Zinslose Finanzierung:
Fluch oder Segen?

Wann sich Teilzahlung und 0%-Finanzierung lohnen und wann ein Kredit besser ist

Die Teilzahlung als Produkt der Industrialisierung: Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war die Teilzahlung unbekannt. Wer einen Kredit aufnahm, zahlte diesen zum Ablauf des Vertrages inklusive der Zinsen zurück – in nur einer einzigen Rate. Erst vor dem Hintergrund der fortschreitenden Industrialisierung, als Güter komplexer wurden, entstand der Kredit mit Ratenzahlung. Diese Finanzinnovation wird von Historikern gern als erster Markstein einer allmählich entstehenden Konsumgesellschaft betrachtet. War der Kredit lange Zeit ein Mittel zur Bedarfsdeckung bzw. für den Erwerb des unbedingt Nötigen vorgesehen, diente die Ratenzahlung von nun an der Befriedigung von kurzfristigen Bedürfnissen.

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Im Laufe der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts konnten sich aufgrund der neuen Kreditform immer mehr Menschen am Warenerwerb beteiligen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Teilfinanzierung durch den Produzenten der Ware eine bei Herstellern beliebte Methode, um den Absatz zu erhöhen und Zinseinnahmen zu generieren. Auf den ersten Blick eine "Win-Win"-Situation für Hersteller und Käufer. Auf den zweiten Blick bilden die Finanzinnovationen des 19. Jahrhunderts die Grundlage für die heute fast alltägliche Überschuldung durch Fremdfinanzierung.

0%-Finanzierung: Absatzmotor für den Handel

Noch heute ist die sogenannte 0%-Finanzierung durch den Hersteller eine von Unternehmen gern genutzte Möglichkeit, um den Absatz eines Produktes anzukurbeln. Von den Elektrogeräten im Media Markt über die Couch bei Ikea bis hin zum Wagen von BMW – kaum ein international bekanntes Unternehmen, dass Ihre Artikel nicht mit Direktfinanzierung bewirbt.

Meist ist die zinslose Finanzierung auf bestimmte Produkte begrenzt, zeitlich eingeschränkt oder greift erst dann, wenn ein vorgegebener Warenwert erreicht wird. Dadurch fördert der Handel gezielt den Verkauf von bestimmten Artikeln, beispielsweise eines Autos, das kaum nachgefragt wird – oder anderer Ladenhüter. Wie sehr die Nullzins-Finanzierung das Kaufverhalten von Kunden beeinflusst, macht eine Studie deutlich: Jeder zweite, so eine im Jahresbericht des Bankenverbandes 2012 veröffentlichte und von der GfK Finanzmarktforschung durchgeführte Umfrage, kauft wegen der Kreditangebote und hätte ohne der dazugehörigen Teilzahlung nicht zugegriffen.

Damit wird deutlich: Die zinslose Finanzierung ist eigentlich keine. Die Zinsen, die bei der Partnerbank des Produzenten fällig wären, übernimmt der Hersteller – dafür darf sich dieser über gesteigerte Umsätze freuen. Oder aber das Kreditinstitut verzichtet selbst auf die Zinsen und betrachtet die Finanzierung als Werbemaßnahme.

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Teilzahlung: Erst prüfen, dann binden

Die Teilzahlung beim Händler erlaubt es Kunden, Anschaffungen zu tätigen, obwohl kein Eigenkapital vorhanden ist. Wer sein Kapital zu attraktiven Konditionen angelegt hat, kann dieses durch eine günstige Teilzahlung unangetastet lassen und kommt dadurch oft günstiger weg. Auch Zusatzkosten gibt es keine.

Nichts desto trotz mahnen Verbraucherzentralen zur Vorsicht: Weil die günstigen und unbürokratischen Finanzierungen zu einem raschen Abschluss verlocken, werden Kaufentscheidungen oftmals vorschnell getroffen. Nur weil die Finanzierung kostenlos ist, bedeutet dies noch lange nicht, dass sich auch das Produkt selbst als Schnäppchen offenbart. Zudem bergen die oft kleinen monatlichen Raten für Fernseher, Digitalkamera oder neue Couch eine weitere Gefahr: Subjektiv wirkt der Kaufpreis niedriger, wenn er in kleine "Häppchen" zerteilt erscheint. Die Botschaft: Jeder kann sich den Flatscreen, das Auto, die Spiegelreflexkamera leisten – auch wenn dies der Realität nicht entspricht.

