Der Schatz des Schahs

Jahrelang blieb die berühmte Kunstsammlung des letzten Schahs von Persien und seiner Frau im Iran unter Verschluss. Jetzt kommt ein Teil davon nach Europa - mit österreichischer Versicherung.

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Berühmte Kunstsammlung - Der Schatz des Schahs

Teheran im März 2015: Der österreichische Versicherungsmakler Alexander Kottulinsky sieht sich die weltberühmte Schatzkammer des letzten Schahs von Persien, Reza Pahlavi, und seiner Frau Farah Diba-Pahlavi an. Eingeweiht kurz vor der Machtübernahme der Mullahs im Jahr 1979, verschwand die wertvolle Kunstsammlung mit berühmten Werken vor allem aus Kubismus und Impressionismus danach lange Zeit im Keller des Museums für zeitgenössische Kunst in Teheran.

Mehr als 20 Jahre lang mussten Kunstsinnige aus aller Welt warten, bis sie zumindest einen Teil der außergewöhnlichen Sammlung zu Gesicht bekommen. Ab Dezember kommen nun einige Exponate der Sammlung nach Europa: Zuerst werden 30 Bilder in der Gemäldegalerie im Kulturforum an der Spree in Berlin gezeigt, im März steht das Museum Maxxi in Rom auf dem Plan. Gespräche gibt es auch mit der Tate Gallery in London und Museen in New York und Washington. Überall ist Kottulinsky im Hintergrund dabei, weil er die Sammlung auf der Tour versichert.

Kunst der hohen Politik

Sein Teheranbesuch hatte nämlich Folgen. "Ich war privat dort und habe die Schatzkammer des Schahs angeschaut", erzählt Kottulinsky, der selbst einer der ältesten Familien Österreichs entstammt und in sechster Generation Nachfahre von Erzherzog Johann ist. "Und ich habe den Direktor des Teheraner Museums für zeitgenössische Kunst gefragt, ob man einen Teil nach Europa bringen und dabei natürlich versichern kann."

Max Hollein, damals Chef gleich mehrerer Museen in Frankfurt und inzwischen Direktor des Fine Arts Museum of San Francisco, hatte den Deal schon vor einiger Zeit eingefädelt, war allerdings am damaligen wirtschaftlichen Embargo gegen den Iran gescheitert. Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte im Oktober 2015 das Museum in Teheran besucht und versucht, zu vermitteln. Die Kunst der hohen Politik gelang. Glück für Kottulinsky: Am 16. Jänner 2016 war Schluss mit den Sanktionen, am Tag danach hatte er einen Auftrag in der Tasche. Mit seiner Firma IRM-Kotax vermittelt der Steirer die auf rund 1,2 Milliarden Euro geschätzte persische Sammlung an die Uniqa-Versicherung, als Rückversicherer fungiert Lloyd's in London. Das beinhaltet 30 Bilder aus der insgesamt 1500 Stücke reichen Kunstsammlung, die Meisterwerke von Picasso bis Monet umfasst.

Ein besonderes Prachtstück ist "Mural on Indian Red Ground", ein Hauptwerk des amerikanischen "Action Painters" Jackson Pollock aus dem Jahr 1950 mit einem geschätzten Wert von 260 Millionen Dollar (235 Millionen Euro). Außerdem werden 30 Bilder von iranischen Künstlern gezeigt, die den Europäern auch vermitteln sollen, wie bedeutend die einheimischen Werke sind.

In Zeiten sinkender Zinsen und der nicht unbegründeten Furcht vor eventuellen Negativzinsen ist die Angst der Reichen, ihr Geld könnte in herkömmlichen Börsengeschäften schlecht angelegt sein, ein gutes Geschäft für Kunsthändler. Viele Wohlhabende kaufen Kunst und Schmuck, um ihre Portfolios breit zu fächern und das Risiko zu minimieren; Makler wie Kottulinsky versichern nicht nur teuren Schmuck, Yachten oder Schlösser, sie vermitteln auch Versicherungen für ganze Kunstsammlungen.

Denn die Kunst ist für viele Reiche - und nicht nur für sie -ein vielversprechenderes Geschäft als etwa der Kauf von Goldbarren, deren Wert erstens stark vom Kaufzeitpunkt abhängt und deren Aufbewahrung zweitens umständlich und teuer ist. Das mag auch auf Kunstwerke zutreffen, aber immerhin schmücken sie hohe, alte Mauern schöner als alles andere. Und nicht zuletzt gewinnen sie seit Jahren stetig an Wert dazu.

Im Jahr 2015 wurden laut dem Kunsthandelsmarktreport der "European Fine Art Foundation" weltweit geschätzte 62 Milliarden Euro an Kunst gehandelt, in der EU rund ein Drittel davon. In Österreich belief sich das Volumen des Kunsthandels auf 382 Millionen Euro. Viel Wert, der versichert werden muss.

Schutz vor Fliegerabsturz

Aber was genau wird eigentlich versichert? Auf den ersten Blick denkt man an Diebstahl, dabei gibt es noch viel gewöhnlichere Probleme. Die Bilder müssen vor Luftfeuchtigkeit geschützt werden, sogenannte Klimakisten werden angefertigt, damit das Bild keinen Klimaschwankungen ausgeliefert ist -all das gilt es in Tausenden Metern Flughöhe zu berücksichtigen.

»Die Bilder werden sicher nicht in einem einzigen Flugzeug transportiert«

Der höchste Anteil der Versicherungssumme betrifft den Transport. Auch die Möglichkeit eines Flugzeugabsturzes wird berücksichtigt. "Die Bilder werden sicher nicht in einem einzigen Flugzeug transportiert, um einen Super-Gau zu verhindern, sollte das Flugzeug tatsächlich abstürzen", erklärt Kottulinsky. "Da könnten mit einem Mal gleich mehrere hundert Millionen Euro an Wert weg sein." Deshalb prüft der gelernte Versicherer die Bilder einer Kunstsammlung sehr genau.

Neben Bildern versichert er seit zwanzig Jahren auch kunsthistorisch wertvolle Immobilien: Schlösser und Burgen in ganz Europa. Der Nachfahre des Erzherzogs Johann und Präsident des Österreichischen Burgenvereins ist selbst Besitzer von Schloss Neudau in der Steiermark und weiß, welche Probleme die Besitzer der europaweit 50.000 Schlösser haben. Unter seiner Kundschaft tauchen klingende Namen wie Seilern und Aspang (Schloss Litschau), Sachsen-Coburg, Damian Schönborn und Liechtenstein auf. Auch die Kunst in den Schlössern gilt es zu versichern.

Wie geht es weiter mit dem Schatz des letzten Schahs von Persien? Die Sammlung wird für vier bis fünf Jahre auf Reisen geschickt. Unter den Exponaten befinden sich unter anderem die Gemälde Mark Rothkos "Sienna, Orange and Black on Dark Brown" aus dem Jahr 1962 und "No. 2 (Yellow Center)" aus dem Jahr 1954. Außerdem gehen Wassily Kandinskys "Tensions claires" aus dem Jahr 1937, Pablo Picassos "Le peintre et son modèle"(1963) und Francis Bacons "Two figures lying on a bed with attendants"(1968), das in Teheran wegen seiner homoerotischen Thematik für Unmut sorgte, auf Reisen.

Alexander Kottulinsky führt schon Gespräche, um die wertvollen Bilder aus dem Iran auch dem Wiener Publikum zugänglich zu machen. Wenn alles gutgeht, könnte es 2018 so weit sein.

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