfte abnehmen, hören die Menschen auf zu lachen. Das funktioniert auch umgekehrt: Das Lachen kann die Lebenskraft zurückbringen. Daher konnten wir manchmal schon mithelfen, Krisen zu überwinden. Ein besonderes Anliegen ist uns auch die Arbeit mit Flüchtlingen. Menschen, die fliehen, brauchen mehr als Essen und ein Dach über dem Kopf. Wie alle anderen auch haben sie das Bedürfnis nach Glücksmomenten.“

»Wer nicht mehr lachen kann, ist nicht mehr lebensfähig. Wenn die Lebenskräfte abnehmen, hören die Menschen auf zu lachen. «

Im neuen Buch "Kleine Wunder“ beschreiben Rote-Nasen-Clowns aus verschiedenen Ländern ihre Begegnungen mit kleinen und großen Patienten. Gary Edwards, im Clownleben Dr. Pytlik genannt, berichtet von einem krebskranken Mädchen, aus dem bereits sämtliche Lebensgeister gewichen schienen. Sie sieht nichts mehr, und ihr Arzt bezweifelt, ob ein Besuch noch etwas bewirken kann. Doch Clown Dr. Pytlik bringt sie zum Lachen, indem er einen Vogel unter ihrem Bett zwitschern und um sie herumflattern lässt. Als er das nächste Mal ins Krankenhaus kommt, ist das Mädchen nicht mehr da. Schon befürchtet er das Schlimmste. Doch der Arzt überrascht ihn mit der guten Nachricht, dass sich der Zustand des Mädchens nach seinem Besuch extrem verbessert habe. "Ihr Augenlicht und ihre Körperfunktionen kamen zurück, und wir konnten sie nach Hause schicken.“ Große Wunder gelingen nicht oft, doch schon die kleinen Wunder zeigen den Clowns immer wieder, wie wichtig ihre Arbeit ist. Wenn Patienten wieder mit ihrer Umgebung zu kommunizieren beginnen, wenn die Angst vor einer schmerzhaften Untersuchung oder einer Operation durch ein Lachen verdrängt wird oder wenn in den letzten Tagen eines Lebens noch einmal die Leichtigkeit des Augenblicks hervorblitzt.

Dinge in ein anderes Licht rücken

Giora Seeliger, der künstlerische Leiter und Mitbegründer der Rote Nasen Clowndoctors, sagt: "In einem Spital dreht sich alles um die Krankheit des Kindes. Mit dem Clown kann es aus einer oft wenig erfreulichen Realität heraustreten und in eine Fantasiewelt eintreten. Er kann Dinge in ein anderes Licht rücken, sodass man darüber lachen kann. Kinder fürchten sich oft im Krankenhaus. Wenn sie mit den Clowns lachen, vergessen sie ihre Angst für eine Weile. Das gilt auch für die Eltern, die oft sehr besorgt sind, gerade bei einer schweren Krankheit ihres Kindes.“ Mit den Clowns können Kinder auch über Dinge sprechen, mit denen sich Eltern schwertun. Seeliger: "Einmal haben wir zu einem Kind gesagt, dass wir zu Weihnachten wiederkommen werden. Es hat geantwortet: ‚Zu Weihnachten lebe ich nicht mehr. Aber mit Mama kann ich darüber nicht reden. Die weint dann immer gleich.‘“

»Wenn der Clowndoctor kommt, ist das wie ein Rendezvous mit dem Leben.«

"Man braucht sehr viel Fingerspitzengefühl, um die Situation im Krankenzimmer zu erfassen und zu spüren, was möglich und notwendig ist. Das heißt nicht, dass man immer nur lustig ist. Und man braucht Spontaneität. Es läuft vieles nonverbal, zum Beispiel über Musik und Zauberei“, erzählt Christian Hölbling, der in Kärnten als Rote Nasen Clowndoctor Dr. Tiloff unterwegs ist. "Vor allem Kinder erinnern sich oft bis ins kleinste Detail an unsere Besuche. Da entsteht eine Lebensfreude, die im besten Fall länger anhält. Wir sind wie eine homöopathische Gabe. Schon eine ganz kurze Begegnung kann viel bewirken.“ Auch bei Besuchen in Altersheimen gebe es viele berührende und anhaltende Begegnungen, berichtet Hölbling. "Man merkt hier, wie sich der Kreis zwischen Kindern und alten Menschen schließt.“ Giora Seeliger erzählt: "Einmal hat eine alte Dame gesagt: ‚Wenn ihr kommt, ist das wie ein Rendezvous mit dem Leben.‘“

Wie wirkt Lachen?

