„Die Perser“: Berichte
aus der Kriegshölle

Michael Thalheimer zeigt mit Aischylos die Kraft großer Dramatik am Akademietheater

Anderswo mag man um neue Theaterformen ringen, wirkliche Könner verlassen sich auf die Kraft starker Texte und Schauspieler wie Michael Thalheimer. Der deutsche Regisseur zeigt „Die Perser“ des antiken, griechischen Dichters Aischylos als zeitloses Anti-Kriegsdrama.

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Kulturkritik - „Die Perser“: Berichte
aus der Kriegshölle © Bild: Reinhard Werner/Burgtheater

Der Begriff „Embedded Jounalist“ wurde im Irak-Krieg vor fünfzehn Jahren geprägt. Tatsächlich wurde diese Art der Kriegsberichterstattung bereits vor 2.500 Jahren praktiziert – und das von einem der Besten. Der griechische Tragödiendichter Aischylos hatte selbst an der Schlacht von Marathon gegen die Perser teilgenommen und in der Seeschlacht von Salamis verlor er seinen Bruder. Seine Kriegserlebnisse verarbeitete er im Drama „Die Perser“. Aus der Sicht der Verlierer berichtet Aischylos von der Hölle des Kriegs. Durs Grünbein hat den Text in eine klare, unsentimentale Sprache übersetzt.

Michael Thalheimer konzentriert in seiner kompakten eineinhalb Stunden währenden Aufführung das Werk auf das Wehklagen der Verlierer. Ohne falsches, übertriebenes Pathos wird hier vom Leid erzählt.

In der Reduktion liegt bei Thalheimer die Kraft. Eine Person spricht den Part des Chors. In hellgrauem Anzug und blau geschminkten Augen agiert Falk Rockstroh als Repräsentant des Volkes. Goldgewandet schreitet Königsmutter Atossa langsam, würdig zur Rampe. Als sie von der Niederlage erfährt, legt sie den goldenen Tand ab, in schwarzem Kleid wird sie zur Verkörperung des Leids. Mimik und Gestenspiel übersetzen das Vernommene. Markus Hering gibt den Boten wie ein Kriegsberichterstatter für CNN.

Olaf Altmanns Bühne – eine Wucht in jeder Hinsicht – bietet das ideale Ambiente. Der Raum ist grau umrahmt, immer, wenn von einer schicksalhaften Wende berichtet wird, schwingt der obere Rahmen wie eine überdimensionale, rotierende Guillotine über die Bühne. Auf Kothurnen und mit Nordic-Walking-Sticks tritt Daraeios Geist (Branko Samarovski) in schwarzem Anzug auf und kommentiert das Geschehen lakonisch.

Als buchstäblich „nacktes Elend“ tritt am Ende König Xerxes (Merlin Sandmeyer) auf. Auf einer Blutspur gleitet er langsam, leidend zur Mutter, ein Schwächling, der sein Volk in den Untergang geführt hat.

Diese grandiose, konzentrierte Aufführung markiert einen der Höhepunkte dieser Theatersaison.