Krisenherd Eurotunnel

Fluchtversuche in Calais: Frankreich und Großbritannien ringen um Lösung

Die Zahl der Versuche von Migranten, durch den Eurotunnel von Frankreich nach Großbritannien zu gelangen, hat in der Nacht zum Montag wieder deutlich zugenommen. Es seien rund 1.700 Versuche gezählt worden, auf das Gelände am Eingang des Bahntunnels in Calais zu gelangen, verlautete aus Polizeikreisen.

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    Seit Monaten ist die nordfranzösische Stadt Calais einer der Brennpunkte der europäischen Flüchtlingskrise. Tausende Migranten campieren hier in der Hoffnung, auf einer Fähre oder einem Lkw durch den Eurotunnel Großbritannien zu erreichen. Jetzt soll die Insel aber noch weiter abgeriegelt werden.

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    Die britische Innenministerin Theresa May und ihr französischer Amtskollege Bernard Cazeneuve teilten am Donnerstag mit, dass die britische und die französische Polizei künftig noch enger kooperieren wollen. Offiziell, um "organisierte Kriminelle" zu verfolgen, praktisch vielmehr, um Großbritannien noch eine Spur mehr abzuriegeln.

Tausend Migranten seien von den Sicherheitskräften "zurückgedrängt", 700 weitere "abgefangen" worden. Ein Polizist sei "im Gesicht und am Kopf" verletzt worden, nachdem er von einem Stein getroffen worden sei.

Ringen um Lösung

Angesichts der Flüchtlingskrise am Eurotunnel haben Frankreich und Großbritannien Unterstützung der anderen EU-Staaten verlangt. Die Welt leide unter einer "globalen Flüchtlingskrise" - diese könne aber nicht von Frankreich und Großbritannien allein geschultert werden, erklärten der französische Innenminister Bernard Cazeneuve und seine britische Amtskollegin Theresa May.

Seit Wochen versuchen nahe dem nordfranzösischen Calais immer wieder Migranten, nachts zum Eurotunnel vorzudringen, um an Bord von Güterzügen nach Großbritannien zu gelangen. Mitunter wurden pro Nacht 2.000 Fluchtversuche registriert. Auch am Wochenende registrierten die Behörden in Calais Hunderte Fluchtversuche, doch nach der Verstärkung des Sicherheitsaufgebots waren es weniger als zuvor. Seit Juni gab es bei solchen Versuchen mehrere Tote.

Für Paris und London habe das Vorgehen gegen illegale Grenzübertritte am Ärmelkanal "oberste Priorität". In einer gemeinsamen Stellungnahme, die in der französischen Sonntagszeitung "Journal du Dimanche" sowie im britischen "Sunday Telegraph" veröffentlicht wurde, appellierten Cazeneuve und May an die europäische Solidarität: "Viele von denen in Calais, die versuchen, den Ärmelkanal zu überqueren, sind durch Italien, Griechenland oder andere Länder gekommen", schrieben sie. Die Krise müsse da in Angriff genommen werden, wo sie anfange: Es müsse "die Zahl der Migranten reduziert werden, die von Afrika nach Europa kommen".

Nach einem Treffen mit Cazeneuve am Dienstag hatte May angekündigt, umgerechnet zehn Millionen Euro zusätzlich für die Grenzsicherung bereitzustellen. Frankreich schickte 120 zusätzliche Polizisten nach Calais, insgesamt sind dort nun 550 Beamte im Einsatz. Diese Maßnahmen seien ein "klares Signal", erklärten die Minister.

Laut einer Eurotunnel-Sprecherin war der Tunnel in der Nacht auf Sonntag fünf Stunden lang gesperrt. Die Flüchtlinge hätten offenbar ihre Strategie geändert und seien nun in größeren Gruppen unterwegs gewesen, die schwerer zu kontrollieren seien.

Französischer Zorn gegen britische Regierung

Die Lage in Calais erhitzt in Frankreich immer mehr die Gemüter, wobei sich der Zorn vor allem gegen die britische Regierung richtet. Der Oppositionsabgeordnete der konservativen Partei Die Republikaner, Xavier Bertrand, warf Premierminister David Cameron im "Journal du Dimanche" vor, das Problem nicht ernst zu nehmen. Mit Geld allein sei dieses nicht zu lösen. London müsse seine Gesetze ändern, die es möglich machten, ohne Papiere in Großbritannien zu arbeiten. Bertrand will Regionalpräsident in der Region um Calais werden.


Auch die Bürgermeisterin von Calais, Natacha Bouchart, warf London vor, die Franzosen mit dem Problem allein zu lassen. Die Parteikollegin von Bertrand äußerte im Gespräch mit AFP zugleich Unbehagen angesichts der Aufrüstung mit immer mehr Beamten, Spürhunden und Zäunen.

Der französische Präsident Francois Hollande hatte am Freitagabend mit Cameron telefonisch über die Lage beraten. Zuvor hatte er gesagt, Frankreich komme seiner Verantwortung nach, könne dies aber nicht allein tun.

Kommentare

Oberon

Der Eurotunnel wurde gebaut, um Reisende vom Festland schneller nach England zu bringen. Was als Vorteil gedacht war, ist jetzt ein Nachteil. Ich kann mir vorstellen, dass viele Einheimische am liebsten die Zeit zurück drehen würden.

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