Wie das Lachen wirkt, war seit den Pioniertaten des William Finley Fry oft Gegenstand medizinischer und psychologischer Studien. Man weiß, dass bei herzhaftem Lachen weit über hundert Muskeln im Körper aktiviert werden, von der Gesichtsmuskulatur bis zur Atemmuskulatur. Je herzhafter das Lachen, desto mehr wird der ganze Körper geschüttelt, desto mehr haben die Muskeln zu tun. Der Körper bekommt mehr Sauerstoff, die Bronchien werden durchlüftet, die Durchblutung angeregt.

Und nun etwas zum Lachen für alle Couch-Potatoes: "Lachen ist Joggen im Sitzen“, sagte schon Gelotologen-Urvater Fry. Der Psychoanalytiker und Lachforscher Michael Titze begründete das gegenüber dem "Spiegel“ so: "Man hat herausgefunden, dass 20 Kilometer Joggen ähnliche Veränderungen im Blut nach sich zieht wie eine halbe Stunde herzhaftes Lachen am Stück. Laufen und Lachen sollten also im Hinblick auf die allgemeine Gesunderhaltung eine ähnliche Wertigkeit erhalten.“ Das würde heißen: Sich einen lustigen Film auf dem Sofa anzusehen hat eine ähnliche Wirkung wie Laufschuhe anzuziehen und in den Wald hinauszujoggen.

»Lachen ist Joggen im Sitzen.«

Lachen aktiviert nämlich nicht nur Herz, Muskeln und Kreislauf. Beim Lachen werden Endorphine, also Glückshormone, ausgeschüttet. Die Produktion von Stresshormonen wie Adrenalin und Cortisol wird hingegen gebremst. In einer US-Studie kamen die Forscher zum Schluss, Lachen könne vor Herzinfarkt schützen. Bei einer Befragung von 300 Testpersonen, von denen die Hälfte bereits einen Herzinfarkt hinter sich hatte, gaben die Gesundgebliebenen öfter zu Protokoll, im Alltag häufig zu lachen. Was aber einfach auch daran liegen könnte, dass diese Befragten mit Stress grundsätzlich entspannter umgehen.

Das Ansteigen der T-Zellen im Blut und eine gewisse Stressignoranz könnten auch dafür verantwortlich sein, dass Menschen weniger anfällig für banale Infekte sind, meinen die Lachforscher. Dazu haben Forscher 400 Menschen mit Schnupfenviren "bombardiert“. Jene, die sich gestresst fühlen, erkrankten häufiger als die Frohnaturen. Bei Menschen, die sich einen lustigen Film angesehen haben, sind sogar einige Tage später noch mehr "Killerzellen“ nachweisbar als bei Menschen, die in letzter Zeit keinen Grund zum Lachen hatten.

Lachen lindert Schmerzen

Lachen lässt uns Schmerzen vergessen. Frisch Operierte brauchten bei einem Experiment weniger Schmerzmittel, wenn sie sich einen witzigen Film anschauten. Dass Menschen, die ängstlich oder gestresst sind, sich mehr auf ihren Schmerz konzentrieren und diesen daher stärker wahrnehmen, ist verständlich.

Vorbeugend lachen, quasi auf Krankenschein, kann nach all diesen Erkenntnissen wohl keine schlechte Idee sein. Doch richtig lachen ist gar nicht so einfach. Denn wer in einer stressigen Situation einfach loslacht, damit es ihm besser geht, kann von seiner Umwelt schnell einmal für nicht ganz dicht gehalten werden. Während Kinder noch spontan losprusten, überlegen viele Erwachsene schon verkrampft, ob das in der jeweiligen Situation eigentlich opportun ist. Sie lachen auch nur noch rund 20-mal am Tag, während es Kinder auf bis zu 400-mal bringen.

