So realistisch ist die Kopftransplantation

Der 31-Jährige möchte seinen Kopf auf einen gesunden Körper transplantieren lassen

Es ist eine der vielleicht umstrittensten Operationen der heutigen Zeit. Die letztes Jahr vorgestellte Kopftransplantation sorgt in Fachkreisen für heftige Diskussionen. Ein 31-jähriger Russe will dennoch ernst machen und sich dem Eingriff unterziehen.

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Durchbruch - So realistisch ist die Kopftransplantation

Für die einen besteht nicht nur die Zuversicht auf eine gelungene Kopftransplantation ohne Hirnschäden, sondern auch die Möglichkeit, durchtrenntes Rückenmark wieder vollständig funktionstüchtig zu machen. Das würde gleichzeitig die Heilung für alle Querschnittsgelähmten bedeuten. Für die anderen ist dieser Plan allerdings nichts als reine Zeitverschwendung und erweckt nur falsche Hoffnungen.

Das Experiment

Der 31-jährige Russe Waleri Spiridonow meint es ernst. Er leidet an einem Gendefekt namens spinale Muskelatrophie, der seine Muskeln schrumpfen lässt. Er sitzt deshalb im Rollstuhl, den er mit Hilfe eines Joysticks steuern kann. Trotz seiner gesundheitlichen Einschränkungen hat er ein Studium absolviert (die Dozenten kamen zu ihm nach Hause) und arbeitet heute als Programmierer. "Technisch gesehen wird mich die Krankheit nicht töten, aber sie kann mein Leben unerträglich machen", sagt er gegenüber "welt.de".

Sein Wunsch nach einem neuen Körper hat zumindest bei einer Person Anklang gefunden: Der italienische Chirurg Sergio Canavero will die umstrittene Kopftransplantation im Jahr 2017 durchführen. Er ist sich seiner Sache sicher und glaubt entgegen der Meinungen seiner Kollegen an den Erfolg. Ähnliche Versuche an Tieren waren bisher missglückt. Die betroffenen Mäuse und Ratten haben nie länger als ein paar Tage überlebt.

Heftige Kritik

"Das ist unmöglich. Das ist spekulativ, und da zeichnet sich auch nichts am weitesten Horizont ab", sagte der deutsche Experte Edgar Biemer nach der Ankündigung Canaveros im Frühjahr letzten Jahres gegenüber der APA. "Wenn ich ein Rückenmark vom Kopf abtrenne, dann ist das hin, und zwar ein für alle Mal", sagte Veit Braun, Chefarzt der Neurochirurgie am Diakonie Klinikum Siegen in Deutschland. "Das wird nicht funktionieren." Im besten Fall habe man einen Patienten mit funktionierendem Gehirn, der keine Kontrolle über den Körper habe. "Das ist sehr unethisch."

Der Chirurg präsentiert das umstrittene Vorhaben

Canavero beruft sich auf einen Fall, bei dem eine Kopftransplantation bei einem Affen gelungen sei. Durchgeführt wurde diese fragwürdige Operation von dem chinesischen Chirurgen Xiaoping Ren, der jetzt Seite an Seite mit Canavero an dem Fall des Russen arbeitet. Ren hatte zuletzt für Aufruhr gesorgt, weil er angeblich mindestens 1.000 Mäusen den Kopf abgetrennt hat, um ihn auf einen anderen Mäusekörper zu transplantieren. Der Kopf des Affen konnte zwar ohne gröbere Gehirnschäden transplantiert werden, es war ihm aber nicht möglich, seinen neuen Körper zu bewegen. Daher wurde er nach ein paar Tagen aus ethischen Gründen eingeschläfert. Weil es keine öffentliche Studie zu dem Affen gibt, wird die Seriosität stark angezweifelt.

Nichts für schwache Nerven: Der chinesische Chirurg Xiaoping Ren hat Kopftransplantationen bereits an Mäusen ausprobiert.

Ein 150-köpfiges Expertenteam soll an dem Fall arbeiten. Darunter auch der Österreicher Karen Minassian vom Zentrum für Medizinische Physik und Biomedizinische Technik der MedUni Wien. Weil er an einer Studie arbeitet, die zeigen soll, dass das Rückenmark mehr als nur ein Leistungsorgan ist und komplexe Muskel- und Beinbewegungen steuern kann, ist sein Beitrag für das Projekt von Bedeutung. Seine Hilfe wird aber erst nach der geglückten Kopftransplantation des Russen benötigt.

Die Hoffnung ist groß

Minassian würde den Patienten nach der Operation wie einen gewöhnlichen Querschnittsgelähmten mit einer speziellen Vorgeschichte behandeln. Laut seiner Studie gibt es neuronale Netzwerke für die Atmung, das Kauen oder sexuelle Funktionen, die dem Gehirn Aufgaben abnehmen.

Auch wenn das Rückenmark bei einer Kopftransplantation durchtrennt würde, gäbe es unterhalb dieses Bereiches noch immer Nervenverbände, die beispielsweise durch elektrische Stimulation den Grundrhythmus für Beuge- und Streckbewegungen und somit das Gehen erzeugen könnten. Canavero erklärt außerdem, dass er mit einem möglichst geraden und sauberen Schnitt an einem hohem Punkt der Wirbelsäule die Schäden am Rückenmark gering halten will. Ein komplettes Zusammenfügen wird aber niemals möglich sein, da jeder Mensch eine individuelle Anordnung der Nerven im Rückenmark hat.

Ein Videochat zwischen dem Chirurgen und dem Patienten

Das Vorhaben stößt neben der Schwierigkeit, die durchtrennten Nervenfasern im Rückenmark wieder zu verbinden, noch auf andere Probleme. Wie bei jeder Transplantation gibt es das Risiko einer Abstoßung, das aber mit Hilfe von Medikamenten gemindert werden kann. Ist jedoch die Blutversorgung zu lange unterbrochen, kann das zu erheblichen Schäden führen. Die Chirurgen stehen somit während der Operation unter enormen Zeitdruck. Doch das alles schreckt den 31-jährigen Patienten nicht. Gegenüber "welt.de" betont er: "Im besten Fall kann ich mit einem neuen Körper wieder laufen, meine Gliedmaßen bewegen. Im schlimmsten Fall kann ich gar nichts mehr bewegen."

Auf Anfragen von News.at hat der italienische Chirurg Canavero bekannt gegeben, dass wir nächsten Monat mit großen Neuigkeiten rechnen können. Darüber, welche Neuigkeiten das sind, lässt er uns noch im Dunklen tappen.

Kommentare

Holy Demon

Ob die meisten wissen, das die größten Fortschritte der Medizin immer mit solchen Vorhaben "die unmöglich sind" begonnen haben? Wie bei jedem medizinischen Vorhaben wird es gerade am Anfang zu Fehlern und Problemen kommen. Aber wenn mans nie versucht, wird man es nie meistern. Das Problem ist nur der Spenderkörper.. oder ist der schon im Druck?

Maria Schneider

Oh Gott,das ist wirklich ertaunliche Nachricht...ich möchte schon das Ende der Geschichte wissen))http://vogueplay.com/spielautomaten/

Henry Knuddi

ob man den kopf von felix auch so versetzen kann?

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