Wer viele kleine Teilbeträge zurückbezahlt, kann außerdem schnell den Überblick verlieren – und die niedrigen Raten summieren sich u.U. zu einer zu hohen monatlichen Belastung. Wie auch bei konventionellen Krediten sollte sich die Teilzahlung auf tatsächlich nötige Anschaffungen reduzieren.

Schwarze Schafe: Vorsicht vor versteckten Gebühren

Der Großteil der beworbenen 0 %-Finanzierungen hält, was er verspricht und ist für den Kunden tatsächlich kostenlos. Schwarze Schafe gibt es trotzdem. Dann werden dem Käufer zwar keine Zinsen, jedoch versteckte Gebühren angelastet. Gekrönt wird das Ganze dann von einer Restschuldversicherung, die dem Kunden still und leise untergejubelt wird. Käufer sollten gezielt darauf achten, dass es in den Kreditbedingungen keine voreingestellten Erklärungen gibt – in diesem Kleingedruckten wird oft der vorgebliche Wunsch des Kunden nach einer (unnötig teuren) Rechtsschutzversicherung versteckt.

Verbraucher sollten sich außerdem vor versteckten Zusatzkosten in Acht nehmen. Zusätzliche Entgelte, wie z.B. Gebühren für die Kontoführung, werden ebenfalls gerne ausschließlich im Kleingedruckten angegeben. Auch die „Draufgabe“ eines unerwünschten zusätzlichen Kreditrahmens kommt vor. Dann wird, ohne den Kreditnehmer darüber aufzuklären, ein weiterer Rahmenkredit vereinbart, der über die Bankomatkarte oder die Kreditkarte beansprucht werden kann. Oft ist dieser mit der Gewährung der ersten, zinslosen Finanzierung verknüpft. Für diesen zweiten Kredit gelten allerdings konventionelle, variable Zinsen, die z.T. genauso hoch sind wie jene eines teuren Dispokredits.

Die Kreditbedingungen gilt es also in aller Ruhe durchzulesen und unverständliches Bürokraten-Deutsch mit Hartnäckigkeit zu hinterfragen, um die tatsächlich günstigste Lösung für einen Kauf auszumachen.

Beispiel Wagen: Wer bar zahlt, kauft oft günstiger

Ob eine kontinuierliche Teilzahlung oder ein Kredit und eine anschließende Barzahlung günstiger ist, hängt neben den jeweiligen Zinskonditionen auch mit dem Produkt und mit den Gepflogenheiten der jeweiligen Branche zusammen. Wer in Raten bezahlt, muss in bestimmten Fällen auf lukrative Barzahlungsrabatte verzichten. Gerade in der Autobranche ist es üblich, Barzahlern mit Verhandlungsgeschick Skonti bis zu 15 % zu gewähren. Neben dem Rabatt hat der Kredit der Bank einen weiteren Vorteil: Der Käufer kann sich das Wagenmodell frei aussuchen, ohne gleichzeitig auf die Finanzierung schielen zu müssen. Die 0%-Finanzierungen des Autohändlers bzw. der Partnerbank sind nämlich meist an bestimmte Automodelle gebunden.

Ein Kredit von der Hausbank oder aber ein attraktiver Online-Kredit, wie er von Direktbanken, z.B. der Santander Consumer Bank, gewährt wird, ist hier meist die günstigere Variante. Dies gilt vor allem dann, wenn sich die Wirtschaft – wie aktuell der Fall – in einer Niedrigzinsphase befindet. Wegen dem historisch niedrigen Leitzins von 0,15 Prozent sind Verbindlichkeiten so günstig wie schon lange nicht mehr. Zudem gestalten sich die Online-Kredite der Direktbanken, die in den meisten Fällen Tochterfirmen der bekannten Universalbanken sind, mindestens ebenso unbürokratisch wie die 0%-Finanzierung des Händlers. Dank Identitätsfeststellungsverfahren, wie z.B. Postident bzw. Identbrief, können Online-Kredite mit Sonderkonditionen direkt von zuhause aus abgeschlossen werden.

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