Bei Renate Pils kann man das unbeschwerte Lachen wieder üben. Sie ist Psychologin und Humortrainerin ( www.glueckspsychologie.at). In ihren "Humorgruppen“ trifft sie regelmäßig auf Menschen, die das Lachen erst wieder entdecken müssen. "Da schauen wir, was im Alltag möglich ist, um Humorfähigkeit zu lernen“, erzählt sie. Denn: "Humor ist etwas, das man weiterentwickeln kann.“ Sie empfiehlt eine "Entdeckungsreise zum eigenen inneren Schalk. In manchen Menschen schlummert das Schalksamenkorn noch.“ Humor gibt den Menschen die Möglichkeit, Dinge aus der Distanz auf einer Metaebene zu sehen.

»Wenn man lächelt, signalisiert man dem Gehirn: Es geht mir gut.«

"Dann kann man sich zurücklehnen und schauen, ob an einer Situation nicht auch etwas Komisches ist“, sagt Renate Pils. Wer in Arbeit untergeht, daran aber auch etwas Heiteres entdecken kann, wird danach zwar nicht weniger zu tun haben, ziemlich sicher aber dabei besser drauf sein. Wer sich ein bisschen bemüht, kann sich dabei auch selbst austricksen. Pils: "Wenn man lächelt, signalisiert man dem Gehirn: Es geht mir gut.“ Die Humortrainerin bietet Unternehmen auch an, ihre Mitarbeiter in "Glücksseminaren“ zu schulen, um sie gesünder, kreativer und erfolgreicher zu machen.

Systematisches Lachen

In über 6.000 Lachklubs in 60 Ländern wird systematisch gelacht. Sie praktizieren Lachyoga, das vor 20 Jahren vom indischen Arzt Madan Kataria in Mumbai entwickelt wurde. Künstliches Lachen soll die Yogis dabei zu einem echten Lachen verführen. Dazu braucht man weder Witz noch Humor. Lachyoga ist eine Kombination aus Klatsch-, Dehn- und Atemübungen, verbunden mit pantomimischen Einheiten, die letztendlich zum Lachen anregen sollen. Und wer nicht wirklich lacht, dem soll das Lachyoga dennoch nützen. Denn der Körper unterscheide nicht zwischen echtem und falschem Lachen, sagt Madan Kataria.

Lachen gegen Geld bietet hingegen Christian Hölbling gesunden Menschen, wenn er nicht gerade als Clowndoctor im Einsatz ist. In seinem realen Leben ist er nämlich auch noch Kabarettist - alle Rote Nasen Clowndoctors müssen entweder Musiker oder Schauspieler sein, damit für künstlerische Qualität gesorgt ist. Hölblings aktuelles Programm "Ich kann auch anders“ hat dieses Wochenende Wien-Premiere ( www.christianhoelbling.com). Da werden Swingnummern neu getextet - aus "Puttin’ On The Ritz“ wird der "Puttenhofer Fritz“ -, Allerweltstypen in ihrer ganzen Absurdität vorgeführt, und es wird über das Leben an sich schwadroniert.

Von seinen Begegnungen als Clowndoctor hat Hölbling auch etwas auf die Bühne mitgenommen: "Man lernt zu improvisieren, hat keine Angst vor Menschen und vor anfänglicher Ablehnung.“ Im Gegensatz zum Krankenhaus, in dem man jedes Mal mit anderen Stimmungen und Situationen konfrontiert sein kann und wo "zu 95 Prozent improvisiert wird, ist das Kabarettpublikum homogener und das Programm ist durchkonzipiert“, sagt Hölbling. "Kabarett ist ein Angebot, und wenn einer drinsitzt, dem es nicht gefällt, kann ich auch nichts machen. Als Clown kann ich mich nicht so leicht damit abfinden, da muss ich eine Möglichkeit finden, mit diesem Menschen in Kontakt zu treten.“

»Es wird einem durch Humor nicht alles erspart. Aber man kann damit anders umgehen.«

Ob er das Gefühl hat, seinem Publikum eine vorbeugende "Lachmedizin“ zu verabreichen? "Ich bin schon der Meinung, dass Humor eine gute Lebenshaltung ist. Es wird einem dadurch nicht alles erspart. Aber man kann damit anders umgehen, wenn man versucht, die Dinge humorvoll zu betrachten.“

Zahlenfetischisten in der Wissenschaft mögen einwenden, dass der endgültige Nachweis dafür, dass Lachen vor Erkältungen oder sogar wirklich schweren Erkrankungen schützt, auch in 50 Jahren Lachforschung noch nicht gelungen ist. Allerdings: Den Gegenbeweis, dass schlechte Laune hilft, hat auch noch kein Wissenschaftler geführt.

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